Lindenallee
Friedrich wurde sehr wütend. „So ein Schwein", schrie er hinaus. Mit der erhobenen Faust drohte er in der Luft.
„Was soll ich denn jetzt machen? Ich kann nicht zur Mutter gehen und es erzählen. Was denn auch, es ist ja nichts passiert, mir wird keiner glauben", jammerte ich hoffnungslos.
Friedrich hatte sich etwas beruhigt. „Hein Kummerlich braucht eine Lektion", sagte er gefasst. Auf seinem Gesicht zeichneten sich nachdenkliche Falten ab, als ob er einen Plan schmiedete.
„Friedrich, was hast du vor?", jetzt wurde mir angst und bang.
„Mach dir keine Sorgen, mir fällt schon etwas ein. So ein Mistkerl muss bestraft werden." So hatte ich ihn noch nie Reden gehört.
Er nahm mich an die Hände und drückte sie sanft. „Bitte sei ab jetzt auf der Hut und achte darauf, Heidemarie immer in deiner Nähe zu haben. Du brauchst ihre Unterstützung. Ich werde mir etwas ausdenken. Mir fällt schon etwas ein." Zuversichtlich gab er mir einen Kuss.
Die nächsten Wochen vergingen, Heidemarie passte wie ein Schießhund auf mich auf und wich mir zum Ärger von Hein Kummerlich nicht mehr von der Seite. Alles verlief gut bis zu dem Morgen, als ich in die Küche kam und Heidemarie nicht da war.
„Wo ist Heidemarie?", fragte ich Gerlinde, eine der Köchinnen.
„Die kommt nicht, liegt im Bett mit Fieber."
Darauf hatte Hein Kummerlich nur gewartet. Er stand bereits in der Tür und grinste mich höhnisch an.
„Hallo ihr zwei, ihr habt euch das ja gemütlich gemacht." Akay stand in der Tür zum Garten und lächelte Paula und Magarete an.
Paula freute sich Akay zu sehen, war aber auch ein wenig enttäuscht darüber, dass Magarete ihre Erzählung unterbrach.
Magarete winkte Akay zu sich. „Komm, setz dich und leiste uns etwas Gesellschaft, oder bist du schon wieder auf dem Sprung?"
Akay trat näher und setzte sich zu Magarete. „Nö, ein bisschen Zeit habe ich, bevor ich zu Harald ins Lokal gehe. Na Paula, wie geht es dir? Sehen wir uns heute Abend zur feuchtfröhlichen Fortsetzung im Kobald?"
„Kobald heißt das Lokal? Wer ist denn auf den Namen gekommen?“ Paula hatte nicht vor, erneut auf Sauftour zu gehen. „Ich glaube, ich werde heute artig und früh ins Bett verschwinden. Außerdem habe ich schon drei Stück von diesem fantastischen Marmorkuchen verhaftet, aus dem der Rum fast heraus tropft", übertrieb Paula.
„Na na", griff Magarete ein, „da ist nur ein Viertelliter drin."
Paula und Akay sahen Magarete an und prusteten los. „Kein Wunder, wenn Paula es heute nicht mehr in die Kneipe schafft." Akay lehnte sich im Stuhl zurück. „Ach, was für ein herrliches Wetter heute. Zu schön, um Arbeiten zu gehen."
„Ist das eigentlich dein Hauptjob?" Neugierig sah Paula sie an. „Ich meine das Kellnern."
Akay verzog das Gesicht. „Oh nein, auf Dauer wäre das nichts für mich. Immer diese Betrunkenen im Lokal, das ist ja nicht auszuhalten." Sie grinste und meinte damit unverkennbar Paula, die sich nicht aus der Reserve locken ließ und nur schief grinste.
Akay schnipste einen Krümel von der Tischdecke zu Boden. „Ich studiere Sport und Englisch auf Lehramt. Nebenbei verdiene ich mir im Kobald etwas Geld, ich will nicht auf Kosten meiner Eltern leben."
„Der Name Akay ist ungewöhnlich, woher kommt er?" Paula hatte schon die ganze Zeit überlegt, ob sie danach fragen sollte.
„Akay bedeutet so viel wie leuchtender Mond. Den Namen findest du in der Türkei häufiger." Akay rieb sich an der Nase. „In letzter Zeit werde ich deswegen weniger gefragt. Entweder wissen es alle oder es ist selbstverständlicher geworden."
„Beides vielleicht", mischte Magarete sich in das Gespräch ein. „Wann kommen deine Eltern dich mal wieder besuchen? Das letzte Mal hatte deine Mutter diese leckeren süßen Küchlein mitgebracht, die wunderbar nach Honig schmeckten." Magarete leckte sich gedanklich alle zehn Finger danach ab.
„Ich kann es dir nicht genau sagen. Das letzte Mal riefen sie aus Madrid an, mein Vater hat dort einen Geschäftspartner besucht." Akay sah Paula an. „Du musst wissen, mein Vater hat sich darauf spezialisiert, Luxus-Lebensmittel überall in der Welt aufzufinden und nach Europa zu importieren. Über mangelnde Aufträge kann er sich nicht beklagen und sie sind ständig auf Achse."
Akay lachte auf. „In meiner Kindheit musste ich viele komische Sachen essen, für die die Leute viel Geld hinblättern. Mein Vater brachte seine neuen Entdeckungen mit nach Hause und wir dienten
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