Lindenallee
nicht zu viel grübelst“, hängte sie als Rechtfertigung hinten an. „Vielleicht können wir Kira auch mitnehmen?“ Sie beschloss jetzt lieber den Mund zu halten, sie kam sich gerade sehr eigenartig vor. Sie erwartete die Antwort von Steffen, der sie frech angrinste.
„Ich dachte schon, du fragst nie.“
„Unverschämter Kerl.“ Paula boxte ihm spielerisch gegen die Schulter.
„Also abgemacht, am Samstag? Kira hat mich schon mehrmals gelöchert, dass sie in den Zoo möchte. Das Wetter scheint auch besser zu werden, Schneetreiben ist nicht mehr angesagt. Was meinst du?“ Erwartungsvoll sah er in ihre Augen.
„So machen wir das.“ Zufrieden zündete sie sich eine Zigarette an.
„Aber vor Kira rauchst du nicht, ja? Wir Älteren müssen nämlich Vorbild sein.“
Genervt drehte Paula die Augen gen Decke. „Für wen hältst du mich?“
„Kann ich dir noch nicht sagen. Hmmm, vielleicht hast du Ähnlichkeit mit einer Dampflok, so wie dir der Rauch gerade aus der Nase quillt.“
Paula setzte in sein vergnügtes Lachen ein. Es war schön, ihn Lachen zu sehen, auch wenn es gerade auf ihre Kosten ging.
19
Samstagvormittag saß Paula in der Küche und las Zeitung. Unerwartet wurde sie in ihrer Lektüre durch das Klingeln an der Tür gestört.
„Wer ist das denn? Noch nicht mal 10:00 Uhr morgens!“, stellte sie fest, während sie zur Haustür schlurfte. Ein kurzer Blick in den Flurspiegel verriet ihr, dass ihr Aussehen eigentlich keinen Besuch zuließ. Die Haare standen ungeordnet zu Berge, in den Augenwinkeln hing noch der Schlaf der letzten Nacht. Selber schuld, wer mich so früh stört, muss mit meinem nicht gestylten Anblick klarkommen. Sie öffnete langsam die Tür und spähte vorsichtig hinaus. Eine große gepflegte Männerhand entriss ihr die Klinke und trat unaufgefordert ein. Sie kam nicht dazu etwas zu sagen, denn ein Redeschwall brach über sie herein.
„Guten Morgen Paula. Oh, wie ich sehe, habe ich dich geweckt? Das tut mir leid. Aber sag mal, ist es nicht etwas spät im Schlafanzug herumzulaufen? Ich weiß, es geht mich ja nichts an, aber ich bin schon seit 7:00 Uhr wach und munter.“
Paula stand mit ungläubig geöffnetem Mund im Flur, während Günther an ihr vorbeistapfte.
„Sag mal, hast du einen Kaffee? Ach da, ich nehme mir einen, ja? Tasse, ah da. Milch? Gefunden.“
Paula schloss die Wohnungstür und folgte Günther in ihre Küche. Ihr war bewusst, er wollte über den Autotransfer nach München sprechen, aber der Überfall am Morgen, warf sie gehörig aus der Bahn.
Günther saß, als ob er sich zu Hause befände, an ihrem Küchentisch und schlürfte den Kaffee. „Autsch, ist der heiß. Hast du einen Keks?“
Paula reichte ihm ohne Worte eine bereits geöffnete Kekspackung. Er nahm sich zwei Kekse heraus, tunkte einen in den Kaffee und biss ab. Dabei tropften mit Kaffee vollgesogene Kekskrümel auf den Tisch. Unbekümmert setzte er seine Handlung fort und störte sich nicht an dem Kaffee-Kekskrümel-See, der sich vor ihm bildete.
„Berta meinte, ich sollte nicht so früh bei dir klingeln, aber du bist doch schon wach! Berta macht sich immer solche Gedanken.“ Er schüttelte verdrießlich den Kopf. „Aber jetzt sitze ich hier und plappere die ganze Zeit.“
Er schwieg und sah sie an. Paula rang mit ihrer Fassung, denn sie war zum Teil amüsiert über diesen aufgedrehten, sympathischen Rentner und zum andern leicht verärgert, dass er ihre morgendliche Ruhe gestört hatte. Am Wochenende genoss sie es, den Tag langsam angehen zu lassen. Die Zeitung in Ruhe zu lesen war ein liebgewonnenes Ritual geworden.
Sie ermahnte sich im Stillen es Günther nicht übelzunehmen. Immerhin hatte er sie von der großen Last befreit, das vermaledeite Auto zu entsorgen.
„Guten Morgen Günther“, säuselte sie also freundlich und ließ sich auf einem Stuhl ihm gegenüber nieder.
„Hallo Paula“, erwiderte er grinsend. „Meine Berta hatte wohl Recht. Es ist noch zu früh, oder?“
Paula nickte leicht. „Aber nicht schlimm. Du hast bestimmt Neuigkeiten für mich und ich bin sehr gespannt, wie alles über die Bühne gegangen ist.“
Günther hatte auf das Stichwort gewartet. „Es ist alles bestens gelaufen. Das Auto ist ein Traum. Auf der Autobahn bin ich wie auf Schienen dahingerollt und habe alle hinter mir gelassen. Brumm“, ahmte er das Motorengeräusch nach und hielt beide Hände in der Luft, als ob sich dort ein Lenkrad befände.
Paula lächelte in sich hinein. Sie konnte
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