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Linna singt

Linna singt

Titel: Linna singt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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lässt seinen Kopf auf das Kissen sinken, jetzt liegen wir uns nur noch gegenüber und schauen uns an, genauer gesagt: Er schaut mich an und ich versuche, ihm auszuweichen, während ich krampfhaft überlege, wie ich dieser unglückseligen Lage einen neuen Anstrich, womöglich sogar eine Wendung geben könnte, bevor er ausspricht, was ich schon die ganze Zeit denke. Dass das eine ganz miese Nummer war. Da ich keinen besseren Einfall habe, nehme ich seine Hand und führe sie zwischen meine Beine, vielleicht erinnert er sich damit an das, was wir gerade unterbrochen haben. Doch er verweilt nur kurz dort, schon nach wenigen Sekunden und einigen unerhört köstlichen Berührungen streifen seine Finger nachlässig meinen Bauchnabel, dann lässt er die flache Hand darauf ruhen.
    »Du fühlst dich anders an …«
    Mein Aufstöhnen gleicht einem gezischtem Schrei. Oh Gott, nicht dieser Satz, bitte nicht der verbotene Satz! Nicht aus deinem Mund, Falk, du darfst ihn nicht sagen! Ich will ihn nicht hören, nie wieder!
    »Gleich fange ich an zu weinen.« Das ist keine Übertreibung, meine Augen werden bereits feucht und ich nehme panisch wahr, wie der Speichel meinen Rachen überschwemmt. Ich fühle mich miserabel.
    »Wieso, war ich so schlecht?«, schäkert Falk, doch ihm entgeht nicht, dass mich seine Bemerkung getroffen hat. Sein Blick verliert den sprühenden Humor, der seine Augen eben noch funkeln ließ, doch seine beinahe schlampige Lässigkeit bleibt.
    »Nein, aber … gut waren wir auch nicht und … und … ich hab diesen Satz schon ein paarmal gehört und ich mag ihn nicht. Weil ich immer denke, dass er gar nichts mit mir zu tun hat. Es ist nur ein Spruch, mehr nicht.«
    »Das ist nicht wahr, Mozzie.« Erneut streichen seine Finger über meinen Nabel. »Schönes Tattoo übrigens. Was ist das für eine Melodie?«
    »Tubular Bells« ,sage ich erstickt. »Tubular Bells III. Die ersten Takte.«
    »Tubular Bells IIP. Nicht I? Warum nicht das erste, das ist doch das beste …«
    »Ist es nicht!« Ich will mich aufsetzen, doch Falk hindert mich nachdrücklich daran, sodass ich ohne Gegenwehr zurück auf die Matratze plumpse. »Ich weiß, das denken alle, sie machen seine neueren Sachen nieder, sagen, er würde Kitsch produzieren. Aber es ist kein Kitsch. Es ist kein Kitsch! Mike hat Frieden in sich gefunden, das ist es, was man hört, er hat sich weiterentwickelt, man muss sich nur die Zeit nehmen, sich darauf einzulassen, nur dann wird man die Tiefe dieser Stücke begreifen, auch die seiner Chill-out-Alben, sie sind sein Spiegel, er hat es geschafft, Frieden in sich zu finden, das ist …«
    »Zeit«, unterbricht Falk mich nachsichtig. »Zeit und Frieden. Du bist hinreißend, wenn du dich aufregst, Mozzie. Deine Wangen glühen und deine Haare zittern. Und du fühlst dich anders an. Du stehst unter Strom, ich hab noch nie eine solche Hautspannung bei einer Frau gefühlt.«
    Hautspannung. Das klingt nicht erotisch, sondern eher nach einem Elektrizitätswerk.
    »Ich spüre die Energie in deinem Körper … du strahlst …«
    Jetzt bin ich auch noch radioaktiv. Na wunderbar. Ich könnte nun einen derben Witz über das Einführen und Kühlen von Brennstäben reißen, aber mir ist ganz und gar nicht nach Scherzen zumute. Die Tränen lauern noch immer und warten auf ihren Einsatzbefehl.
    »Nakomm …«
    Ich habe keine Ahnung, was er mir mit »Na komm« bedeuten will. Mit dem Kommen hatten wir bisher beide kein Glück. Ich gebe mich trotzdem willenlos, soll er doch tun, was er für richtig hält, ich selbst weiß es sowieso nicht mehr. Entschieden schiebt er seinen Arm unter meinen Rücken und wendet mich auf den Bauch wie ein Schnitzel, das es zu panieren gilt, schwer fällt ihm das nicht. Wer einen Dreimeterhai festhalten und chippen kann, spielt mit menschlichen dreiundfünfzig Kilogramm Bumerangwerfen. Doch ich bin dankbar für die neue Position, in der ich mich befinde, obwohl sie ebenfalls nicht zu den bevorzugten Stellungen meines Fantasieerotikons gehört, denn so muss ich ihn nicht permanent ansehen. Ich bin nach all der Schmach ohnehin nicht imstande, viel zu tun, außer ihm meine Kehrseite zu präsentieren.
    Ergeben verschränke ich die Arme unter dem Kissen und wende ihm meinen Hinterkopf zu. Sofort spüre ich seine Lippen auf meinem Nacken, dann wieder seine Hand, nein, beide Hände. Ich habe keine Ahnung, was er vorhat, seine Gesten sind nicht zu deuten, mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm blind zu vertrauen und

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