Lindenallee
Grübelnd schaute sie ihn an.
„Dir fällt schon etwas ein. Am besten kurz und knapp die Wahrheit.“
„Was ist aber, wenn es nicht der richtige Friedrich ist und er sich einen Spaß daraus macht, Magarete in Hoffnung zu versetzen und …?“
„Paula, du hast zu wenig Vertrauen in die Menschen. Sieh dich einmal hier um. In einem Dorf, wie diesem, leben nur ehrliche Menschen.“
„Also, das kann ich so nicht unterschreiben“, warf sie ein, „immerhin wurde hier Hein Kummerlich ermordet!“
Steffen seufzte. „Paula, schreib. Dann werden wir sehen, was passiert.“
„Na gut.“ Sie rieb sich grübelnd an der Nase. Dann begann sie ein paar Worte niederzuschreiben. Sie las es noch einmal durch und faltete den Zettel zusammen.
„Du machst mich neugierig, was hast du geschrieben?“
„Ach so“, erwiderte Paula ironisch, „du bist neugierig.“
„Wenn ich schon in die Geschichte mit hineingezogen werde, möchte ich natürlich wissen, was du geschrieben hast.“
Paula faltete den Zettel wieder auseinander.
„Hallo Herr Mendelssohn,
Sie kennen mich nicht, aber es kann sein, dass wir eine gemeinsame Bekannte haben. Vor langer Zeit, vor dem Krieg, lebte sie hier in Lucklum.
Ich würde mich freuen, wenn Sie mich anrufen würden.
Mit freundlichen Grüßen
Paula Rittner
„Und meine Telefonnummer habe ich dazu geschrieben.“
„Zeig mal“, sagte Steffen.
Sie hielt ihm den Zettel unter die Nase und er warf einen kurzen Blick darauf.
„Jetzt habe ich endlich deine Telefonnummer und muss nicht darum betteln.“ Selbstgefällig grinste er.
„Du frecher Kerl, ich dachte die Buschtrommeln hätten sie dir schon längst zugetragen?“
„Nein, leider nicht. Warum hast du Magarete nicht erwähnt?“
„Ich will sicher gehen, dass es der richtige Friedrich ist. Nicht, das wir einem Scharlatan aufliegen. Der richtige Friedrich wird mir die Frage nach dem Namen seiner Jugendliebe beantworten können.“
„Schlaues Mädchen.“
„Ja, fast so schlau wie ein Arzt.“ Paulas Augen funkelten belustigt.
Steffen blickte tief hinein und fühlte sich von ihnen wie von einem Magneten angezogen. Schweren Herzens holte er sich aus der Tiefe der gräulichen Iris ihrer Augen zurück. „Und was machen wir jetzt?“ Er verspürte wenig Lust nach Braunschweig zurückzufahren und diesen Nachmittag mit Paula vorzeitig enden zu lassen.
„Auf dem Gelände des Rittergutes befindet sich ein Café. Wie wäre es damit?“
„Ich bin dabei.“
Paula warf den Zettel in den Briefkasten und eilte zu Steffen zurück. „Dann los. Du bist eingeladen, als Dankeschön für deine Begleitung.“
„Beinhaltet die Einladung auch ein Stück Kuchen?“
„Zwei, wenn du möchtest.“
„Da kann ich wirklich nicht Nein sagen.“
Sie schlenderten die Dorfstraße entlang und entdeckten das Café auf der anderen Straßenseite. Es befand sich hinter der Mauer des Rittergutes. Ein breiter Durchlass gewährte Autos die Zufahrt zum Innenhof und etliche Radfahrer legten einen Halt auf ihrer Radtour hier ein. Die in der Sonne stehenden Tische waren gut besucht, dennoch fanden sie ein ruhiges Plätzchen an der Seite.
Sie ließen sich nieder, bestellten Kaffee und Kuchen und ließen sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Das folgende Gespräch drehte sich um belanglose Themen. Sie genossen es, miteinander zu plaudern und den Alltag zu vergessen. Der Ausflug wurde für Beide zum vollen Erfolg und versprach für die Zukunft die Basis für eine gute Freundschaft. Steffen spann seine Gedanken schon weiter: er konnte sich mehr vorstellen, als nur eine Freundschaft.
16
Das Wetter schlug um und der an die Tür klopfende Frühling wurde jäh durch Schnee- und Graupelschauer ausgesperrt.
Paula lag auf dem Sofa und blickte in das trübe Wetter hinaus. Der gestrige Ausflug mit Steffen hatte ihr gutgetan. Sie spürte immer noch die Aufregung, die Nachricht von Friedrich am Baum gefunden zu haben. Sie nahm den Zettel zur Hand. Unglaublich, dachte sie, wenn es wirklich Friedrich wäre.
Die Geduld zu warten, bis dieser Herr Mendelssohn aus Berlin zurück war, fiel ihr schwer. Sie wollte unbedingt wissen, was es mit dem Nachnamen Stein und Mendelssohn auf sich hatte. Nur reiner Zufall? Paula fiel ein, dass es bei Friedrich und seiner Mutter mysteriöse Geheimnisse bezüglich ihrer Herkunft gegeben hatte. Über Friedrichs Vater wurde nie etwas bekannt. Paula biss sich auf die Unterlippe. Sie würde gerne Magarete von ihren Entdeckungen
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