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eine naive Frage. Mit Apostolos Vakirtsis konnte man nur freundschaftlichen Kontakt pflegen. Man mußte in seiner Sendung auftreten, wann immer er es wollte. Man mußte Interviews geben, wann immer er wollte. Und man mußte ihm stets die Informationen zukommen lassen, die er verlangte. Alles andere kam einer Kriegserklärung gleich, und früher oder später holte er zum vernichtenden Schlag aus.«
»Und Ihr Mann, Frau Favierou?«
»Jason kannte so viele Leute aus Politik und Wirtschaft. Kann gut sein, daß auch Vakirtsis darunter war«, meint sie achselzuckend.
Es hat keinen Sinn, weiter zu beharren. Selbst wenn Favieros mit Vakirtsis zu tun gehabt hätte, hätte er es wohl nicht unbedingt seiner Frau erzählt. Nun habe ich noch eine wichtige Frage, aber sie kommt mir schwer über die Lippen, sowohl weil ich mir nicht sicher bin, ob ich sie überhaupt stellen soll, als auch, weil ich keinen Schimmer habe, was als Antwort auf mich zukommt.
»Besteht die Möglichkeit, daß die Selbstmorde Ihrer Ehegatten etwas mit Ihren geschäftlichen Tätigkeiten zu tun haben?«
»Ich kann mir da keine Verbindung vorstellen –«, hebt die Favierou an, doch die Stathatou fällt ihr ins Wort.
»Absolut nicht«, erklärt sie knapp. »Die Zusammenarbeit fand zwischen Sotiria und mir statt. Loukas und Jason hatten damit nichts zu tun, und ich habe nicht vor, unsere geschäftlichen Aktivitäten mit Ihnen zu besprechen, Herr Kommissar.«
»Ich habe nicht vor, Sie über Ihre Firmen auszufragen, Frau Stathatou, weil sie mich gar nicht interessieren – obwohl Ihre Behauptung, daß Loukas Stefanakos und Jason Favieros nichts mit Ihren Unternehmen zu tun hatten, wohl nicht ganz zutreffend ist. Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie mit Favieros zusammen ein Offshore-Unternehmen betrieben, das sich mit Hotelanlagen auf dem Balkan befaßt.«
Damit erwische ich sie auf dem falschen Fuß, denn sie hat nicht erwartet, daß ich auch über dieses Detail Bescheid weiß. Doch schnell fängt sie sich wieder.
»Ach ja, die BALKAN INNS «, meint sie gleichgültig, als hätte sie die ganz vergessen. »Aber mit dieser Firma habe ich mich nie befaßt. Die unterstand ganz Jason und Koralia Janneli.«
Langsam glaube ich, daß Koralia Janneli in der Unternehmensgruppe eine Art Ressort für Balkanfragen innehat. Ich muß wohl noch einmal mein Glück bei ihr versuchen. Sie ist mir sympathischer als die Stathatou, obschon sie mir, trotz ihres Lächelns und ihrer Höflichkeit, nicht das geringste offenbart.
Koula macht zum ersten Mal den Mund auf, als wir uns zum Abschied erheben. »Sind Sie einverstanden, wenn wir die Computer Ihrer Ehegatten im Büro und zu Hause durchsuchen?«
Die Favierou blickt sie überrascht an. Die Stathatou setzt wieder ihre arrogante Miene auf, als sei ihr selbst Koulas Stimme lästig.
»Und was, mein Fräulein, meinen Sie auf dem Computer zu finden? Wenn Loukas oder Jason einen Abschiedsbrief hinterlassen hätten, wüßten wir das.«
»Ich suche nicht nach einem Abschiedsbrief, Frau Stathatou«, antwortet Koula mit fester Stimme. »Die Privatsekretärin von Herrn Favieros hat uns erzählt, er habe in den Tagen vor seinem Tod stundenlang in seinem Büro vor dem Rechner gesessen. Das war ihr besonders aufgefallen. Dasselbe hat auch die Lebensgefährtin von Herrn Vakirtsis dem Kommissar gegenüber ausgesagt: daß auch er in der letzten Zeit Stunden vor dem Rechner verbracht hat. Also würden wir gerne nachprüfen, ob die Festplatten irgendeinen Hinweis enthalten.«
»Loukas hatte einen Laptop, der steht zurzeit im Büro. Ich werde Stella, seiner Sekretärin, die immer noch dort arbeitet, Bescheid geben. Sie soll Ihnen Zugang gewähren«, meint die Stathatou gleichgültig.
Ihre Sprechweise verrät, daß sie sicher ist, wir würden nicht fündig werden. Koula bedankt sich bei ihr, und ich gebe das Zeichen zum Aufbruch. Die Privatsekretärin im Vorraum hebt nicht einmal den Kopf, als wir vorübergehen. Vielleicht, weil unsere Schritte vom Teppichboden verschluckt werden.
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I ch verstehe Sie nicht, Herr Kommissar.«
Koralia Janneli mustert uns mit einem spöttischen und zugleich neugierigen Blick. Wir sind direkt von den Büros der Firma STARAD hierhergefahren, da die Ejialias- nur fünf Minuten von der Vikela-Straße entfernt liegt.
»Wenn ich mich nicht irre, ist das jetzt unsere vierte Unterredung, und ich kann Ihr Interesse für diese Selbstmorde immer noch nicht nachvollziehen. Mir kommt langsam der Verdacht, daß da
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