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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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Grundstück verschwand. Meine Augen richteten sich konzentriert auf mein Beobachtungsobjekt. So bemerkte ich nicht, wie ich ebenfalls verfolgt wurde!
    Ich setzte durch das Tor hinterher. Im Dunkeln verlor ich kurz die Spur, bis ich leise Geräusche vernahm, die aus Richtung der Ställe kamen. Auf Zehenspitzen näherte ich mich dem Gebäude, aus dem unterdrückte Stimmen zu hören waren.
    Vorsichtig spionierte ich durch den schmalen Schlitz des offenen Tores hindurch. Unverkennbar dröhnte dumpf die Stimme von Hein Kummerlich zu mir, eine hellere antwortete erregt. Ich öffnete die Stalltür ein Stück, um besser sehen zu können. Die beiden Kontrahenten waren derart miteinander beschäftigt, dass sie meine Anwesenheit nicht bemerkten.
    „ Ich will von dir wissen, ob du meinen Vater verraten hast?“
    Ich konnte von meiner Position aus nicht erkennen, wer das voller Wut herausspie, aber in mir regte sich ein Verdacht.
    „ Was denn!“ Die Stimme von Hein Kummerlich brodelte. „Ich soll den Otto Lüttje verraten haben?“ Höhnisch lachte er.
    Ich schlüpfte in den warmen Stall, spähte hinter einer Holzwand um die Ecke und sah meinen Verdacht bestätigt: Peter, der Sohn von Otto Lüttje, stand wutentbrannt vor Hein Kummerlich, der sich lässig an eine Pferdebox lehnte. Das dunkle Pferd hinter ihm stapfte unruhig hin und her, die aufeinander treffenden Spannungen übertrugen sich auf das Tier.
    „ Du bist der Einzige, der es gewesen sein kann.“ Peter zog ein Messer aus seinem Gürtel. Drohend hielt er es Hein Kummerlich entgegen. Das Lachen von Hein erstarb, in seinen Augen funkelte die blanke Wut.
    Ich befand mich in einer Zwickmühle, denn ich hatte auf dem Rittergut nichts zu suchen, aber der Polizist in mir gebot mich einzumischen.
    „ Was ist hier los?“ Ich löste mich aus dem Schatten der Verschlagwand und baute mich zur vollen Größe auf. Das Überraschungsmoment glückte, die beiden Streithähne vergaßen einander und sahen mich verdutzt an.
    „ Was wollen Sie denn hier?“, fauchte Hein mich an.
    Ich ließ mich nicht darauf ein. „Peter, wir haben dich seit letztem Jahr gesucht. Wo hast du gesteckt?“
    Peter erwachte aus seiner Erstarrung, überhörte meine Frage und richtete die Waffe auf den Bauch von Hein. „Los, raus mit der Sprache, sonst schlitze ich dich auf.“
    Die Situation wurde brenzlig, das konnte nicht gut ausgehen. Kaum gedacht, entwendete Hein dem Jungen geschickt das Messer und führte einen Hieb in seine Richtung aus. Abwehrend hob Peter die Arme und im nächsten Augenblick tropfte Blut von seiner Hand auf den Boden. Kein Schmerzenslaut entrann seiner Kehle. Erstarrt zur Salzsäule, schien er auf sein Ende zu warten. Hein grinste siegesgewiss, der Junge war ein leichtes Opfer. Er holte zu einem weiteren Hieb aus. Ich holte Schwung, um dazwischen zu springen. Ich hatte es fast geschafft und sah wie in Zeitlupe wie das Messer auf mich zu sauste.
    Dann krachte es laut!
    Ein fürchterliches Geräusch von zerberstenden Knochen. Ich flog zwischen den Beiden hindurch und konnte mich gerade noch abfangen, bevor ich drohte längs auf den Boden zu stürzen. Schnell drehte ich mich um meine eigene Achse, um der Ursache des Geräusches auf den Grund zu gehen.
    Was ich als nächstes beobachtete, erstaunte mich! Ich sah, dass Hein Kummerlich wie ein gefällter Baum langsam zur Seite kippte, die Augen weit aufgerissen. Noch bevor er auf dem Boden aufschlug, blitzte in seinen Augen die Erkenntnis auf, dass er in diesem Moment starb.
    Sprachlos verfolgte ich seinen tiefen Fall, das Pferd in der Box warf erschrocken den Kopf hoch. Hein fiel in den Staub und röchelte leise. An seinem Hinterkopf färbten sich die Haare rot, ein großer Schwall Blut trat hervor und rasch bildete sich eine große, dunkle Pfütze.
    Peter sah mich entsetzt an, ich erwiderte den Blick, dann fixierten wir beide die Box, in dem das Pferd mittlerweile zitternd in der hintersten Ecke stand. Das Weiße der Augen leuchtete panisch aus dem Dunkel hervor. Es schien die Person anzugaffen, die soeben Hein Kummerlich niedergestreckt hatte.
    Die Tür der Box öffnete sich quietschend und ein Mann, mit einem schweren Hammer in der Hand, trat hervor. Von dem Hammer tropfte Blut auf den Boden. Ich war noch nie in meinem Leben so verblüfft gewesen, als ich erkannte, wer vor mir stand.
    „ Franz!“
    „ Erich!“
    Fassungslos stand ich Franz gegenüber, dem Beschützer meiner Kindheit. Er wohnte damals ein Haus weiter und war

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