Lindenallee
großen Augen an, während sie ungeduldig an ihrem Daumen pulte.
Paula ließ sie einen weiteren Moment zappeln. Sie überlegte gerade für sich, in welcher Beziehung sie zu Steffen stand.
„Also“, begann sie zögerlich, während Akay ihr förmlich an den Lippen hing, „ich war mit ihm heute Radfahren. Soweit haben deine Informanten das richtig gesehen.“ Paula nahm demonstrativ langsam das Weinglas vom Tisch, trank einen Schluck und stellte es wieder ab. Akay rutschte unruhig hin und her, als Paula fortfuhr. „Was außer ein paar Vögelchen in den Bäumen niemand gesehen hat ist, dass wir uns geküsst haben.“ Paula legte eine melodramatische Pause ein, die Akay nutzte, um aufgeregt in die Hände zu klatschen.
„Das ist ja toll!“, rief sie entzückt. „Ich dachte schon, es funkt niemals zwischen euch.“
„Doch, hat es. Vorher haben wir uns schon einmal geküsst. An dem Tag, als wir mit Magarete in Lucklum gewesen sind. Ich glaube, ich habe ihn damit ganz schön überrascht und vielleicht auch aus der Bahn geworfen.“ Paula grinste, denn sie fühlte sich gut und es offen auszusprechen ließ ihr bewusst werden, welche Bedeutung es für sie hatte.
„Ich finde das toll, Paula, ehrlich. Ich war zwar mal scharf auf Steffen, aber der ist doch wirklich zu alt.“ Erschrocken über ihre eigene Ehrlichkeit, musterte sie Paula skeptisch, ob sie ihr diese Bemerkung krumm nahm.
Paula lachte wider Erwarten laut auf. „Ach Akay, du bist mir so eine Marke.“
Akay fiel erleichtert in das Lachen ein. „Das hörte sich vermutlich ziemlich doof an, was?“
Paula schüttelte mit dem Kopf. „Halb so schlimm.“
Akay entspannte sich merklich.
„Wo ist der Doc jetzt? Sollte er nicht bei dir sein? Junges Glück und so?“
Paula wurde ernst und schüttelte den Kopf. „Gerade, als wir wild am Herumknutschen waren, hat sein Handy geklingelt.“ Sie seufzte unglücklich. „Ein Notfall. Ein kleines Kind hatte an einer Flasche mit Putzmittel genuckelt und die besorgte Mutter hat ihn angerufen.“
„Hat sie keinen Krankenwagen gerufen?“
„Den hatte sie vorher angerufen, aber sicherheitshalber hat sie beim Arzt ihres Vertrauens angerufen.“
„Oh je, dann war der Ausflug vermutlich beendet, oder?“
„Ja. Wir sind in Windeseile zurückgeradelt. Unterwegs hat Steffen ihr Ratschläge am Telefon gegeben, was zu tun sei. Zwischendurch hat er sich tausendmal bei mir entschuldigt, dass wir zurückfahren mussten.“ Nachdenklich rieb Paula sich an der Nase.
„Und? Hast du ihm verziehen?“
„Na klar. Wie könnte ich ihm böse sein. Ich könnte eher sauer auf die Mutter sein. Kann sie nicht auf ihr Kind aufpassen oder die Putzmittel wegräumen? Und wenn sie das nicht schafft, dann soll sie auf den Krankenwagen warten, der um Längen früher da sein müsste, als Steffen auf seinem Rad. Es kann doch nicht sein, dass Steffen rund um die Uhr für seine Patienten erreichbar sein muss, oder?“
Paula sah fragend zu Akay hinüber. Akay überlegte nicht lange.
„Das finde ich auch. Steffen sollte darauf achten, ein Privatleben zu haben.“
Dankbar nickte Paula. „Ich komme mir manchmal so schlecht vor, wenn ich denke, die Leute müssten doch mal überlegen, wenn sie Steffen außerhalb der Praxiszeiten anrufen. Er ist doch nur Allgemeinmediziner und kein Notarzt oder Seelsorger.“ Paula verbot sich im selben Moment den Mund. Sie hielt inne, schaute zu Akay, die abwartend ihr gegenüber saß. „Siehst du, sofort habe ich ein schlechtes Gewissen, weil ich so denke. Für Steffen ist das normal, er springt sofort los.“ Paula ergriff ihr Weinglas und nahm einen großen Schluck.
Akay beobachtete sie gelassen. „Weißt du was ich darüber denke?“
Neugierig schüttelte Paula den Kopf und hoffte auf eine einleuchtende Erklärung, die ihr die Last des schlechten Gewissens von den Schultern nahm.
„Ich denke“, fuhr Akay fort, „es ist völlig in Ordnung, dass du hinterfragst, ob das so sein muss. Steffen braucht ein Privatleben und wenn du als neue Partnerin dazukommst, ist das nur rechtens, dass du es hinterfragst. Sprich mal mit ihm darüber. Besser gleich zu Anfang. Je später du das in der Beziehung machst, desto schwieriger wird es“, prophezeite Akay.
„Du meinst wir bleiben auch in Zukunft zusammen?“
Akay warf Paula einen erstaunten Blick zu. „Na klar, du etwa nicht?“
„Doch doch, schon.“
„Paula, Paula.“ Akay untermalte die Worte mit einem besserwisserischen
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