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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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fahren. Hätte sie Magarete nicht doch vorwarnen sollen, dass dort Friedrich auf sie wartete?
    Paula hatte wegen ihrer Zweifel eine unruhige Nacht hinter sich. Sie hatte sich, wenn sie überhaupt schlief, unruhig im Schlaf herumgewälzt und seltsame Träume gehabt. Kurz vorm Morgengrauen hatte sie den schlimmsten Alptraum. Sie sah Magarete, wie sie in der Lindenallee stand und am anderen Ende ihr Friedrich entgegenkam. Sie erkannte ihn und flog ihm freudestrahlend entgegen. Ein paar Meter trennten die Beiden noch. Friedrich breitete die Arme aus, um Magarete aufzufangen. Auf einmal veränderte sich sein Gesichtsausdruck und die zuvor ausgestreckte Hand griff sich an die linke Brust. Überrascht verstummten seine Worte, die er zurecht gelegt hatte und sein Gesicht verzog sich schmerzverzerrt. Er sank vor Magarete in die Knie, bekam keine Luft mehr und reckte die Hand hilfesuchend zu ihr empor. Starr vor Schreck sah Magarete zu ihm hinabsah.
    Dann ging zum Glück Paulas Radiowecker an und dudelte einen Popsong. Es dauerte einen Moment bis Paula begriff, dass es nur ein Traum gewesen war. Sie mochte keine schlimmen Träume. Vor allem nicht diejenigen, die sie kurz vor dem Aufwachen durchlebte und sie den ganzen Tag verfolgten.
    Als Steffen sie abgeholt hatte, hatte sie sofort besorgt nach dem Arztkoffer gefragt. Wenn doch nur alles gut geht, beschwor sie sich. Ihre Hände verkrampften sich am Lenkrad, verbissen presste sie die Lippen aufeinander.
    „Paula?“
    Magarete sprach sie an. Paula blickte in den Rückspiegel. „Ja?“
    „Ich habe gerade zu Steffen gesagt, dass ich euch mein Geburtshaus zeigen möchte. Ich weiß gar nicht, wie es da jetzt ausschaut. Der Hof wurde vor einiger Zeit verkauft.“
    Paula warf einen Blick auf die Uhr. Sie hatten genug Zeit.
    „Dann fahren wir erst zum Hof und von da aus gehen wir zu Fuß?“
    Magarete nickte zustimmend, während Steffen zu ihr hinüber sah. „Gute Idee, ich möchte auch gerne sehen, wo Magarete aufgewachsen ist.“
    Sie bogen links von der Landstraße ab und fuhren auf Lucklum zu. Der Frühling ließ die Natur in einer satten grünen Farbe leuchten und in der Sonne tanzte der Blütenstaub. Ein perfekter Tag. Hoffentlich würde er es auch für Magarete werden, schoss es Paula unruhig durch den Kopf.
    Am Ortseingang erhoben sich wie seit Jahrhunderten die großen Gebäude des Rittergutes. Die Uhr an der Kirche funkelte in der Sonne, während auf der Spitze des Pultdaches eine schwarze Krähe hockte. Wenn das kein schlechtes Zeichen ist, bemerkte Paula abergläubisch. Dass sie ausgerechnet jetzt auf solche Vorzeichen achtete, machte sie äußerst kribbelig.
    Am Ortsschild verringerte sie die Geschwindigkeit und ließ Magarete mehr Zeit, die Veränderungen im Dorf anzusehen. Sie folgten der Straße, bis Magarete anwies, nach links einzubiegen. Die Straße wurde schmaler und nach einer weiteren Abbiegung nach rechts bat Magarete darum, anzuhalten.
    Steffen stieg aus und öffnete Magarete die Tür, während Paula um den Wagen herumging.
    Magarete blickte sich neugierig um. „Hier hat sich eine Menge verändert. Die Straße ist fast gar nicht wiederzuerkennen.“
    Erleichtert nahm Paula in ihrer Stimme keine Traurigkeit wahr. Sie schien die Veränderungen eher nüchtern festzustellen.
    „Und wo ist der Hof deiner Eltern?“, erkundigte sich Steffen.
    „Wir müssen die Straße noch ein Stück hinunter. Hinter der letzten Biegung ist es.“
    Magarete setzte sich behäbig in Bewegung. Sie schien es auf einmal nicht eilig zu haben, so als zögerte sie das Unvermeidliche hinaus.
    Die Bebauung rechts und links an der Straße wurde lichter und sie bewegten sich auf einen kleinen Wald zu, vor dem sich ein zweistöckiges Fachwerkhaus erhob. Die roten Backsteine leuchteten in der Sonne und das Holz des Fachwerkes wirkte neu oder war zumindest frisch gestrichen. Die Fensterrahmen strahlten in blütenreinem Weiß und an den Scheiben klebten bunte Fensterbilder. Vor dem Haus parkten mehrere Autos und lautes Kinderlachen drang zu ihnen, vermutlich von dem hinteren Teil des Hauses.
    Magarete blieb abrupt stehen. Mit großen Augen betrachtete sie ihr Elternhaus, welches sich äußerlich unwesentlich verändert hatte. Aber instinktiv spürte sie, dass es nicht mehr das Elternhaus ihrer Kindheit war. Es war nur noch ein Bauwerk aus Steinen, Holz und Mörtel. Die Menschen, die in ihm gelebt und es geprägt hatten, gab es nicht mehr.
    „Magarete?“ Paula trat an ihre Seite und

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