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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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Wenig später folgte Paula mit dem heißen Kaffee.
    „Der Frühling scheint sich langsam durchzusetzen“, bemerkte Paula beim Blick durch die Fenster. „Da ich jetzt kein Auto mehr habe, werde ich mir ein neues Fahrrad kaufen.“
    „Eine gute Idee. In der Zeit, als ich in Berlin lebte, sparte ich mein Geld, um mir mein erstes Fahrrad zu kaufen.“
    Neugierig setzte sich Paula.
    „Du hast dir ein Fahrrad gekauft? Toll. Bist du dann mit Rosa an den Wannsee gefahren? So hieß doch deine Mitbewohnerin, oder?“ Paula erinnerte sich an die letzte Unterhaltung mit Magarete. Heinz war mit dem amerikanischen Kommandanten nach Amerika gegangen und da Magarete nicht alleine wohnen wollte, zog sie mit Rosa zusammen.
    Magarete schüttelte lächelnd den Kopf. „Rosa hatte kein Interesse am Fahrradfahren. Sie ging lieber aus und zwar auf möglichst hochhackigen Schuhen, in denen sie keine hundert Meter weit laufen konnte.“ Magarete lachte leise bei der Erinnerung daran.
    „Magarete? Ich muss dir doch sonst nicht alles aus der Nase ziehen, oder? Was steckt noch dahinter?“ Paula wurde ungeduldig, ermahnte sich aber dem Alter von Magarete Tribut zu zollen und mehr Gelassenheit an den Tag zu legen.
    „Ach Paula, die fünfziger Jahre wurden für mich zu einer beschwingten Zeit. Mit dem Fahrrad unternahm ich lange Radtouren.“ Auf ihren Wangen zeigte sich eine erfrischende Röte, als wenn sie auf dem Rad säße und der Wind und das schnelle Treten ihr das Blut ins Gesicht trieb. „Ich ging weniger mit Rosa aus, jedenfalls zu den Jahreszeiten, in denen ich mit dem Rad unterwegs sein konnte. Es war herrlich unabhängig zu sein und Berlin und die Umgebung zu erkunden. Einfach wunderbar.“ Gedankenverloren blickte Magarete aus dem Fenster, auf ihrem Gesicht lag ein zufriedener Ausdruck.
    Paula wollte ungern stören, aber sie vermutete eine weitere Begebenheit, die Magarete verschwieg. „Und? Wenn ich dich richtig einschätze, gibt es noch etwas, was du mir noch nicht erzählt hast.“
    „Du kennst mich gut.“ Sie sog die Luft tief ein und atmete sie laut aus. „Ich lernte zu der Zeit meinen späteren Mann Hannes kennen.“
    „Wie habt ihr euch kennengelernt?“ Paula rutschte auf dem Sofa in eine gemütliche Position und wartete gespannt auf Magaretes Erzählung. Den anfänglichen Schock hatte sie längst überwunden, als Magarete ihr erzählt hatte, dass sie trotz ihrer großen Liebe Friedrich, später einen anderen Mann geheiratet hatte. Paula wusste gar nicht mehr, warum sie damals so distanziert darauf reagiert hatte. Das Leben ging weiter, wie Magarete gesagt hatte und ein Leben will mit all seinen schönen Seiten gelebt werden. Vielleicht nicht mit der großen Liebe, aber wenigstens mit einer anderen Liebe, die nicht weniger erfüllend war. Ich grüble schon wieder zu viel, bemerkte sie leicht verbittert. Das muss ich mir abgewöhnen. Das Leben ist nicht planbar und hält eine Menge Überraschungen parat. Das kleine Teufelchen in ihrem Kopf meldete sich mit Sätzen, die mal wieder mit „ja aber“ anfingen. Unwirsch vertrieb sie das Teufelchen und blickte gespannt zu Magarete, die einen Schluck Kaffee trank und begann, von der Zeit mit Hannes in Berlin zu erzählen.
     
    Ich habe Hannes bei einer dieser Tanzveranstaltungen kennengelernt. Es war im Winter, ich war froh über eine Abwechslung bei dem tristen, kalten Wetter. Musik zu hören, zu tanzen und das in einem gut geheizten Raum lud förmlich dazu ein. An manchen Tagen fand ich die Tanztees langweilig, es waren zu viele Frauen da, die auf zu wenige Männer trafen. Das Gerangel um die wenigen Männer empfand ich als sehr unangenehm und blieb dann lieber im Hintergrund.
    An einem Sonntag im Februar 1953 war einer dieser Tanztees, die mich nicht zu begeistern vermochten. Vielleicht lag es an meiner allgemeinen Stimmung, des Winters überdrüssig zu sein.
    Ich hatte also nicht große Lust, aber Rosa bat mich sie zu begleiten. Kaum dort angekommen, freundete sie sich schnell mit einem gut aussehenden jungen Mann an, mit dem sie den restlichen Nachmittag tanzte. Ich beobachtete die Beiden und das Treiben um sie herum, tanzte ab und an mit einem Mann, der mich aufforderte und war kurz davor nach Hause aufzubrechen.
    Dann sah ich ihn: Ein großer Mann stand in der Ecke. Ich hatte ihn zuvor gar nicht bemerkt, so still hatte er dort gestanden. Er zog ein Gesicht, wie meines vermutlich auch ausschaute. Unsere Blicke trafen sich quer durch den Raum und wir erkannten

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