Lions - Feuriger Instinkt
schob sie ihren Stuhl zurück und stand auf.
Als Jessie an ihm vorbeiging, fügte er hinzu: »Ich verstehe, warum du Angst hast.«
Es überraschte wenig, dass sie mitten im Schritt erstarrte. Selbst damals, als er sie von den Bäumen hatte locken müssen, war Jessie beleidigt gewesen, wenn man auch nur andeutete, dass sie eventuell Angst hatte. Für sie war sich auf Bäumen und unter Tribünen zu verstecken lediglich eine Vorsichtsmaßnahme, die jeder mit etwas Verstand ergreifen würde. »Wie bitte?«
»Du hast Angst. Das verstehe ich vollkommen.« Er tätschelte ihre Hand, wie er es bei seiner Großmutter gemacht hätte. »Schon gut. Geh einfach.«
Sie ging zwei Schritte rückwärts, bis sie direkt neben ihm stand. »Angst wovor?«
»Vor deinen Gefühlen für mich. Deshalb kämpfst du so gegen mich.«
»Ich habe keine Gefühle für dich – abgesehen von Abscheu.«
»Na, na, Jessie Ann, wir waren doch immer ehrlich zueinander. Gib einfach zu, dass du mich immer noch willst – nach all den Jahren.«
Sie warf die Hände in die Luft. »Ich werde darüber nicht mit dir sprechen.«
Das konnte er sich vorstellen. Aber er konnte einfach nicht anders. Es machte so Spaß, sie zu quälen.
Smitty sprang auf und folgte ihr. Als er die Tür erreichte, durch die sie schon gegangen war, kam sie plötzlich zurück, und ihr kleiner Körper prallte gegen seinen.
»Was ist los?«
»Äh …« Sie blickte zurück und schob ihn dann auf eine kleine Couch. Sie setzte sich neben ihn, nahm seinen Arm und riss ihn über ihre Schultern. »Jetzt sitz einfach hier und sieh hübsch aus.«
Ein paar Augenblicke später kamen drei Männer durch die Tür. Zwei waren Vollmenschen, aber der, dessen Blick sich auf Jessie richtete …
Sofort erkannte Smitty den Wildhund von Samstagabend.
»Jessica! Hallo!«
Jessie lächelte, und es war wohl das Falscheste, was Smitty gesehen hatte, seit er einmal auf Geschäftsreise in Los Angeles gewesen war. »Sherman. Hi!«
Ihre gezwungene Fröhlichkeit verursachte bei Smitty Zahnschmerzen, aber der Hund schien es ihr abzukaufen.
»Was tust du denn hier? Solltest du nicht hart arbeiten wie immer?«
»Oh, das habe ich, das habe ich.« Jessie winkte ab. »Aber ich mache gerade eine kleine Pause mit meinem … äh … Freund hier.«
»Na, na, Jessie Ann, spiel nicht die Schüchterne.« Smitty rieb die Nase an ihrem Hals. »Du weißt doch, dass ich jetzt dein fester Freund bin.«
Als Jessie ihren gesamten Körper anspannte, verwandelte sich der große und dumme Hund im Nu in einen gekränkten Hund – als hätte Smitty im Garten seinen Lieblingsknochen ausgegraben. Kapierte er nicht, dass Jessie kein Interesse an ihm hatte? Wie auch? Die Frau verdiente etwas Besseres als irgendeinen dürren Hund. Zu seinem Leidwesen kapierte der Hund es nicht, und das zwang Smitty, es glasklar zu machen. Als der gekränkte Hundeblick also von Smitty, der Jessies Hals liebkoste, zu seiner Hand weiterwanderte, ließ Smitty sie fallen – direkt auf Jessies Brust.
Jessie atmete scharf aus, und der Hund fragte: »Also, Jessie, wie wäre es, wenn du mich deinem Freund vorstellst?«
»Natürlich.« Jessie nahm beiläufig die Hand von ihrer Brust, und als sie ihre Finger um seine Handfläche krümmte, fuhr sie die Krallen aus.
Smitty grunzte, aber das war alles. Er hatte es irgendwie kommen sehen. Aber verdammt, es war zu ihrem eigenen Besten gewesen. Und von dieser Meinung würde er auch sein Leben lang nicht abweichen.
»Sherman Landry, das ist Bobby Ray Smith. Bobby Ray, das ist Sherman Landry.«
Der Hund hatte schon die Hand ausgestreckt, aber sie fiel an seine Seite zurück, während er ihn anstarrte. Smitty kannte das. Diesen Blick. Ein Blick voller Angst und Panik. Und er wusste schon, was der Hund als Nächstes sagen würde.
»Sie sind ein Smith?«
»Ja, Sir.«
»Von der Smith-… Meute ?«
Und da war es. Ein Smith konnte jeder sein. Aber ein Mitglied der Smith-Meute, einer aus der direkten Blutlinie, rief bei anderen Gestaltwandlern alle möglichen Reaktionen hervor. Die einen senkten den Blick, andere sahen entsetzt aus. Diese eine kleine Frage, »Von der Smith-Meute?«, folgte Smitty hartnäckig.
»Ja, Sir, ich gehöre zur Smith-Meute. Zu den Tennessee-Smiths.«
»Verstehe. Na ja, es ist sehr nett, Sie kennenzulernen. Jessica, kann ich mal kurz mit dir reden?«
»Na ja, wie du siehst …«
»Sofort.«
Das hatte sie vermeiden wollen – Zeit allein mit Sherman Landry. Wie die meisten
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