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Live!

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Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Computer weiterentwickelt haben, kann man die ganze Biographie des Nutzers zurückverfolgen, wenn man weiß, wo und wie man suchen muß – von seinen Geschäftsbeziehungen und seinen persönlichen Hobbys über seine Computerspiele bis zu seinen Chatpartnern und seiner elektronischen Korrespondenz. Da kann man die unwahrscheinlichsten Dinge zutage fördern …«
    Ich finde das alles übertrieben, doch wir haben nichts zu verlieren. Soll sie ruhig einen Blick darauf werfen. Doch zunächst steht noch ein Besuch in den Büros der DOMITIS AG an, damit ich mir einen vollen Überblick über Favieros’ engsten Mitarbeiterstab verschaffen kann. Ich erwarte mir keine umwerfenden Neuigkeiten, eher will ich herauskriegen, welche Stimmung nach dem freiwilligen Abgang des Gründers und Inhabers der Baufirma herrscht.
    Koula ist mit ihrem Computer beschäftigt. Ich lasse sie allein, um Adriani nach den Schlüsseln für den Mirafiori zu fragen. Ich bin entschlossen, mein Versprechen zu halten und Koula fahren zu lassen, um die Sache nicht gleich am ersten Tag auf die Spitze zu treiben.
    Adriani bereitet gefüllte Weinblätter in Zitronensoße zu und rollt gerade die Füllung in die Blätter. Sie hört mich eintreten, wendet sich jedoch nicht um.
    »Gibst du mir die Wagenschlüssel für den Mirafiori?« frage ich ruhig und erläutere: »Koula wird fahren.«
    »Du hast sie doch.«
    »Ich hab sie nicht. Nach dem Unfall hat man sie dir gegeben, zusammen mit meinen Kleidern und den anderen Sachen.«
    »Und ich hab sie dir gegeben.«
    »Du hast sie mir nicht gegeben, und ich hab auch nicht danach gefragt, weil ich seit damals nicht Auto fahren mußte.«
    »Ich hab sie dir gegeben, du kannst dich nur nicht erinnern.«
    Schön langsam komme ich in Rage, weil ich weiß, worauf sie hinauswill. Sie möchte die Wagenschlüssel auf Nimmerwiedersehen verschwinden lassen, damit ich den Mirafiori nicht benutzen kann. Dennoch gelingt es mir, meinen Zorn zu zügeln und ganz gelassen zu sagen:
    »In Ordnung, dann bestelle ich bei Fiat einen Schlosser, lasse den Wagen aufbrechen und ein neues Schloß einbauen. Die Rechnung wird sich auf etwa dreihundert Euro belaufen, weil es ein altes Modell ist und jede Reparatur ein Vermögen kostet.«
    Sie schleudert das zur Hälfte eingerollte Weinblatt in den Topf und tritt aus der Küche. Zwei Minuten später kehrt sie mit den Wagenschlüsseln zurück.
    »Bitte sehr! Du hast sie in den Schrank gelegt, unter deine Unterwäsche, und dann vergessen!« sagt sie und wirft sie auf den Tisch.
    Ich schlage mir mit der Hand an die Stirn, daß ich ihr nicht ins Schlafzimmer nachgegangen bin. Ich hätte sie in flagranti ertappt, wie sie die Schlüssel aus ihrem Versteck holte, während sie jetzt alles auf mich abwälzt und ich nichts in Händen habe, um ihr das Gegenteil zu beweisen.
    Wortlos greife ich nach den Schlüsseln und trete aus der Küche. Koula hat den Computer abgeschaltet und wartet auf mich.
    »Gehen wir«, sage ich und erkläre ihr, daß wir Favieros’ Büro einen Besuch abstatten werden.
    Sie bleibt kurz auf der Schwelle des Wohnzimmers stehen. Dann geht sie, anstatt mir zu folgen, in die Küche.
    »Bereiten Sie gefüllte Weinblätter zu?« fragt sie Adriani voll Bewunderung. »Können Sie mir zeigen, wie man sie am besten einrollt? Meine gehen immer auf!«
    Es folgt eine kleine Pause, dann sagt Adriani: »Gern, das ist ja wirklich kein Kunststück!« Letzteres klingt, als halte sie Koula für vollkommen unfähig, doch die fährt unbeeindruckt fort:
    »Wissen Sie, seit dem Tod meiner Mutter koche ich für meinen Vater. Er mag gefüllte Weinblätter total gern, aber jedesmal, wenn ich sie zubereite, muß der Arme Füllung und Weinblätter separat essen.«
    Adriani hat den Blick gehoben und mustert sie. Obwohl ihr Gesichtsausdruck unverändert ist, weiß ich, daß Koula in ihrer Wertschätzung gestiegen ist, da sie für ihren Vater sorgt.
    »Na, dann lasse ich Sie mal zusehen und zeige es Ihnen«, meint sie lächelnd. Ihr Mund ist immer noch säuerlich verzogen, aber die Lippen sind schon eine Spur voller.
    Ich überreiche Koula die Wagenschlüssel des Mirafiori, der an der Ecke der Aroni- zur Protesilaou-Straße steht.
    »Sie werden fahren«, sage ich. »Adriani hat ihr Veto eingelegt.«
    Sie lacht auf. »Keine Angst, den Führerschein hab ich mit Auszeichnung bestanden.«
    Die Türen lassen sich ganz problemlos öffnen, doch damit endet auch die Bereitwilligkeit des Wagens. Als sich Koula anschickt, den

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