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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Charaktere, die ihr spielen könnt. Wird nur ein kurzes Spiel, bis der Sturm nachlässt.«
    John brachte uns ein paar Kissen und setzte sich in vorbildlichem Lotussitz dazu. Wir nahmen Platz. Wil gab uns unsere Charaktere – ich war ein Halbelfen-Magier, Ange eine Barbarin mit einem magischen Schwert – und wühlte dann in einer Dose, bis er zwei handbemalte Bleifiguren fand, die zu unseren Charakteren passten. »Von meinem Sohn«, sagte er. »Früher habe ich ihm noch geholfen, mittlerweile bemalt er sie wie am Fließband.« Ich schaute mir die Figuren genauer an: Sie waren echt der Hammer, unglaublich detailgetreu, feiner ausgearbeitet, als ich bei dem Schummerlicht in der Jurte überhaupt erkennen konnte. Meine hatte geheimnisvolle silberne Runen auf ihrer Robe, und Anges Figur trug ein Kettenhemd aus dunklem Silber, jeder einzelne Ring mit einem winzigen schwarzen Punkt in der Mitte.
    »Die sind echt krass.« Ich hatte Tischrollenspiele immer für altmodisch und etwas kleinkariert gehalten, aber wenn jemand so Talentiertes derart viel Liebe hineinsteckte, gab ich der Sache auch eine Chance.
    Wil war ein klasse Spielleiter. Seine Stimme schlug mich richtig in Bann, während er uns in das Abenteuer einführte. Die anderen hörten aufmerksam zu und rissen nur gelegentlich einen Spruch, bei dem dann irgendwer losprustete. Ich bekam den Eindruck, dass sie sich schon ziemlich lange kannten, und als wir nach einer Weile eine Pause machten, um eine Runde Tee mit echter Minze zu trinken – sie hatten wirklich an alles gedacht! – , sprach ich sie darauf an.
    Da grinsten sie peinlich berührt. »Es ist so eine Art Klassentreffen«, meinte Mitch. »Vor langer Zeit haben wir mal zusammengearbeitet.«
    »Hattet ihr eine Firma?«
    Da lachten sie wieder. Mir war klar, dass ich auf der Leitung stand. »Hast du schon mal was von der Electronic Frontier Foundation gehört?«, fragte Wil. Und ob ich das hatte! Und endlich fiel bei mir der Groschen, eine Sekunde, ehe er sagte: »Die Jungs da waren die Gründer.«
    »Moment mal – du bist John Perry Barlow? « Der Mann mit dem Halstuch nickte und grinste wie ein Pirat. »Dann bist du John Gilmore?« John zuckte die Achseln und hob eine Braue. »Und du Mitch Kapor?« Der Mann mit dem Knebelbart winkte kurz. Ange schaute etwas verdattert drein. »Ange, die haben die EFF gegründet. John hier hat den ersten Internetanbieter in San Francisco hochgezogen, Mitch die ersten Tabellenkalkulationsprogramme auf den Markt gebracht, und Barlow hat die Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace verfasst.«
    Barlow lachte wie ein Zementmixer. »Und teraliterweise Abwasser mit Algen in Gigaliter Biosprit verwandelt. Ich hab auch ein, zwei Songs geschrieben, wo wir schon davon reden.«
    »Stimmt«, sagte ich. »Er war mal Texter für Grateful Dead.«
    Ange schüttelte den Kopf. »Klingt ja wie die Großen Alten des Internet.«
    »Das mit dem alt nimmst du aber zurück«, sagte Mitch und nippte an seinem Tee. »Ansonsten scheint ihr eure Hausaufgaben ja gemacht zu haben.«
    Ich wurde rot. Ein paarmal schon hatten mich hier Leute als M1k3y erkannt und mich darauf angesprochen, wie sehr sie mich doch bewunderten und so weiter, und mir war das total peinlich gewesen. Doch jetzt wollte ich, dass diese drei wussten, wer ich war, fühlte mich aber außerstande, es zu erzählen, ohne vor diesen Ikonen des Netzes wie ein Angeber dazustehen. Wieder war es Ange, die mich rettete. »Marcus und ich haben mal mit ein paar Leuten von der EFF gearbeitet. Er hat das Xnet gegründet.«
    Da lachte Wil lauthals auf. »Das warst du? « Er verstellte die Stimme und machte einen auf harten Detektiv. »Bei all diesen Jurten in der Wüste musste er ausgerechnet in meine kommen.«
    Mitch hielt mir die Hand hin. »Ist mir eine Ehre, Sir.« Ich ergriff seine Hand und wusste nicht recht, was ich sagen sollte. Die anderen taten es ihm gleich. Ich war wie benebelt, und als John meinte, dass er meine »Arbeit wirklich bewundert« habe, dachte ich, ich müsste platzen vor Stolz.
    »Es reicht!«, unterbrach Ange. »Ich krieg ihn ja nicht mehr zur Tür raus, wenn sein Kopf weiter so anschwillt. Also, wollen wir hier Kaffeekränzchen halten oder ein paar verdammte Monster plätten?«
    »Deine Einstellung gefällt mir«, sagte Wil, blätterte durch seine Unterlagen und legte ein paar Kartensegmente auf das Millimeterpapier auf dem Tisch. Ange stellte sich als meisterhafte Strategin heraus – was mich nicht weiter überraschte, die

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