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Little Brother

Little Brother

Titel: Little Brother Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Land ist nirgends stärker gefährdet als hier in der Heimat. Sei es, dass wir von Terroristen angegriffen werden oder von jenen, die mit ihnen sympathisieren."
    Ein Reporter hob die Hand und fragte: "General Sutherland, sie wollen doch sicherlich nicht behaupten, dass diese Kinder, bloß weil sie eine Party im Park besucht haben, Terror-Sympathisanten sind?"
    "Natürlich nicht. Aber wenn junge Menschen unter den Einfluss der Feinde unseres Landes geraten, wächst ihnen so eine Sache schnell über den Kopf. Terroristen würden liebend gern eine fünfte Kolonne rekrutieren, die für sie den Krieg an der Heimatfront führt. Wären dies meine Kinder, ich würde mir ernsthaft Sorgen machen."
    Ein anderer Reporter griff den Faden auf. "Aber wir reden hier lediglich von einem Open-Air-Konzert, General. Es fand wohl kaum Drill mit Gewehren statt."
    Der General holte einen Stoß Fotos hervor und begann sie emporzuhalten. "Dies sind Fotos, die Beamte mit Infrarot-Kameras aufgenommen haben, bevor sie dort vorrückten." Er hob sie zu seinem Gesicht empor und blätterte eins nach dem anderen auf. Es waren wild tanzende Menschen zu sehen, so wild, dass sie andere umrempelten oder auf sie traten. Dann folgten Sex-Szenen bei den Bäumen, ein Mädchen mit drei Typen, zwei knutschende Jungs. "Bei diesem Event waren Kinder anwesend, die teilweise nicht älter als zehn Jahre waren. Ein tödlicher Cocktail aus Drogen, Propaganda und Musik hat zu Dutzenden Verletzten geführt. Es grenzt an ein Wunder, dass keine Toten zu beklagen sind."
    Ich schaltete den Fernseher aus. Sie stellten es dar, als wäre es ein Aufstand gewesen. Wenn meine Eltern ahnten, dass ich auch dort war, würden sie mich einen Monat lang ans Bett binden und mich hinterher nur noch mit einem Funkhalsband wieder rauslassen.
    A propos: sie würden ziemlich angepisst sein, wenn sie rausfanden, dass ich freigestellt war.
    Sie nahmen es jedenfalls nicht gut auf. Dad wollte mich zur Schnecke machen, aber Mom und ich konnten es ihm noch ausreden.
    "Du weißt genau, dass dieser Konrektor es schon seit Jahren auf Marcus abgesehen hat", sagte Mom. "Als wir ihn das letzte Mal sprachen, hast du hinterher eine Stunde lang über ihn geflucht. Ich erinnere mich, dass mehrfach das Wort ,Arschloch' gefallen ist."
    Dad schüttelte den Kopf. "Den Unterricht zu unterbrechen, um gegen die Heimatschutzbehörde zu wettern..."
    "Es ist ein Gesellschaftskunde-Kurs, Dad." Mir war mittlerweile alles egal, aber ich fand, wenn mir Mom schon in die Bresche sprang, dann sollte ich sie nicht hängen lassen. "Wir haben über das DHS gesprochen. Ist Diskutieren denn nichts Gutes mehr?"
    "Hör mal, Sohn", sagte er. In letzter Zeit sagte er viel zu oft "Sohn" zu mir. Fühlte sich an, als ob er aufgehört hätte, mich als Person zu betrachten, und mich stattdessen als so ne Art halbfertige Larve sah, die Führung und Anleitung beim Entpuppen brauchte. Ich hasste das. "Du wirst dich endlich an die Tatsache gewöhnen müssen, dass wir heute in einer veränderten Welt leben. Du hast selbstverständlich immer noch das Recht, deine Meinung zu äußern, aber du musst bereit sein, die Konsequenzen daraus zu tragen. Du musst endlich begreifen, dass es da draußen Leute gibt, die leiden und die nicht gewillt sind, die Feinheiten des Verfassungsrechts zu diskutieren, während ihr Leben bedroht ist. Wir sitzen jetzt im Rettungsboot, und wenn man im Rettungsboot sitzt, will niemand was darüber hören, wie gemein der Käptn ist."
    Viel fehlte nicht, und ich hätte mit den Augen gerollt.
    "Na, jedenfalls habe ich die Aufgabe, zwei Wochen lang unabhängig Studien zu treiben und in jedem Fach einen Aufsatz zu schreiben, der die Stadt als Hintergrund hat - einen Aufsatz in Geschichte, einen in Gesellschaftskunde, einen in Englisch und einen in Physik. Ist allemal besser, als tagsüber vor der Glotze zu hängen."
    Dad sah mich prüfend an, als erwarte er, dass ich auf irgendwas hinauswolle, dann nickte er. Ich sagte ihnen Gute Nacht und verzog mich in mein Zimmer. Dort warf ich die Xbox an, startete eine Textverarbeitung und fing an, Ideen für meine Aufsätze zu sammeln. Warum auch nicht? Das war wirklich besser, als bloß daheim herumzusitzen.
    Letztlich chattete ich dann die halbe Nacht mit Ange. Sie war voll auf meiner Seite und sagte, sie würde mir bei den Aufsätzen helfen, wenn ich sie nach der Schule am nächsten Abend sehen wolle. Ihre Schule kannte ich - es war dieselbe, auf die Van ging -, sie war ganz drüben

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