Lions - Hitze der Nacht
drang. Sie strahlte Ruhe aus. Ihre Energie gesammelt. Die Arme vor der Brust verschränkt. Nicht annähernd so groß wie die Frauen in seiner Familie – sie war nur ungefähr eins fünfundsiebzig groß. Aber kurvig. Reif. Gut gebaut. Üppig genau an den richtigen Stellen. Sie hatte sich die rotbraunen Haare geschnitten, sodass sie über den Kragen ihrer Lederjacke strichen. Als er den Blick an ihrem prächtigen Körper nach unten wandern ließ, konnte er erkennen, dass die Frau besser bewaffnet war als die meisten bei den Spezialeinheiten der Navy. Ein Pistolenhalfter beulte ihre Lederjacke aus, und sie trug ein kleineres Knöchelhalfter am rechten Bein unter ihrer schwarzen Hose. Es sah außerdem so aus, als trüge sie ein Holster mit einem kleinen Messer am linken Bein – dass irgendein anderer Cop im Bundesstaat das als legal betrachten würde, bezweifelte er ernsthaft.
Ihr Handy vibrierte an ihrer Hüfte. Sie zog das kleine Gerät mit einer fließenden Bewegung aus seiner Hülle, warf einen Blick auf die angezeigte Nummer und ging ran. Inzwischen war er kurz davor, auf die Knie zu sinken und zu ihr zu kriechen. Diese Stimme. Diese verfluchte Stimme! Wie zehn Meilen Schotterpiste in der heißen Wüste, aber irgendwie hatte sie diesen brutalen Bronx-Akzent in den Griff bekommen. Ein bisschen enttäuschend allerdings. Er liebte diesen Akzent an ihr. Sie hatte ihn früher getragen wie eine alte Lederjacke. Jetzt dämpfte, kontrollierte sie ihn. Das sah ihr irgendwie ähnlich. Er lächelte und fragte sich, was es wohl brauchen würde, um das Mädchen aus der Bronx zurückzubekommen, das er kannte und immer noch liebte. Dankenswerterweise konnte sie allerdings gegen diese Stimme nichts tun. Er schloss kurz die Augen und ließ ihre Stimme über sich wegspülen wie eine stürmische Welle.
»Ich dachte, du würdest mich nie zurückrufen. Du wirst nicht glauben, wo ich bin.« Sie lachte, und seine Eier zogen sich zusammen. »In Missy Llewellyns Haus … nein, ich lüge nicht. Wie könnte ich mir das ausdenken?«
Sie kratzte sich an ihrem langen Hals. Der Drang, genau diese Stelle zu lecken, erstickte ihn fast. »Himmel, liest du keine Zeitung? Einer von ihren Leuten ist im Battery Park umgebracht worden. Jogger haben ihn gefunden. Was? Nein. Also, soll ich ihr was von dir ausrichten?« Ihr Körper bebte, als sie ein Lachen unterdrückte. »Tja, ich glaube nicht, dass ich ihr das ausrichten werde. Du meine Güte! Und du sagst, ich sei nachtragend!«
Ein paar Augenblicke später versteifte sich ihr Körper. »Nein. Das kann ich nicht. Ich arbeite, deshalb. Ja. Sogar an Weihnachten. Übrigens hasse ich Weihnachten. Ich habe moralische Einwände dagegen.« Er runzelte die Stirn, um nicht zu lachen. Sie hatte »moralische Einwände« gegen Weihnachten? Was sie sich für einen Mist ausdenken konnte, erstaunte ihn immer noch.
»Hör zu, ich muss auflegen. Nein, ich diskutiere nicht darüber.« Sie klappte das Handy zu und steckte es zurück in die Tasche.
Guter Gott, diese Frau war immer noch schön. Nach all den Jahren. All der Zeit. Und er hätte gewettet, dass er ihr die Hose ausziehen und in ihr sein könnte innerhalb von … er sah auf die Uhr. Dreißig Sekunden . Ja. Das würde gehen.
Desiree MacDermot starrte aus dem Fenster im Büro der Sekretärin und wartete. Na ja, wartete und kochte innerlich. Natürlich musste ihre älteste Schwester ihr den Moment verderben. Hier stand sie, im Haus ihrer Erzfeindin, kurz davor, die reiche Kuh in einen Streifenwagen zu packen, und was sagte ihre Schwester? »Kommst du zu Mom und Dad zum Weihnachtsessen?«
Natürlich komme ich! Außerdem habe ich vor, mir die Haut von den sensibelsten Stellen meines Körpers abzuziehen und Salz in die offenen Wunden zu reiben!
Denn ging es bei Feiertagen nicht ganz genau darum – dass die Familie einen dazu brachte, sich zu wünschen, man sei Waise?
Dez schüttelte diesen eindeutigen Versuch ihrer Schwester ab, sie dazu zu bringen, sich schlecht zu fühlen. Wie konnte sie sich schlecht fühlen, wenn sie gerade vorhatte, Missy Llewellyn zum Weinen zu bringen? Missy, die nichts mehr zu lieben schien als den MacDermot-Schwestern das Leben zur Hölle zu machen. Anscheinend genügte es nicht, dass sie sich alle drei das Recht erworben hatten, in die exklusive Cathedral School in Manhattan zu gehen, indem sie sich Spitzen-Stipendien erarbeitet hatten. Oder dass ihre Eltern verdammt hart arbeiteten, um ihren Töchtern das Beste zu ermöglichen,
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