Little Secrets - Vollkommen verliebt: Roman (Little-Reihe) (German Edition)
Als das passierte, ging Beau in die erste Klasse. Ich erinnerte mich, dass er monatelang mit rot verweinten Augen herumgelaufen war. Es kam vor, dass er sich mitten in der Nacht aus dem Wohnwagen schlich und mich besuchte. Ich kletterte aus meinem Fenster, und wir saßen stundenlang auf dem Dach und überlegten, was ihn auf andere Gedanken bringen könnte. Meistens brachten uns diese Ideen in ein ziemliches Schlamassel, aus dem Sawyer uns dann wieder herausholen musste.
Sawyer hingegen war der Sohn des sogenannten guten Vincent-Bruders. Dieser hatte Jura studiert und ein Vermögen damit verdient, dass er Lieschen Müller gegen Versicherungsgesellschaften verteidigte. Die ganze Stadt liebte Harris Vincent und seine wunderschöne Frau Samantha, die regelmäßig in die Kirche ging, Tennis spielte und sich ehrenamtlich einsetzte. Und natürlich liebte man auch deren begabten ältesten Sohn, den Football-Star.
Die Stadt war nicht groß, und wie in jeder anderen Stadt in den Südstaaten wusste jeder über jeden Bescheid, einschließlich dessen Vergangenheit und der seiner Eltern. Hier in Grove, Alabama, ließ sich nichts geheim halten. Na ja, außer vielleicht auf dem Feld … In den dunklen Schatten der Pecannussbäume, die das weite, offene Feld umgaben, auf dem die Mason-Jungs ihre legendären Partys feierten, fand bestimmt so einiges statt, wovon nie jemand erfuhr. Es war der einzige Ort, an dem die alten Damen uns nicht von ihren Verandaschaukeln aus beobachten konnten, und die, die uns hätten sehen können, waren viel zu sehr mit den eigenen Dummheiten beschäftigt.
Ich griff nach dem Foto, das Sawyer für mich gerahmt und mir letzten Monat auf einer Feldparty gegeben hatte. Angesichts seines lieben Lächelns und seiner strahlend grünen Augen bekam ich ein schlechtes Gewissen. Dabei hatte ich eigentlich nichts Unrechtes getan. Ich hatte nur die Tatsache, dass ich Beau am Vorabend geholfen hatte, heil nach Hause zu kommen, für mich behalten. Ich hätte es Sawyer erzählen sollen. Nachdem ich das Bild auf den Schreibtisch zurückgestellt hatte, ging ich zum Schrank, um mir etwas zum Anziehen auszusuchen. Nichts wie raus hier! Dieser Sommer würde nie vorübergehen, wenn ich mich nicht irgendwie beschäftigte. Meine Grandma war von ihrer Reise nach Savannah zu ihrer Schwester zurückgekehrt. Ich könnte drüben im Altersheim meine Hilfe anbieten und anschließend bei ihr vorbeischauen.
Auf die Art konnte ich Sawyer, wenn ich ihm am nächsten Tag eine Mail schrieb, berichten, dass ich seine Urgroßmutter im Altersheim besucht hatte. Das würde ihm gefallen.
Sobald ich meine gute Tat für diesen Tag vollbracht und Urgroßmutter Vincent besucht hatte, machte ich mich auf den Weg zu meiner Grandma. Ich konnte es kaum erwarten, sie zu sehen, denn ich hatte sie höllisch vermisst. Ganz ohne sie und Sawyer hatte ich mich wirklich vollkommen allein gefühlt.
Kaum hatte ich meine Autotür hinter mir zugeschlagen, da öffnete meine Grandma auch schon die Tür und trat lächelnd heraus, ein großes Glas süßen Eistee in der Hand. Ihr weißblondes Haar war kaum noch schulterlang, und ich verkniff mir ein Grinsen.
Vor ihrer Abreise hatten wir eine Diskussion darüber gehabt, dass sie sich ihr Haar schneiden lassen müsse. Für jemanden in ihrem Alter war es zu lang geworden. Ich hatte ihr das gesagt, und sie hatte abgewinkt, als wüsste ich nicht, wovon ich redete. Offenbar hatte sie ihre Meinung geändert. Das Funkeln in ihren grünen Augen sagte mir, dass ihr klar war, was ich gerade dachte.
»Na, schau einer an, wer da beschlossen hat, vorbeizukommen und seine Grandma zu besuchen. Ich habe mich schon gefragt, ob du eine schriftliche Einladung erwartest«, neckte sie mich. Ich lachte, ging die Stufen hoch und umarmte sie.
»Du bist doch erst gestern nach Hause gekommen«, erinnerte ich sie.
Sie schnupperte an meinem T-Shirt und wich dann zurück, um mich anzusehen. »Riecht ganz so, als hätte jemand erst im Altersheim vorbeigeschaut und die Urgroßmutter des Freundes besucht, bevor sie zu ihrer eigenen Großmutter gefahren ist!«
»Ach, hör schon auf! Ich wollte dir ein bisschen Zeit geben, dich auszuschlafen. Ich weiß, dass das Reisen dich mitnimmt.«
Sie zog mich an der Hand zur Verandaschaukel, und wir setzten uns. Die Diamanten an ihren Fingern glitzerten im Sonnenlicht. Sie drückte mir das kalte Glas in die Hand.
»Hier, trink. Ich habe es eingeschenkt, sobald ich das kleine Auto in die Einfahrt biegen
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