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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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kniff die Augen zusammen und versuchte, dieses klägliche Kratzen im Hals loszuwerden. Dann warf ich mir den Rucksack wieder um und lief los. Ich musste nach Hause und Kontakt mit Ange und Jolu aufnehmen, ihnen davon erzählen. Ihnen alles erzählen. Meine gebrochene Nase tat weh. Es war beinahe Mitternacht, und in ein paar Stunden sollte ich eigentlich auf der Arbeit sein und ein paar Vorschläge parat haben, wie man Joes Wahlkampf in einen »Wahlkampf 2.0« verwandeln konnte. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte.
    Vielleicht sollte ich einfach sagen, dass die Söldner meine Hausaufgaben gefressen hatten.
    Ich schaffte es nicht bis nach Hause. Stattdessen ging ich weiter Richtung Market, Hayes Valley und zu Ange. Unschlüssig stand ich vor ihrem Haus. Es war spät, alle Fenster waren dunkel, und der Akku in meinem Handy mittlerweile leer, sodass ich nicht mal anrufen konnte. Wenn ich klingelte, würde ich das ganze Haus aufwecken. Also würde ich wohl nach Hause gehen und die Nacht allein verbringen müssen. Schrecklicher Gedanke.
    Da ging mir auf, dass ich mich auch einfach kurz auf die Eingangsstufen setzen, mich mit dem Laptop in Anges WLAN einklinken und sie über Skype auf dem Handy anrufen konnte. Ein etwas umständlicher Weg, jemanden zu erreichen, der gerade zehn Meter von einem entfernt ist, aber auf genau die Art hatte ich auch schon mein eigenes Handy wiedergefunden, wenn ich es verlegt hatte. Anges Fenster musste wohl einen Spalt offenstehen, denn ich konnte ihren Klingelton bis auf die Straße hören – das Whusch-Whusch der TARDIS aus Doctor Who.
    »Wer ist da?« Anrufe via Skype wurden immer als »unbekannt« angezeigt.
    »Ich bin’s. Marcus. Ich bin unten. Lass mich rein.«
    »Wo unten?«
    »Hier unten. Direkt unter dir.« Ich hörte Geräusche, erst über die Lautsprecher meines Laptops und durchs Fenster, dann im Haus: Ange, die einen Bademantel anzog und die Treppe runterkam. Einen Augenblick später wurden die Riegel zurückgeschoben, die Türkette klapperte, dann öffnete sich die Tür, und sie stand vor mir. Mein PC gab ein schrilles Feedback von sich, als Ange mit ihrem Handy zu nahe kam, und beide unterbrachen wir rasch die Verbindung.
    »Marcus?«
    »Lass mich rein, okay?«
    Statt einer Antwort küsste sie mich auf den Mund, griff nach meiner Hand und zog mich hinein. Ich liebe Ange. Auf Zehenspitzen schlichen wir nach oben, doch ehe wir ihr Zimmer betraten, flüsterte ich: »Ist dein Computer an?«
    Sie legte fragend den Kopf schief. »Ja.«
    »Mach ihn bitte erst aus, ja?«
    Ich wartete vor ihrer Tür, bis sie zurückkam, ihren Laptop in der einen, den Akku in der anderen Hand.
    »Du solltest mir jetzt besser erklären, was eigentlich los ist.«
    Ich hätte ja gedacht, dass ich derjenige mit den großen Neuigkeiten war, doch ich hatte mich getäuscht.
    »Bist du dir sicher, dass dein Laptop wieder sauber ist?«, fragte Ange, als ich mit meiner Geschichte zu Ende war. Es war nicht gerade die Frage, die ich erwartet hatte.
    »Ja, mir geht’s gut, bin nur ein bisschen mitgenommen, danke der Nachfrage.«
    »Vergiss das jetzt mal. Ist dein Laptop wieder sauber? Kannst du damit gefahrlos ins Darknet?«
    Erst da fiel mir auf, was ich gleich hätte sehen sollen: Ange war genauso durch den Wind wie ich und nicht bloß wegen meiner Geschichte.
    »Was ist denn los?«
    »Ist. Dein. Laptop. Sauber … «
    »Ja doch«, sagte ich, klappte ihn auf und begann zu tippen.
    »Dann schau mal in die Docs. Such nach Zyz. Zett-Ypsilon-Zett.«
    »Was ist ein ›Zyz‹?«
    Doch sie schenkte mir nur ihren »keine dummen Fragen«-Blick. Also tippte ich.

10
    Zyz hieß noch nicht immer Zyz. Früher hieß das Unternehmen mal Fireguard Security; es war von einem Exec bei Halliburton gegründet worden. Halliburton war ein riesiger militärischer Zulieferer, der unseren Truppen in aller Welt erst zig Millionen Dollar für überteuerte, zweitklassige Dienstleistungen in Rechnungen gestellt hatte und später an mehreren technisch wie finanziell katastrophalen Ölbohrungen beteiligt gewesen war. Von der Ölpest im Golf von Mexiko hatte sich das dortige Ökosystem bis heute nicht erholt.
    Halliburton hatte einen »dynamischen, zielstrebigen jungen Vizepräsidenten« (so nannte das Fortune- Magazin ihn allen Ernstes) namens Chambers Martin, der das Unternehmen 2008 verließ und Fireguard gründete, das sofort ein Riesengeschäft damit machte, im Dienste der Army Halliburtons Nachschublieferungen im Irak und in

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