Literaturgeschichte der USA
verwendet Hemingway – ähnlich wie Gertrude Stein – wiederholende, teilweise gespiegelte Elemente auf der Satzebene, die ein vielfältiges Netzwerk von klammerartigen Verschachtelungen ergeben.
John Steinbeck
(1902–1968) kehrt in seinen Romanen ebenfalls zu scheinbar traditionellen Erzählformen zurück. Dem Anliegen der «red thirties» verpflichtet, erzählt Steinbeck in seinem bedeutendsten Roman
The Grapes of Wrath
(1939) die Geschichte der Joad-Familie, die aufgrund von durch Bodenerosion verursachten Ernteausfällen ihr Land in Oklahoma verlässt und ihr Glück in Kalifornien versucht. Ihre Reise in den vermeintlich Goldenen Westen wird aber zu einer Umkehrung des amerikanischen Traums, der in Desillusionierung und absoluter Existenzgefährdung endet. Gemeinsam mit der Filmversion wird Steinbecks Roman zu einem Klassiker über die Kehrseite des Mythos vom Willen zu harter Arbeit und Aufbruchsgeist, der das amerikanische Selbstverständnis seit seinen Anfängen dominiert hatte.
Neben dem Roman hat sich das neu entstandene Drama ebenfalls soziopolitischer und ökonomischer Fragen angenommen. Hierzu gehören die sozialen Dramen der 1930er Jahre wie das Streikaufrufstück
Waiting for Lefty
(1935) von
CliffordOdets
(1906–1963). Über seine vordergründig politische Stoßrichtung hinaus, die anhand eines Taxifahrerstreiks behandelt wird, experimentiert das Stück mit der Illusion einer in sich geschlossenen Theaterwelt auf der Bühne. Indem Odets Schauspieler unter den Theaterbesuchern positioniert und diese im Verlauf des Stückes auf Kommentare der Figuren auf der Bühne reagieren lässt, verwischt er zunehmend die Grenze zwischen Theaterwelt und Wirklichkeit. Ebenfalls im weitesten Sinn soziopolitisch orientiert sind die feministischen Stücke von
Lillian Hellman
(1905–1984) wie
The Children’s Hour
(1934), das die Gerüchte rund um eine angeblich lesbische Beziehung zweier Lehrerinnen und deren Stigmatisierung durch die Gesellschaft thematisiert.
Bevor sich aber in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts das absurde und postmoderne Theater entwickelt, wurde sich das Drama in der Jahrhundertmitte nochmals seiner realistischen und modernistischen Wurzeln bewusst. Hierzu gehören Dramen wie
Thornton Wilder
s (1897–1975)
Our Town
(1937), das in zwei Akten das Alltagsleben einer amerikanischen Kleinstadt in den Jahren 1901 und 1913 darstellt. Bemerkenswert ist, dass beide Akte durch einen «stage director» eingeleitet bzw. kommentiert werden. Dadurch erreicht Wilder eine absichtliche Durchbrechung der Theaterillusion, die stark an Brechts Verfremdungseffekt erinnert.
Eine ähnliche Technik wendet auch
Tennessee Williams
(1911–1983) in seinem psychologischen Dramenklassiker
The Glass Menagerie
(1944) an, indem er Tom als Erzähler in einer Art Rahmenhandlung einsetzt. Tom «erinnert» sich im Stück an Szenen mit seiner körperlich behinderten Schwester Laura, deren Isolation von der Umwelt durch eine Glasfigurensammlung versinnbildlicht wird, mit der sie sich umgibt. Als ein Jugendschwarm Lauras bei einem von Lauras Mutter arrangierten Besuch ein gläsernes Einhorn zerbricht, Laura küsst und ihr dann seine Verlobung mit einer anderen Frau gesteht, bricht die Scheinwelt der Familie im wahrsten Sinn zusammen.
Auch Williams’ in episodische Szenen gegliedertes Psychodrama
A Streetcar Named Desire
(1947) zeichnet die Dynamikvon Familie und Sexualität anhand eines ausgedehnten Besuchs von Blanche Du Bois bei ihrer Schwester in New Orleans nach. Die Interaktion mit dem machistischen Schwager – er wird in der erfolgreichen Filmversion vom jungen Marlon Brando verkörpert – konfrontiert Blanche mit ihrem unrühmlichen, verlogenen Liebesleben, was aufgrund ihrer psychischen Labilität zu einem Nervenzusammenbruch und zur Einweisung in die Psychiatrie führt.
Als dritter großer Dramatiker der Spätmoderne gilt
Arthur Miller
(1915–2005) mit dem Klassiker
Death of a Salesman
(1949), der den ökonomischen Erfolgsdruck in der amerikanischen Mittelklasse über die Figur des alternden Handlungsreisenden Willy Loman eindrucksvoll exemplifiziert. Anhand von «stream of consciousness»-artigen Techniken wird die Verzweiflung Willys dargestellt, der seinem Leben durch einen als Autounfall getarnten Selbstmord ein Ende bereitet, um durch eine Lebensversicherung Geld für die Familie zu erwirken.
Ebenfalls mit dem amerikanischen Traum im weitesten Sinn verknüpft ist das im puritanischen Neuengland
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