Lisa und das magische Schwert: Malum Saga non habet misericordiam (German Edition)
die überschüssigen Elektronen können nicht ablaufen. Wer weiß schon, was hier alles so verbaut ist. Komm, geh weiter, dann werden wir ja sehen.“
Lisa tat, was ihr Mann sagte, und prompt legten sich die Haare wieder ab, aber nicht direkt in ihre vorherige alteFrisur. Nein; so ein bisschen sah sie schon noch aus wie Struwwelpeter, aber das schien jetzt nebensächlich zu sein.
„Siehst du, Schatz, für alles gibt es eine Erklärung. Schuld sind nicht immer Geister, die im Haus umherspuken, oder grimmige Hexen, die einen verfluchen wollen.“ Und wieder gab es für Lisa ein belustigtes Lächeln und die unbegrenzte Aufmerksamkeit bekamen nun unerklärte Magnetfelder.
„Cool.“ Maxima stürzte postwendend hinter ihrem schlauen Papa her. Äußerst interessiert und höchst engagiert stürmte sie das Arbeitszimmer ihres Vaters, welches genau gegenüber von ihrem Zimmer lag. „Papa, in der Schule nehmen wir gerade das Lorentzfeld durch. Kannst du mir was dazu sagen?“
Mit diesen Worten und dem lauten Knall einer zugeschlagenen Tür ließ man die verdatterte und verunsicherte Lisa wieder allein mit ihrem Einkauf in der noch weit geöffneten Haustür stehen. Mit ungläubigem Kopfrollen suchte sie noch zaghaft nach Hinweisen, warum sie mit einem Mal nicht wie immer durch ihre Tür durfte. Achselzuckend sah sie auf den Flur, wo eben noch belustigte Gesichter aus den Türen lugten – und ihr bewusst wurde, dass sie von ihrer treulosen Familie ein weiteres Mal im Stich gelassen wurde. „Das glaub ich jetzt nicht …! Hey, was ist mit meinen Einkaufstüten? Hallo, und was ist mit mir?“
Angesäuert griff sie zum dritten Mal nach ihren Tüten und versprach sich, dass sie ihrer ungläubigen Familie gegenüber nie wieder auch nur die kleinste Äußerung über eine Sage aus dem Harz tätigen würde. Die dachtendoch tatsächlich inzwischen schon, dass sie es langsam mit einer Verrückten zu tun hatten. Lisa hätte sich jetzt unbändig in ihren Unmut hineinsteigern können. Sie ist nun mal mit Sagen und Mythen aufgewachsen. Es hat ihr auch nicht geschadet, ganz im Gegenteil, aus ihr wurde eine bildreiche Erzählerin für besonders gute Nachtgeschichten. Sie gestikulierte bei ihren Gedanken zur Unterstützung mit Kopf, Schultern und Händen. Nun war die Zeit gekommen, dass es keine Geschichten mehr geben wird, weil diese wohl unter diesem Dach nicht geschätzt wurden. Basta und Punkt. Aus und vorbei.
Wütend wie eine wildgewordene Furie lief sie von der Eingangstür zur Küche und wieder zurück. Ruppig griff sie nacheinander ihre achtlos fallen gelassenen Tüten und stampfte wutschnaubend mit dem Einkauf in ihre Küche.
„Tja. Siehst du Schatz, es gibt für alles eine Erklärung!“ Lisa wollte sich eigentlich wieder beruhigt haben. Aber die unangebrachten Sätze ihres Mannes hallten in Lisa nach. Sie war so aufgebracht und verärgert, dass sie das Sortieren der Lebensmittel nur mit lautem Knallen der Schranktüren schaffte und ihren Mann ab heute bis ins Unendliche nur noch so was von doof fand, dass ihn die Schweine beißen sollten.
Als sie sich mit dem Wegräumen der vielen Tüten dann doch langsam wieder abregte und einen üppigen frischen Wildlachs zum Einfrieren eintütete, drehte sie den Rücken gegen die alte Eiche. Sofort machte sich ein starkes Brennen in ihrem Nacken bemerkbar, das sie zuerst für einen Stich oder Biss hielt. Aber diese Vermutung verflog mit dem Blick auf die alte Eiche. Denn der Baum sah Lisa mit wachsenden, großen gelbenAugen an und versprach ihr Unheil. Starr vor Schreck fasste sie auf ihre Tischplatte, um nicht den Halt zu verlieren.
Mit der abgestützten Hand spürte sie auf einmal, dass sich irgendetwas darauf bewegte. Sie war nun knapp davor, ganz und gar die Fassung zu verlieren. Es liefen wild Tausende Viecher auf ihr herum. Lisa hätte doch zuerst nach unten schauen sollen, es wäre angebrachter gewesen. Sie stand nämlich mitten in ihrer Küche auf einem Nest mit roten Ameisen, die schnell und wendig unter ihre Hosenbeine liefen und sie in die Beine bissen! Je wilder sich Lisa bewegte, umso höher wurde der Ameisenhaufen unter ihren Füßen. Blitzschnell bildeten die Insekten eine Straße und liefen am Tischbein hoch, um sich schnurstracks an den Fisch zu machen. Sie hatten es direkt auf den Fisch abgesehen. Lisa verkniff sich diesmal ein Aufschreien, es brachte eh nichts. Sie erschlug mit einer zusammengefalteten Zeitung die Krabbelviecher auf dem Tisch und trampelte wie eine
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