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Literaturgeschichte der USA

Literaturgeschichte der USA

Titel: Literaturgeschichte der USA Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Klarer
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den USA gezählt werden. Wegbereiter dieser am Modernismus orientierten, aber bewusst über ihn hinausgehenden Strömung ist der aus Russland stammende, nach Amerika emigrierte
Vladimir Nabokov
(1899–1977). Nabokovs Romane zeichnen sich durch akademische Selbstbezüge und literarische Verfremdung aus. Sein Roman
Pale Fire
(1962) verwendet z.B. die Struktur einer Textedition eines 999 Verse umfassenden Gedichts des fiktiven Autors John Shade, das wiederum vom fiktiven Herausgeber Charles Kinbote ediert und kommentiert wird. Dadurch bricht Nabokov einerseits Gattungsgrenzen zwischen Roman und Lyrik auf, andererseits verfremdet er aber auch die Trennlinie zwischen Primär- und Sekundärliteratur. Stilelemente des Modernismus, wie wir sie in Eliots
The Waste Land
finden, führt Nabokov konsequent und fast akademisch weiter.
    Ein breiter Erfolg gelang Nabokov mit dem Roman
Lolita
(1955), der die psychisch abnorme Liebesbeziehung zwischen dem alternden Universitätsprofessor Humbert Humbert und seiner anfänglich erst 12-jährigen Stieftochter Dolores als Icherzählung wiedergibt. Humbert, dessen pädophile Neigung auf eine nicht verarbeitete Jugendliebe zurückgeht, zieht nach dem Tod der Mutter des Mädchens zwei Jahre unter dem Deckmantel einer Vater-Tochter-Beziehung mit Dolores als seiner Gefährtin durch die USA. Dolores brennt schließlich mit einem das Paar verfolgenden Verleger durch. Humbert trifft Jahre später auf die inzwischen von ihrem neuen Partner schwangere Dolores und erfährt von ihr die Identität des Fluchthelfers, den er daraufhin tötet.
    Auch in diesem Roman finden sich die für die Postmoderne typisch werdenden literarisch selbstreflexiven Elemente. Humbert ist Literaturprofessor, der Fluchthelfer Lolitas ein Verleger und die Erzählung Humberts im Gefängnis nach dem begangenen Mord wird wie in
Pale Fire
von einem fiktiven Herausgeber ediert. Nicht zuletzt die detailliert geschilderte Innenperspektive eines pädophilen Protagonisten ließ in den USA Verleger anfänglich von einer Publikation absehen. Erst über den Umwegder europäischen Publikation und Rezeption hatte
Lolita
Erfolg in den USA.
    Zu Nabokovs bedeutendsten Schülern zählt
Thomas Pynchon
(geb. 1937), der Elemente seines Lehrers aufnimmt, diese aber auf eigenwillige Art und Weise literarisch verarbeitet. Pynchon teilt mit seinem Zeitgenossen J. D. Salinger dessen Scheu vor der Außenwelt. Die einzigen Male, an denen Pynchon öffentlich in Erscheinung trat, sind einige Episoden der TV-Serie
The Simpsons
, in denen er einer Cartoonfigur mit einer Papiertüte über dem Kopf seine Stimme lieh.
    Pynchons Romane und Kurzgeschichten mit ihren selbstreferentiellen und metafiktionalen Zügen sowie ihren paradox anmutenden Handlungsverläufen und Handlungsstrukturen gelten als Paradebeispiel postmodernen Erzählens, das eindimensionaler Interpretation oder Deutung zuwiderhandelt. So wird in
The Crying of Lot 49
(1966) die Protagonistin Oedipa Maas mit einer Untergrundorganisation aus dem 18. Jahrhundert konfrontiert, deren Existenz durch kryptische, über die Stadt verteilte Zeichen und Schilder angedeutet ist. Das Buch endet, als Oedipa schließlich nach einer Vielzahl von Treffen mit exzentrischen Figuren in einer Versteigerung das «lot 49», eine Briefmarkensammlung, erwerben will, die Aufschluss über die Geheimorganisation geben könnte. In seinen paradoxen und enigmatischen Handlungselementen nimmt Pynchons
The Crying of Lot 49
Filme und TV-Serien des ausgehenden 20. Jahrhunderts wie z.B. David Lynchs
Twin Peaks
vorweg.
    Eine andere, oft verspielte Variante des postmodernen Erzählens in Amerika praktiziert der aus Frankreich stammende
Raymond Federman
(1928–2009), der als Kind von seiner Mutter im letzten Moment in einem Kasten versteckt und so vor dem Konzentrationslager gerettet wurde, während der Rest der jüdischen Familie den Nationalsozialisten zum Opfer fiel. Seine besonders in Deutschland rezipierten Romane kreisen in Variationen um dieses zentrale Erlebnis des Überlebens im Versteck.
    Auch die Kriegserfahrung des Zweiten Weltkriegs, des Koreakriegs und des Vietnamkriegs zieht sich durch die Romane der amerikanischen Literatur. Wie stark die postmoderne Prosavom Schrecken des Zweiten Weltkrieges geprägt ist, zeigt der Roman
Slaughterhouse-Five
(1969)
Kurt Vonnegut
s (1922–2007), der darin seine persönlichen Erlebnisse als amerikanischer Soldat und Überlebender des Massenbombardements Dresdens literarisch

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