Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
dumm und hinterhältig, aber sie sind immer noch Geschäftsleute. Geld regiert die Welt. Und was du da in der Hinterhand hast, könnte sie teuer zu stehen kommen. Wenn wir ihnen die Chance geben, ihre Verluste einzudämmen, werden sie sich darauf einlassen.«
»Aber wird Johnstone es mir denn nicht heimzahlen wollen, wenn man sie feuert?«
»Das werden sie nicht. Welche Gründe auch immer für ihre Entlassung sprechen: Du kannst davon ausgehen, dass sie auch eine Menge guter Gründe gesammelt hat, die dagegensprechen. Die Frau hat den Überlebensinstinkt einer Küchenschabe. Sie wird erst dann gehen, wenn sie es für richtig hält. Auch von der Army wurde sie erst gefeuert, als es ihr in den Kram gepasst hat und Zyz sie mit offenen Armen erwartete. Sie hat sich feuern lassen. «
»Klingt fast so, als ob du sie bewunderst.«
»Auf Carrie Johnstone würde ich jederzeit pissen, es sei denn, sie steht gerade in Flammen.« Die Antwort kam völlig ungerührt und wie aus der Pistole geschossen. »Aber wenn du die Augen vor allen neuen Erkenntnissen verschließt, bloß weil dir dein Lehrer nicht passt, wirst du nie was dazulernen. Ich habe für jede Lektion, die Carrie Johnstone mir erteilt hat, teuer bezahlt, und jetzt will ich auch was haben für mein Geld.«
In Mashas Gegenwart fühlte ich mich immer hin und her gerissen. Auf der einen Seite war da mein altes Ich, der nette, kleine Marcus mit seinem netten, kleinen Leben, der sich um Jobs bewarb und sein elektronisches Spielzeug bastelte. Auf der anderen Seite das Leben, das ich führen würde, falls ich Mashas Beispiel folgte: ein Leben in Armut, der Geheimhaltung und Gewalt – ein Leben, das aber auch Macht, Stärke und Abenteuer versprach. Ich könnte einfach verschwinden und zu einem Geist, einer Legende werden; ein Flüchtling, der dem System nichts mehr schuldet und ihm bloß noch gibt, was es verdient hat.
Denn war das System nicht das eigentliche Problem? Egal, wen wir wählten, die Regierung schien immer die Oberhand zu behalten und uns ihren Willen aufzuzwingen. Was für einen Sinn hatte es, mich meinen Tagträumen von demokratischem Wandel und Gerechtigkeit hinzugeben, wenn die wahren Entscheidungen im Verborgenen getroffen wurden; ausgehandelt im Flüsterton in irgendwelchen Geheimbunkern, besiegelt mit Umschlägen voller Geld, die sich nie zurückverfolgen ließen.
Als Masha aufstand, erschrak ich darüber, wie langsam und mühsam sie sich bewegte. Offenbar war sie gesundheitlich schwer angeschlagen und hatte große Schmerzen. Sie musste sich an der Wand abstützen, um das Gleichgewicht zu halten.
»Hilf mir doch mal.«
Ich eilte an ihre Seite und ließ sie den Arm um meine Schultern legen. Als sie ihr Gewicht auf mich verlagerte, wankte ich wegen der Belastung kurz. Ihr Haar kitzelte meine Wange. Ein wenig roch es noch nach Färbemittel, ein Geruch, der mich an meine frühe Jugend erinnerte, als ich einmal die Woche eine neue Haarfarbe ausprobiert hatte. Als ich noch geglaubt hatte, ich könne meine Persönlichkeit, meine Gefühle mit meiner Frisur ausdrücken.
»Na los«, sagte sie. »Schlagen wir ihnen einen Deal vor, bevor sie die schwarzen Helis losschicken und dir den Hintern wegschießen.«
»Ich hab nicht gesagt, dass ich mit einem solchen Deal einverstanden wäre.« Hätte ich Masha nicht gestützt, wäre sie glatt umgefallen. Mein erster Eindruck hatte mich getäuscht: Sie war federleicht. Eigentlich war unter den weiten Trainingsklamotten kaum noch was von der früheren Masha übrig.
»Und wie sähe dein eigener Plan aus, wenn ich fragen darf?«
»Schon gut. Ich hol nur kurz mein Rad.«
»Vergiss das Rad. Wenn’s abgeschlossen ist, kannst du’s auch später noch holen. Und wenn nicht, freut sich jemand anderes drüber. Ruf uns ein Taxi. Ich hab Geld.«
Mom und Dad hatten mir eine Nachricht hinterlassen: Sie trafen sich mit ihrem Steuerberater und würden erst zum Abendessen wieder daheim sein. Während Masha unter der Dusche war, durchstöberte ich den Kühlschrank. Dann gingen wir mit Käse und Keksen auf mein Zimmer, wo ich mich aufs Bett setzte und zuschaute, wie sie mit vollem Mund zu tippen anfing. Als sie fertig war, drehte sie sich schwungvoll auf meinem Stuhl um, sodass kleine Tröpfchen aus ihrem nassen Haar auf ihr T-S hirt regneten. »Erledigt. Nun können wir nur noch abwarten. Ich habe ihnen eine Stunde gegeben, also werden sie wahrscheinlich zwei brauchen, um sich zu melden.«
»Mir schmeckt es immer noch nicht,
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