Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Details, das mir nun ins Auge sprang: Zyz leistete sich mittlerweile nämlich einen 1a-Sicherheitsschef mit jahrelanger Erfahrung beim Militär und Heimatschutz – Carrie Johnstone.
»Ach du Scheiße«, sagte ich.
»Genau«, meinte Ange. »Deshalb sind die auch so nervös. Das hier ist ihr großer Schachzug. Erst haben sie billig all die Schulden bereits völlig kaputter Kids aufgekauft. Wenn sie jetzt noch an die Häuser der Eltern kommen, machen sie Millionen – Hunderte von Millionen.«
»Was würde passieren, falls wir das öffentlich machen?«
» Falls wir das öffentlich machen? Was soll das heißen, ›falls‹?« Sie schaute mich an, als ob mir gerade ein zweiter Kopf gewachsen wäre.
»Ange«, sagte ich und hob abwehrend die Hände, »du hast es doch selbst gelesen. Die kennen mich jetzt. Sie wissen, dass ich derjenige bin, der die Leaks von Masha bekommen hat. Wenn das hier jetzt veröffentlicht wird … «
»Wie bitte? Marcus, das sind verrückte Kriminelle. Du kannst dir keine Sicherheit erkaufen, indem du ihr Spiel mitspielst. Wenn es denen passt, sacken sie dich einfach wieder ein. Und was wird aus Masha? Diese Hacker, die dich überwacht haben, sind vielleicht Spinner, aber in einem haben sie recht: Masha hat darauf vertraut, dass du ihre Versicherung bist. Stattdessen hast du deine Zeit damit verbracht, Beweise zu katalogisieren … «
»Moment mal – ich habe meine Zeit damit verbracht? Du doch genauso, Ange! Wir waren uns alle einig, dass wir die Dokumente erst sichten, bevor wir sie veröffentlichen – damit wir wissen, woran wir sind, und uns eine Strategie überlegen können … «
»Marcus, das war’s, was du wolltest, und deshalb haben wir’s so gemacht. Eigentlich gab’s aber keinen Grund dafür, dass du den Torrent samt Schlüssel nicht einfach getwittert und den Leuten gesagt hast: › LADET DAS SOFORT RUNTER . DARIN IST HAUFENWEISE KRIMINELLES ZEUG .‹ Wie viele Follower hast du, um die zehntausend? Wenn du das getan hättest, wäre der File mittlerweile unangreifbar.«
»Masha ist das leider nicht«, gab ich zu bedenken.
»Du weißt doch nicht mal, ob sie nicht mit denen zusammenarbeitet … «
»Ange, ich bitte dich, du widersprichst dir doch selbst. Gerade noch erzählst du mir, wie übel ich bin, weil ich die Docs bloß sichte, statt Masha zu retten. Und jetzt sagst du: Ist doch ganz egal, ob Masha in Gefahr schwebt, schließlich könnte sie ja selbst zu den Bösen gehören. Was denn nun?«
Ange schüttelte den Kopf. »Spielt jetzt keine Rolle. Worauf es ankommt, ist doch, dass du sofort was unternehmen könntest. Und stattdessen ziehst du hier deine ›Lauf im Kreis mit lautem Schrei’n‹-Nummer ab.«
»Ich möchte einfach einen Plan haben, bevor ich etwas unternehme, Ange. Was ist daran denn verkehrt?«
»Ich habe einen Plan für dich, Marcus. Schritt eins: Sag allen, wie sie an die Docs kommen. Schritt zwei: Es gibt keinen Schritt zwei.«
Ich saß in der Falle. Unsere Stimmen wurden immer lauter, und ich hatte Angst, wir würden Anges Mutter und Schwester aufwecken. Hätten wir in der Öffentlichkeit gestritten – im Park oder sonst wo – , hätte ich aufstehen und ein paar Schritte laufen können, bis ich mich beruhigt hatte. Es ging jetzt aber schon auf zwei Uhr morgens zu – wohin sollte ich da gehen? Natürlich machte mich das nur noch wütender.
»Klar, ist ja alles ganz leicht. Besonders, wenn du nicht diejenige bist, die man entführt und bedroht hat.«
Darauf war sie gefasst. »Glaubst du ehrlich, die wissen nicht, wer ich bin? Glaubst du, ich wäre nicht die Nächste auf ihrer Liste, wenn wir alles öffentlich machen? Marcus, mir ist egal, was mir passiert. Die Sache ist einfach zu wichtig, um meiner Sicherheit Vorrang zu geben. Viel zu wichtig. Hier geht’s nicht um mich!«
»Nett von dir, die Entscheidung gleich für mich mitzutreffen.«
»Ich hätte nicht gedacht, dass das nötig wird. Ich hätte erwartet, dass M1k3y das Richtige tut, bereit zu kämpfen, statt alles erst groß zu organisieren und sich abzusichern, ehe er handelt.«
Da war es heraus. Genau das, wovor ich mich gefürchtet hatte, und das ausgerechnet von dem Menschen, den ich mehr liebte und brauchte als irgendwen sonst auf der Welt. Es gibt nur eins, was noch schlimmer ist, als von diesem einen Menschen in der Luft zerrissen zu werden: es nicht besser verdient zu haben.
»Ange … «
»Vergiss es. Lass uns einfach schlafen gehen.«
Im Bett lagen wir wie zwei
Weitere Kostenlose Bücher