Lions - Feuriger Instinkt
die Hand an Johnnys Brust.
»Also«, sagte sie viel zu eifrig, »wie war Jess denn damals? Hatte sie ständig die Nase in einem Buch? Ich wette, das hatte sie. Sie hat ungefähr eine Tonne Bücher. Zeug, für das man mir gar nicht genug zahlen könnte, damit ich es lese. Langweilig, langweilig, langweilig. Aber ich mag …«
»Himmel«, fuhr Johnny sie an, »hör auf zu faseln!«
Sie hatte gewusst, dass es funktionieren würde. Johnny hasste es, wenn sie plapperte. Aber das Wichtigste war: Sie hatte eine Situation entschärft, mit der sie wirklich nicht hätte umgehen wollen.
Sie fragte sich kurz, ob diese Fähigkeit in ihren Genen lag. Ihre Mom konnte das auch.
Smitty verließ den Aufzug und gab sich große Mühe, nicht zu lächeln. Der Junge hätte es nicht besonders geschätzt, wenn er es getan hätte. Smitty war nicht sauer. Er hatte keinen Grund dazu. In diesem Alter war es normal, erwachsene Wölfe herauszufordern. Das gehörte zum Erwachsenwerden. Genauso wie das Recht, von erwachsenen Wölfen den Hintern versohlt zu bekommen. Natürlich konnte es sein, dass der Junge, da er in einer Meute von Hunden aufwuchs, zum ersten Mal das Bedürfnis hatte, es mit einem Mann aufzunehmen, den er nicht einmal kannte. Offensichtlich war es zumindest das erste Mal, dass die kleine Kristan es mitbekam.
Gemeinsam betraten die drei das Büro.
Zweiergruppen von gegenüberstehenden Schreibtischen zogen sich in einer Reihe durch die Mitte des Raumes. Nur ein Büro befand sich in einer Ecke. Obwohl es eine Tür besaß, konnte man es nicht privat nennen, denn es bestand komplett aus Glas. Die Tür, die Fenster … alles aus Glas.
Auf dem Boden lagen überall Spiele und Spielzeug herum. Auf einigen Terminals konnte er angehaltene Computerspiele erkennen, und es gab mehrere Fernseher mit den neuesten Spielekonsolen daran. Poster der Star-Wars- und Herr-der-Ringe -Trilogien, von Flucht ins 23. Jahrhundert , Jäger des verlorenen Schatzes – von sämtlichen Nerd-Filmen, die je gedreht wurden – schmückten die Wände. Außerdem hatten sie lebensgroße Aufsteller von Star Wars , Xena, die Kriegerprinzessin und Raumschiff Enterprise .
Und Smitty hatte gedacht, Mace sei zu weit gegangen, als er in die dezenten zwanzig mal fünfundzwanzig Zentimeter großen Bleistiftzeichnungen einer Küstenlandschaft für den Kundenbereich ihres Büros investiert hatte. Wie diese Wildhunde irgendetwas erledigt bekamen, war Smitty ein Rätsel.
»Das ist eigenartig«, sagte Kristan leise. »Wo sind denn alle?«
Es wirkte tatsächlich seltsam, dass niemand hier war, obwohl es noch nicht einmal sechs war.
Smitty hätte es Jessie Ann zugetraut, dass sie vor ihm davonlief, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass der Rest der Meute mit ihr wegrannte. Allerdings hatte er natürlich immer wieder gehört, dass Wildhundmeuten sich ungewöhnlich nahestanden.
Er schnupperte und ging zum hinteren Bereich des Büros, die zwei Welpen folgten ihm. Die Hintertür führte in einen langen Flur, der noch im Bau zu sein schien. Jessies Geruch führte ihn den Flur entlang, an Toiletten und Abstellräumen vorbei, bis er auf eine Flügeltür stieß. Smitty drückte sie auf und ging die Treppe hinunter.
Eine Tür führte nach draußen. Ein Notausgang, schätzte er. Er konnte hören, wie ihre gedämpften Stimmen abrupt schwiegen, als sie jemanden auf der anderen Seite der Tür spürten.
Smitty ging direkt darauf zu; er hörte das Flüstern auf der anderen Seite – und das Schnüffeln. Er grinste die Welpen an und bellte laut: »Was tut ihr da?«
Zuerst schrien sie überrascht auf. Sie alle, Männer wie Frauen, kreischten wie ein Haufen kleine Mädchen. Dann begannen sie zu lachen und hörten nicht mehr auf. Irgendwann öffnete Smitty die Tür und fand sie auf dem Boden sitzend und lachend vor, wie nur Hunde es konnten.
Albern. Das war das beste Wort, das ihm für sie einfiel. Albern.
»Also«, sagte er zu ihnen, den Blick aber auf Jessie gerichtet, »kann ich euch irgendwie helfen?«
Kapitel 9
Okay, ja, sie hatte ihn angelogen. Und sie wussten es beide. Sie wussten beide, dass sie sich eine Story zusammengesponnen hatte, dass jemand durch den Notausgang in ihr Büro einbrechen wollte. Sie hatte ihm die Geschichte sogar mit einem ehrlichen Gesichtsausdruck serviert, aber sie konnte es in seinem Blick erkennen. Er glaubte ihr kein Wort. Zu schade. Er gehörte nicht zur Meute. Nicht zu ihrer Meute. Deshalb war es nicht sein Problem. Und die Tatsache, dass
Weitere Kostenlose Bücher