Literaturgeschichte der USA
entwickelt sich zu einem Kampf ums Überleben als Angestellter in der Firma. Ebenfalls eine enge Beziehung zum Film besitzt der Dramatiker, Skriptautor und Schauspieler
Sam Shepard
(geb. 1943), der Drehbücher zu Filmen wie Michelangelo Antonionis
Zabriskie Point
(1970) und Wim Wenders’
Paris, Texas
(1984) neben einer Vielzahl von erfolgreichen Dramen wie
True West
(1980) oder das 1985 von Robert Altman verfilmte
Fool for Love
(1983) verfasste.
Wie im Drama spiegelt sich auch in der Lyrik der Nachkriegsära eine generelle Aufbruchs- und Proteststimmung. Eine radikale Erneuerung der amerikanischen Lyrik erfolgt mit der sogenannten Beat Generation, zu der neben dem Romanautor
Jack Kerouac
(1922–1969) mit seiner «road novel»
On the Road
(1951) die Lyriker
Lawrence Ferlinghetti
(geb. 1919) und
Allen Ginsberg
(1926–1997) zählen. Vor allem Ginsberg, der sich selbst in der Tradition sexueller Lyrik von Walt Whitman sieht, provozierte mit seiner direkten homosexuellen Thematik im Gedicht «Howl» – «Geheule» – (1956) bewusst das Establishment. Ganz im Einklang mit dem Zeitgeist der Beatgeneration verwebt Ginsberg Protest, Drogenkonsum und extrovertierte Sexualität zu einer explosiven Mischung, wie bereits die Eingangsverse zu «Howl» verdeutlichen:
I saw the best minds of my generation destroyed by madness, starving hysterical naked,
dragging themselves through the negro streets at dawn looking for an angry fix,
angelheaded hipsters burning for the ancient heavenly connection to the starry dynamo in the machinery of night […][ 101 ]
Ich sah die besten Köpfe meiner Generation vom Wahn zerstört hungrig hysterisch nackt
im Morgengrauen durch Negerstraßen irrend auf Suche nach einer tüchtigen Spritze
Süchtige mit Engelsköpfen lustentbrannt nach uralter sphärischer Verbindung zum Sterndynamo in der Maschinerie Nacht […][ 102 ]
Besonders die vordergründige Beschreibung von Homosexualität und homosexuellen Praktiken in Passagen wie «who let themselves be fucked in the ass»[ 103 ] brachte dem Verlag Lawrence Ferlinghettis, in dem «Howl» erschienen war, Klagen wegen Verbreitung von Obszönitäten ein und war der Auslöser, dass sich um diesen Text eine Kontroverse entspann, die weitüber die engen Zirkel der Literatur hinausgetragen wurde. Die unkonventionelle Lebens- und Schreibweise der Beatniks, die von ausgelebter Sexualität und exzessivem Drogenkonsum geprägt war, hatte damit in vieler Hinsicht einen maßgeblichen Einfluss auf die Befreiungskultur der 1960er Jahre.
Weniger provokant sind demgegenüber die lyrischen Arbeiten der sogenannten Black Mountain School mit
Denise Levertov
(1923–1997),
Charles Olson
(1910–1970) und
Robert Creeley
(1926–2005) oder die oft akademisch anmutenden Gedichte
John Ashbery
s (geb. 1927). Mit
Self Portrait in a Convex Mirror
(1975) behandelt Ashbery repräsentationstheoretische Anliegen der postmodernen Lyrik, indem er das ungewöhnliche Selbstportrait des Renaissancemalers Parmigianino, das den Maler in einem verzerrenden konvexen Spiegel zeigt, als Ausgangspunkt seiner Überlegungen im Gedicht heranzieht.
Der Übergang von Modernismus zu Postmodernismus ist nicht nur in den Gattungen Drama und Lyrik fließend, sondern auch im Roman nicht wirklich eindeutig festzumachen. So trug bereits in den 1950er Jahren
Ralph Ellison
(1914–1994) mit dem afro-amerikanischen Roman
Invisible Man
(1953) zur Erneuerung des Genres bei. Der Icherzähler und Protagonist erzählt aus einem von 1361 Glühbirnen hell erleuchteten, vom Rest der Welt vergessenen Untergrundkellerraum, in dem er sich häuslich eingerichtet hat, seine Lebensgeschichte als intelligenter Schwarzer im weißen Amerika der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Der Handlungsort und die Erzählperspektive erinnern an Fjodor Dostojewskis Kurzroman
Aufzeichnungen aus dem Kellerloch
(1864). Die Biographie des afro-amerikanischen Erzählers umfasst dessen Jugend als Klassenbester seines Jahrganges im tiefen Süden der USA, seinen Ausschluss von einem College für Schwarze, seine gewerkschaftlichen Aktivitäten als New Yorker Fabrikarbeiter bis hin zu Rassenunruhen in Harlem. Der Icherzähler erlebt, dass Schwarze, wenn sie auch für die weiße amerikanische Kultur unsichtbar sind – daher der Titel
Invisible Man
–, dann doch für die Selbstdefinition weißer Identität einen essentiellen Bestandteil darstellen. So erkennt der Protagonist in einer zentralen Passage während der Arbeitin einer
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