Lions - Feuriger Instinkt
große Bomberjacke, weil der Mann ihren geliebten Parka so hasste, und die Klamotten vom letzten Abend, bis auf den Schlüpfer, den wieder anzuziehen sie sich geweigert hatte, da sie das schlicht ekelhaft fand. Also fand sie dieses Kompliment alles in allem verdammt unhöflich.
»Wir reden nicht weiter darüber. Du sagst mir nicht, wie süß ich aussehe. Und du besorgst dir einen verdammten Föhn. Und jetzt fahr.«
Smitty räusperte sich und startete den Wagen. »Ja, Ma’am.«
»Und ich brauche mehr Kaffee.«
»Schätzchen, ich glaube, das ist unbestreitbar.«
Die Fahrt hätte sich verdammt viel länger anfühlen müssen, denn Jessie Ann hörte die ganze Zeit eigentlich nie auf zu reden. Sie war ziemlich launisch gewesen, bis er ihr Kaffee besorgt hatte. Dann war ihre Laune gestiegen und sie hatte angefangen zu reden … und redete … und redete.
Zum Glück fand Smitty sie recht amüsant. Manchmal sogar direkt lustig. Die Frau konnte wirklich gut Geschichten erzählen. Und sie hatte eine Menge davon auf Lager.
Um die Mittagszeit, als es, wie in den Radionachrichten vorhergesagt, regnete, kamen sie endlich vor einem kleinen, ordentlichen weißen Häuschen an, das sogar einen weißen Lattenzaun besaß.
»Was ist hier?«, fragte er.
Jessie zuckte die Achseln. »Wir haben den Hacker gefunden.«
Smitty zuckte zusammen. »Was meinst du damit, ihr habt den Hacker gefunden? Welchen Hacker?«
»Wir hatten ein Hackerproblem. Und nicht zum ersten Mal. Ich kümmere mich darum.«
»Sollen wir die Cops rufen?«
»Noch nicht. Nicht, wenn es nicht sein muss.«
»Du hättest es mir sagen sollen. Ich bin darauf nicht vorbereitet.«
»Musst du auch nicht.«
Smitty sah ihr in die Augen. »Du kennst diesen Kerl?«
»Yup.«
»Jessie, das ist riskant!«
»Es ist nicht riskant.« Sie grinste. Dieses breite, unschuldige, verdammt alberne Grinsen. »Komm.«
Bevor er sie aufhalten konnte, war sie schon ausgestiegen und ging den Gartenweg entlang. Lautlos vor sich hinfluchend, folgte ihr Smitty.
Während er hinter ihr herging, öffnete sich die Vordertür. Eine Frau, nicht viel älter als er, lächelte ihnen entgegen, doch als sie Jessie erkannte, schwand ihr Lächeln.
Mehrere Augenblicke später trat sie zurück und brüllte: »Carol Marie Haier! Schwing deinen Hintern hier runter, und zwar sofort!«
Jess saß auf einem Sessel einer schmollenden Dreizehnjährigen gegenüber. Ihrer Mutter war beinahe der Kragen geplatzt, als ihr klargeworden war, dass ihre Tochter wieder zu ihren alten Gewohnheiten zurückgekehrt war. Gewohnheiten, die ihre Mutter schon einmal teuer bezahlt hatte.
Marie Haier stellte ein Glas Wasser vor Jess hin. »Sind Sie sicher, dass Sie keinen Kaffee oder sonst etwas wollen?«
»Nein danke. Nur ein paar Minuten mit Ihrer Tochter.«
Marie warf Smitty einen leicht nervösen Blick zu.
Er schenkte ihr ein träges, nettes Lächeln. »Wenn es Ihnen keine Umstände macht, Ma’am – ich hätte nichts gegen eine Tasse Kaffee einzuwenden.«
»Klar. Natürlich.« Sie wirkte erleichtert, etwas zu tun zu haben, und verließ das Zimmer.
Jess schaute Carol an. »Also, da wären wir wieder.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Carol. Lassen wir die Spielchen. Wir wissen beide, wie es enden wird. Ein Anruf, und es ist erledigt.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
»Wie wird das deiner Mom gefallen? Wenn sie wieder Anwälte anheuern und deine Geldstrafe zahlen muss? Du solltest dich einem Computer nicht einmal nähern.«
Den Blick auf den Boden geheftet, fragte Carol: »Also, was wollen Sie?«
»Die Wahrheit. Was ist passiert?«
»Es gibt da so eine Firma. In Spanien oder so. Sie haben jedem, der sich in Ihr System hacken kann, mehr als fünftausend Dollar geboten.«
Tja, das erklärte den Anstieg von Angriffen auf ihr System in letzter Zeit. Mit ihrem Team und weniger gesetzestreuen Freunden konnte Jess sich über Wasser halten. Sozusagen. Doch Carol war schon immer richtig gut gewesen. Sie konnte sich in so ungefähr alles hacken und war schon vor vier Jahren in ihr System eingebrochen. Eine Lektion, die sie nur einmal hatten lernen müssen. Vor allem, da es eine Neunjährige gewesen war, hatte die Konkurrenz jeden Moment ihrer Lage genossen. Das Gelächter war jedoch verstummt, als dieselben Firmen gemerkt hatten, dass Carol bei ihnen selbst schon vorher im System gewesen war und alles mitgenommen hatte, was sie wollte.
»Wo hattest du Zugang zu einem
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