Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
Afghanistan zu sichern.
So weit, so gewöhnlich. Es gibt ja genügend Firmen, die den Steuerzahler für ihre Söldnerhorden haben bluten lassen. Fireguard bewachte Laster voller Twinkies auf ihrem Weg zu den Militärstützpunkten bei Falludscha oder Kandahar, die ein Mittelding zwischen einer Festung und einem Supermarkt waren. Die Army zahlte dem Unternehmen Unsummen dafür, dass es Uniformen reinigen ließ und sich um Internet und Pizza kümmerte.
Fireguard hatte aber weit höhere Ziele. Statt weiter bloß Steuergelder für schlecht ausgeführte Dienstleistungen einzustreichen, wurde es einfach selbst zur Bank. Konkret gaben die Leute Wertpapiere auf ihre künftigen Geschäfte mit der Regierung aus. Im einfachsten Fall sind solche Papiere eine Art Darlehen: Man verkauft ein Stück Papier für 100Dollar mit fünf Prozent Zinsen; dann zahlt man dem Käufer für die Dauer der Laufzeit (sagen wir fünf Jahre) jedes Jahr 5 Dollar, bis er sein Geld zurückbekommt. Es sei denn natürlich, man ist bis dahin pleite, dann heißt es, Pech gehabt.
Fireguard verkaufte solche Papiere mit erstklassiger Verzinsung an Gott und die Welt und erzählte dabei jedem, der Geldfluss werde niemals versiegen, da die Firma von Jahr zu Jahr wachsende militärische Aufträge annehmen und damit auch von Jahr zu Jahr mehr Geld zur Verfügung haben würde. Es lief auch alles ganz prima, bis sich der allgemeine Truppenabzug auch bei Fireguard bemerkbar machte. Also ließ man sich etwas Neues einfallen.
Fireguard begann Wertpapiere zu handeln, statt sie nur auszustellen. Den Anfang machten Studienkredite. Es stellte sich heraus, dass jeder Dollar, den ich aufgenommen hatte, um in Berkeley zu studieren, sich in einem Wertpapier niederschlug – irgendwer mit Geld kaufte sich das Recht, jedes Mal, wenn ich meinen Kredit bediente, daran mitzuverdienen. Für Berkeley und andere Universitäten war das ein Riesengeschäft, ganz zu schweigen von den Firmen, die den Studenten das Geld »gaben«, damit diese ihren heiß ersehnten Abschluss machen konnten. Solche Studienkredite waren sogar noch besser als die von schlampig geführten Militärunternehmen, denn schlampig geführte Militärunternehmen gehen gerne mal bankrott; Studenten aber nicht. Niemals.
Die wenigsten Leute wissen das, aber Studenten können gar nicht bankrott gehen. Wenn man sich in Amerika Geld fürs College geliehen hat und eines Tages Privatinsolvenz anmelden muss, schlagen zwar alle Schulden, die man hat – Schulden wegen Überziehens von Kreditkarten oder ausstehender Ratenzahlungen fürs Auto – irgendwann nicht mehr zu Buche, aber der Studienkredit bleibt einem ewig erhalten. Und immer, wenn man ihn nicht bedienen kann, haben die schmierigen Finanzunternehmen, die den Unis die Kredite abkaufen, das Recht, einem monstermäßige Strafen aufzubrummen. Wenn man also zum Beispiel 30000 Dollar Schulden fürs College und 50000 Dollar Überziehung auf der Kreditkarte stehen hat und in die Insolvenz geht, wird die Schuld von der Kreditkarte zwar reduziert oder ganz gelöscht, aber der Studienkredit kann mit Säumniszuschlägen irgendwann locker 150000 Dollar betragen. So wie diese Kredite konstruiert sind, können sie einem noch im Alter die Sozialleistungen kürzen oder streichen, selbst wenn man schon irres Geld für Mahngebühren zurückgezahlt hat.
Den Leuten bei Zyz gefiel diese Vorstellung. Also kauften sie sich von dem Geld, das sie mit ihren eigenen Wertpapieren gemacht hatten, Studienkredite. Aber nicht irgendwelche. Sie kauften die Kredite der verzweifeltsten und ärmsten Menschen, die sich schon bis über beide Ohren verschuldet hatten, einfach nur, um mit einem Studienabschluss vielleicht mal einen besseren Job als ihre Eltern zu kriegen.
Diese Menschen steckten in sehr ernsten Schwierigkeiten. Ihr Collegeabschluss (oder, hüstel, Studienabbruch) hatte ihnen keinen Job verschafft. Sie waren arbeitslos oder verzettelten sich in mies bezahlten Nebenjobs, um ihre Miete zu zahlen, und natürlich kamen sie mit ihren Raten nicht hinterher. Sie hatten Schulden, die sie niemals würden begleichen können.
In diesem Moment betrat nun Zyz die Bühne und hatte einen dynamischen, zielstrebigen Plan in der Tasche, um die Leute zum Zahlen zu motivieren: die gute alte Einschüchterungstaktik. Mit der Jagd auf Menschen kannte man sich hier schließlich aus. Zyz unterhielt gute Kontakte zum Heimatschutz und hatte damit auch Zugriff auf Meldedaten, Verwandtschaftsbeziehungen,
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