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Lindenallee

Lindenallee

Titel: Lindenallee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katrin Rohde
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zu Boden.
    Ich reichte ihm die Hand. „Lebewohl, Franz. Ich wünsche dir viel Glück, für dich und deine Familie.“
    Ich wusste zu dem Zeitpunkt noch nicht, dass seine Familie in dieser Nacht mit ihm gehen würde. Ich erfuhr es erst am nächsten Tag, dass sie weg waren.
    Ebenso tauchte Peter ab. Gerüchte besagten, er sei bei entfernten Verwandten in Süddeutschland untergekommen. Ich hoffte, das war so, denn er hatte genug Leid in seinem jungen Leben erfahren müssen und blickte, wenn Gott wollte, zuversichtlich in die Zukunft.
    Ich bin nicht stolz darauf, was ich getan habe, aber kein unbescholtener Bürger sollte wegen eines schlechten Menschen wie Hein Kummerlich ins Gefängnis wandern. Ich habe es jahrzehntelang mit mir herumgetragen und ich bin erleichtert, dich, meinen Sohn, in mein Geheimnis einzuweihen.
    Ich hoffe, du kannst meine Beweggründe verstehen und mir verzeihen. Ich hoffe bei Gott, es war damals die richtige Entscheidung.
     
    Paula und Steffen sahen stumm zu Willi hinüber. Die Wendung dieser Geschichte hatte sie überrascht und nachdenklich gestimmt.
    „Also, das hätte ich nie und nimmer gedacht“, stammelte Paula, „der Vater von Friedrich hat Hein Kummerlich erschlagen.“
    „Ich konnte es auch nicht glauben, aber mein Vater hat die Wahrheit gesagt.“
    „Das bezweifele ich auch gar nicht“, beschwichtigte Paula schnell. „Ich selber habe nur solange gegrübelt, wer es gewesen sein könnte. Darauf wäre ich nie gekommen.“ Ihre Miene verfinsterte sich. „Das darf Friedrich niemals erfahren, dass sein Vater einen Menschen getötet hat, auch wenn dieser noch so schlecht gewesen sein mag. Das Bild von seinem Vater wäre zerstört.“
    „Da gebe ich Ihnen Recht. Warum die Wahrheit jetzt noch ans Licht zerren? Siebzig Jahre alter Staub muss nicht mehr aufgewirbelt werden“, bekräftigte Willi Klagenfurth.
    Paula sah Steffen forschend an. „Was meinst du?“
    Steffen überlegte keine Sekunde. „Ich bin bei euch. Das bleibt bei uns. Niemand wird davon erfahren.“
     
    Paula startete nicht sofort den Motor des Wagens. Sie lehnte sich im Sitz zurück und musterte Steffen eindringlich. „Wenn Friedrich das erfahren würde, könnte ihn das auf der Stelle umbringen.“
    „Ich sagte doch, von mir erfährt er nichts.“ Steffen blickte leicht ärgerlich zu Paula. „Du kannst mir vertrauen.“
    „Entschuldige, so war es gar nicht gemeint.“
    „Wie dann?“
    „Weiß nicht.“
    „Na dann.“
    „Streiten wir gerade?“
    „Scheint so. Dabei gibt es keinen Grund“, erwiderte Steffen.
    „Du hast wie immer Recht, ich bin ein Dummkopf. Darf ich mich noch mal entschuldigen?“
    „Gib mir einfach einen Kuss und die Sache ist vergessen“, schlug er versöhnlich vor.
    „Gerne.“ Schmatzend drückte sie ihre Lippen auf die seinen.
    „Geht das auch ein bisschen weniger Kleinmädchenhaft? Ich bin nämlich ein Mann und will richtig geküsst werden, so mit Zunge und Flüssigkeitsaustausch.“
    „Dein Wunsch ist mir Befehl.“

32
    Paula dachte lange an das Wochenende in Lucklum zurück. Das Rätsel um die Ermordung Hein Kummerlichs hatte sich aufgeklärt und sie wusste über den Gesundheitszustand von Friedrich Bescheid. Alles passte auf eine eigenartige Weise zusammen, die Puzzlestücke hatten endlich den richtigen Platz gefunden. Das Leben kehrte zur Normalität zurück, ein scheinbar beruhigender Alltag stellte sich ein und ihre Bindung zu Steffen entwickelte sich zu einer festen Beziehung. Häufig stolperte sie über seine Kleidungsstücke in ihrer Wohnung, eine zweite Zahnbürste stand seit geraumer Zeit in ihrem Badezimmer und im Schlafzimmer lag erwartungsvoll ein zweites Kopfkissen. Er schlief häufiger bei ihr als umgekehrt. Manchmal vermutete sie, er mochte das Chaos in ihrer Wohnung mehr, als seine eigene aufgeräumte Bude.
    Paula pflegte die Freundschaft zu Magarete und Friedrich gewissenhaft und intensiv, ohne aufdringlich zu werden. Sie stellte keine bohrenden Fragen mehr, sie genoss die Zeit mit ihnen in dem Bewusstsein, es würde nicht ewig so weitergehen.
    Dabei lauschte Paula gespannt den Geschichten von Friedrich und seinen Erlebnissen auf der Rinderfarm in Argentinien. Magarete erzählte ausführlich über ihre Zeit in Berlin und ihr Leben anschließend in Braunschweig.
    Paula hielt sich zurück und gab beiden Raum und Zeit, das Erlebte wiederauferstehen zu lassen. Über ihre Zeit in München redete sie selbst nicht gerne, es tat immer noch weh. Vor allem schmerzte sie

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