Lisa und das magische Schwert: Malum Saga non habet misericordiam (German Edition)
vom beißenden Hunger getrieben alles nur so hinunterschlangen, ließen sie sich bei dieser Mahlzeit viel Zeit, um schneller ein Sättigungsgefühl zu erzeugen. Vielleicht war es aber auch der Anstand, den anderen lieber satt zu sehen als sich selbst, denn keiner der beiden Freunde traute sich, das letzte Stück der Maize aus der Holzschale zu nehmen. Beide starrten schweigend ins Feuer und jeder für sich folgte seinen eigenen Gedanken.
„Dann müssen wir wohl morgen auf die Jagd.“
„Wir können doch nicht mit Pfeil und Bogen durch das Netz schießen, unter dem wir uns verstecken“, empörte sich Sinith und dachte einen Moment lang, Brokk sei von allen guten Geistern verlassen.
„Wir können aber auch nicht verhungern!“, warf Brokk energisch und ungehalten ein. „Ich rede auch nicht davon, mit Pfeil und Bogen durch das Netz zu schießen. Ich habe noch nicht den Verstand verloren, Sinith!“
„Nein, das nicht.“ Kleinlaut bedauerte Sinith seinen plumpen Einwurf und Brokk die Erhebung seiner Stimme.
Brokk konnte es nicht ertragen, seinen Freund so bedrückt zu sehen. Zuversichtlich klopfte er seinem Kameraden auf die hängenden Schultern.
„Ich weiß, dass wir uns vor den Hexen verstecken müssen. Aber essen müssen wir auch.“
Ein weiteres Mal trafen sich schweigend die Blicke in den Flammen ihres Lagerfeuers. Brokk driftete mit seiner Sorge ab. Er sah schon viel weiter und sah etwas auf sie zukommen, von dem sein Freund Sinith nicht einmal was ahnte.
Den älteren Zwerg, auch wenn es nur Tage waren, beschäftigte ein weit größeres Problem, das sein Wegbegleiter wohl noch nicht erkannte, weil es ihm entweder noch nicht aufgefallen war oder auch nebensächlich erschien. Das Erstere schien wohl eher zuzutreffen, denn Sinith war im Wesen einfach unbeschwert. Arglos und gutgläubig ging er durch sein Zwergenleben. Darum musste er besonders auf seinen Freund achten. Auch Sorgen nahm er ihm ab, indem er ihn auf vieles nicht hinwies, um seinen Geist zu schützen.
An Brokk aber nagte der Kummer bis in seinen Bauch. In seiner Umsichtigkeit stellte er fest, dass sie in Kürze erkranken würden. Er löste seine matten Augen vom Feuer und sah auf den erschlafften Salzsack, der an Gunduars Sattel hing. Brokk hatte keine Ahnung, wie es ohne das nahrhafte Salz weitergehen sollte. Denn ohne grobes Salz konnten sie nicht leben … Mit demGedanken, dass er auf keinen Fall einschlafen durfte, ohne das schützende Netz auszuwerfen, ermüdete ihn kurz darauf das Starren ins Feuer doch sehr. Das flackernde Licht und das gleichbleibende Knistern des Holzes ließen ihn schläfrig werden und zwangen ihn, seine Augen zu schließen.
Auf so eine müßige und achtlose Gelegenheit hatte Fedora-Astarte nur gewartet. Die böse Hexe hielt sich nicht unmittelbar in der Nähe der Zwerge auf. Nein, das brauchte sie nicht, um ihr falsches Spiel zu spielen. Von ihrem Wurmberg aus konnte sie einen anderen Zugang gekonnt nutzen, den sie schon in der ersten Nacht erschuf, als sie die Zwerge heimsuchte.
Am Rand ihres Wurmbergs stand Fedora-Astarte in einem von ihr angeordneten aufkommenden Wirbelsturm. Der starke Wind umgarnte sie und ließ ihre schwarzen Kleider bedrohlich flattern. Ihre langen Haare schlugen ihr wie Peitschenhiebe durchs Gesicht und ihre rot-gelben Augen funkelten durch die Haarsträhnen hindurch und glitten über die Baumspitzen zu einer bestimmten Stelle. Böse legte sie mit einem hämischen Lächeln ihre faulen schwarzen Zähne frei, als sie das gefunden hatte, wonach sie suchte. Die bucklige alte Hexe streckte ihren Arm aus und zeigte mit ihrem gelben langen Fingernagel auf eine Stelle mitten im Wald und verband sich telepathisch mit Sinith, dem ahnungslosen, friedlich schlafenden Zwerg. Sie lachte schallend und grässlich laut, bevor sie ganz ernst wurde und ihre sonst garstige Stimme einen schwingenden und fast zärtlichen Unterton bekam:
„Sinith. Siinniithh“, lockte sie mit weicher Stimme das Unterbewusstsein aus dem Zwerg heraus.
„Komm, mein kleiner Freund. Hier bin ich.“ Jugendliches helles Lachen folgte ihrer Aufforderung. Das tiefe Innere von Sinith löste sich von seinem schlafenden Körper und stellte sich neben den am Boden liegenden eigenen Körper. „Siinniithh“, erschallte die Frauenstimme vom Waldrand her. Mit roten Wangen und wirren Umdrehungen suchte er nach der Verlockung.
„Hier bin ich. Such mich doch …!“ Wieder hörte man ein glucksendes Lachen. Sinith lief in den Wald und
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