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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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stand ein Fohlen und knabberte an dem großen Strohhut von Rosalie, den sie in den Händen hielt. Rosalie lachte darüber und Friedrich strahlte über das ganze Gesicht.
    „Das sind zwei ganz wunderbare Bilder“, stelle Paula mit einem Kloß im Hals fest. „Wunderbare Menschen.“ Paula ließ die Bilder in den Schoß sinken. Mit den Fotos von Hannes und Rosalie bekamen die beiden Namen ein Gesicht und wurden zu vertrauten Menschen.
    „Und du bist trotzdem nicht nach Deutschland zurückgekehrt?“ Neugierig warf Paula einen Blick zu Friedrich hinüber, der ein vom Wind daher gewehtes Blatt näher betrachtete.
    „Nachdem ich wusste, dass Rosalie schwanger war, habe ich sie keinen Tag mehr alleine gelassen. Ich hielt es für selbstverständlich. Zudem war die Schwangerschaft nicht ganz leicht, es gab Komplikationen und sie musste viel liegen. Es stellte sich heraus, wir erwarteten Zwillinge. Ihr Bauch war irgendwann riesig“, schmunzelte Friedrich bei der Erinnerung. Im nächsten Moment huschte ein finsterer Schatten über sein Gesicht. „Die Babys kamen zu früh. Ein Junge und ein Mädchen. Zwei wundervolle Kinder.“ Friedrich stockte. „Das Mädchen lebte nur wenige Stunden. Es war zu schwach.“
    „Oh nein, wie furchtbar!“, rief Paula bestürzt.
    Friedrich sah nicht auf, seine Hände zerdrückten unbewusst das grüne Blatt und ließen es fallen. „Das war ein Schock. Es traf Rosalie sehr hart. Die Wochen nach der Geburt und dem Tod des Mädchens, ging es ihr gar nicht gut. Meine lebenslustige Rosalie verlor das Lachen. Es dauerte Monate, bis ich sie mit Hilfe ihrer und meiner Eltern wieder aufbauen konnte. Unser Sohn half dabei am meisten, er wusste noch nichts von der Welt und erfreute sich jeden Tag an den kleinen Dingen und lachte uns alsbald immer gut gelaunt zu. Sein ansteckendes Lachen heilte Rosalies Seele und ließ ihre Fröhlichkeit zurückkehren.“
    „Und was war mit deinen Eltern? Sind sie nie nach Deutschland zurückgekehrt?“ Paula rutschte gespannt auf die vordere Kante des Stuhls und blickte Friedrich in die Augen.
    „Meine Eltern sind zurückgegangen. Na ja, ich sollte besser sagen, sie waren auf Besuch dort. In den fünfziger Jahren sind sie tatsächlich mit dem Schiff nach Hamburg gefahren und von dort weiter nach Berlin. Sie haben Freunde und Verwandte besucht, die den Krieg überlebt hatten, sahen sich die neu erblühende Stadt an und stellten letztendlich fest, dass Deutschland nicht mehr ihr zu Hause war. Sie sehnten sich nach der Farm, der Weite und der Unabhängigkeit. Und außerdem war ihr Enkelkind dort. Viele gute Gründe, um nach Argentinien zurückzukehren.“
    „Waren deine Eltern auch in Lucklum, um nach Magarete zu forschen?“ Paula stellte die Frage ohne groß nachzudenken, wobei ihr auffiel, wie ruhig Magarete war. Sie warf einen Blick zu ihr und stellte fest, dass Magarete abwesend und der Welt entrückt aussah.
    Friedrich zögerte keinen Moment mit der Antwort. „Ich hatte meine Eltern nicht darum gebeten und sie haben nicht gefragt. Ich konnte nicht ignorieren, dass ich eine Familie hatte, um die ich mich kümmern musste. Es kam für mich nicht in Frage, weiterhin nach Magarete zu forschen, verstehst du?“
    Friedrich musterte Paula aufmerksam, ob sie ihn verstand. Paula vermutete, dass er von ihr eine Art Bestätigung erwartete, richtig gehandelt zu haben. Bedächtig nickte sie.
    „Ich glaube, deine Entscheidung war richtig.“ Paula befand sich in einer Zwickmühle und rutschte unangenehm berührt hin und her. „Entschuldige Magarete, dir gegenüber war das natürlich unfair.“
    Magarete schüttelte energisch den Kopf. „Ach was, das ist schon richtig, was du sagst. Mein Leben befand sich auch im Wandel und in den Fünfzigern heiratete ich Hannes.“
    Paula vermutete dennoch, Magarete tat es zu leicht ab und in Wahrheit beschäftigte es sie tief in ihrem Inneren.
    „Und dein richtiger Name ist Mendelssohn, nicht Stein?“
    „Den Namen Stein benutzen wir in Lucklum zur Tarnung. Bei Mendelssohn wären einige hellhörig geworden und hätten einen Zusammenhang mit meinem Vater vermutet, der dort aufgewachsen ist.“
    Paula lag noch eine letzte Frage auf der Seele, die Friedrich galt. „Du kamst dann doch nach Deutschland und hast nach Magarete gesucht. Warum?“ Sie wusste die Frage klang eigenartig, schien ihr letztlich aber der Schlüssel zu sein, um die Geschichte beider zu verstehen.
    „Dafür gab es mehrere Gründe. Zuallererst meinen Sohn Karl. Ja,

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