Live!
was er weiß. Sein Büro liegt in der Karneadou-Straße 25, in Kolonaki.«
Ich versichere Sotiropoulos, daß wir in Kontakt bleiben, und verabschiede mich, um zu seinem Makler zu fahren. Bis zur Karneadou-Straße gelange ich ganz bequem, doch dann kurve ich auf der Suche nach einem Parkplatz eine halbe Stunde zwischen den beiden Häuserblöcken an der Irodotou- und Ploutarchou-Straße umher. Schließlich parke ich den Mirafiori am Ende der Irodotou-Straße.
Chorafas’ Immobilienbüro liegt in einem alten, herrschaftlichen Wohnhaus aus den fünfziger Jahren. Es muß unmittelbar nach dem Bürgerkrieg gebaut worden sein, in einer Zeit, als man wirtschaftlichen Aufschwung noch mit erhöhter Bautätigkeit gleichsetzte. Chorafas ist ein gutgekleideter Fünfundvierzigjähriger. Er führt mich in sein Büro, weist seine Sekretärin an, er wolle nicht gestört werden, und schließt die Tür.
Ich komme gleich zur Sache. »Herr Sotiropoulos hat Ihnen bereits erläutert –«
»Ja«, unterbricht er mich. Er beugt sich über seinen Schreibtisch und hält sein Gesicht nah an meines, während er die Tür im Auge behält.
»Was ich Ihnen sage, bleibt absolut unter uns, Herr Kommissar«, meint er leise. »Wenn Sie etwas davon verwenden, dann erwähnen Sie nicht, woher Sie es haben.«
»Keine Angst. Ohnehin –«
Wieder hindert er mich am Weitersprechen. »Hören Sie. Ich bin ein bekannter Immobilienmakler mit einer sehr guten Klientel. Aber ich möchte mir ein Riesenunternehmen wie BALKAN PROSPECT nicht zum Feind machen.«
»Ist denn BALKAN PROSPECT so eine große Firma?« Noch immer kann ich mir nicht vorstellen, was für einen Gewinn Favieros von einem Klein- oder Mittelbetrieb wie einer Immobilienfirma haben konnte. »Die Geschäftsführerin hat von einem Netzwerk von Maklerbüros gesprochen.«
Chorafas lächelt. Er ist ein wenig lockerer geworden. »Richtig. Es ist ein Netzwerk, aber es läuft nicht unter der Bezeichnung BALKAN PROSPECT .«
»Und wieso nicht? Gibt es noch eine andere Firma?«
Er überdenkt, ob er fortfahren soll, und entscheidet sich schließlich dafür. »Favieros’ Unternehmen existiert noch nicht sehr lange. Wenn ich mich recht erinnere, wurde es 1995 gegründet. Vor fünf Jahren hat es begonnen, Maklerbüros aufzukaufen – jedoch ohne deren Firmennamen zu ändern. Heute gibt es eine ganze Reihe von Maklerbüros, die noch immer den Namen des Vorbesitzers tragen, aber von Angestellten der BALKAN PROSPECT geführt werden.«
Da ich vom Immobiliengeschäft keine blasse Ahnung habe, muß ich nochmals nachhaken. »Sie sagen also, daß an der nächsten Ecke ein Maklerbüro liegen kann, das unter dem Namen Jeorjiou oder Sotiriou läuft, aber in Wirklichkeit BALKAN PROSPECT gehört?«
Er lacht auf. »Gott sei Dank nicht an der nächsten Ecke. BALKAN PROSPECT ist nicht an Kolonaki interessiert.«
»Woran denn?«
»An Sepolia, an der Gegend linkerhand der Acharnon-Straße, außerdem an Ajios Nikolaos, an Liossia und Ano Liossia. Schließlich auch an Oropos und Elefsina.«
Ich blicke ihn verdattert an, doch Chorafas scheint nicht überrascht. »Kommt Ihnen das seltsam vor? Mir auch«, meint er lächelnd.
»Ich begreife nicht, wozu Favieros Maklerbüros in diesen heruntergekommenen Gegenden gekauft hat. Mit seinem Geld hätte er doch ein Netzwerk in Psychiko, Kifissia und Ekali aufziehen können.«
»Tja. Eine Antwort ist: In diesen Vierteln gehen die Geschäfte gut, und keiner verkauft sein Büro.«
»Er könnte doch eigene eröffnen.«
»Scheinbar aber wollte er keine eigenen eröffnen. Er zog es vor, nicht aufzufallen.«
»Wieso?«
Er zuckt mit den Schultern. »Das weiß ich nicht.«
Vielleicht weiß er es doch, sagt es mir aber nicht, da er der Meinung ist, er sei schon weit genug gegangen. »Können Sie mir einige Maklerbüros namentlich nennen, die zu BALKAN PROSPECT gehören?«
Seine Unruhe kehrt zurück, und er blickt mich unschlüssig an.
»Sie haben mein Wort, daß ich Ihren Namen nicht verwenden werde.«
Er sieht mich nachdenklich an und kann sich nach wie vor nicht entschließen.
»Herr Sotiropoulos wird Ihnen bestätigen, daß ich Sie nicht bloßstellen werde.«
Naturgemäß wiegt das Wort des Geschäftskunden schwerer als das des Bullen, und er läßt sich überzeugen. Er zieht ein dickes Verzeichnis aus der Schreibtischschublade und beginnt es durchzublättern. An zwei Stellen hält er inne und notiert Namen und Adresse auf ein Blatt Papier. Dann schlägt er das Verzeichnis zu
Weitere Kostenlose Bücher