Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
Vom Netzwerk:
Immobilien.«
    Die Janneli ist entgegenkommend und freundlich, aber im Grunde sagt sie nichts Wesentliches. Ich setze zu einem letzten Versuch an.
    »Aber all das erklärt nicht, warum er sich umgebracht hat.«
    Sie hebt die Hände und läßt sie wieder auf den Schreibtisch sinken. »Das kann Ihnen wohl keiner erklären, Herr Kommissar.«
    »Und was wird jetzt, wo der allein Verantwortliche weg ist, aus all den Unternehmen?«
    Sie findet ihr Lächeln wieder. »Keine Sorge, die sind in guten Händen. Xenofon Samanis ist sehr tüchtig und kannte Jason seit der Studienzeit.«
    Ich habe keine Fragen mehr und erhebe mich. Sie verabschiedet mich genauso höflich, wie sie mich willkommen geheißen hat.
    Als ich zum Mirafiori gelange, lasse ich nicht sofort den Motor an, sondern bleibe kurz hinter dem Steuer sitzen, um meine Gedanken zu ordnen. Auf den ersten Blick habe ich nichts Neues herausbekommen, doch diese flexible Struktur scheint ideal dafür zu sein, daß keiner hinter mögliche Schiebereien kommt. Denn die Spuren verlieren sich im Labyrinth der Maklerbüros. Es gilt, die geeignete Person ausfindig zu machen, die mir zeigt, wo ich den Faden aufnehmen muß.

16
    S otiropoulos sitzt mir gegenüber und mustert mich. Wir befinden uns im Green Park , in der Mavromateon-Straße. Normalerweise arbeitet er bei seinem Sender im Stadtteil Melissia, doch er ist auch Teilhaber einer PR -Agentur, die ihre Büros am Ares-Park hat. Daher hat er sich mit mir dort in der Nähe verabredet, was auch mir sehr entgegenkommt. Um halb elf Uhr vormittags nippt er nun an seinem Ouso und wartet darauf, daß ich meine Karten aufdecke. Früher hat man den Ouso mit einem Häppchen angeboten bekommen: Brotschnitten mit einem Stück Tomate und einer Olive, ein Stückchen Wurst, eine halbe Sardelle. Mit der Zahl der Ousos stiegen auch die Ausmaße des Häppchens, so daß man beim zehnten ein ganzes Gericht serviert bekam. Ob man einen Ouso, einen Whisky oder einen Cognac trinkt, macht heutzutage keinen Unterschied mehr. Man bekommt ein Schälchen mit Erd- und Haselnüssen vorgesetzt, damit man was zu knabbern hat.
    Der Gedanke, Sotiropoulos wegen Favieros’ Offshore-Unternehmen zu Rate zu ziehen, ist mir beim morgendlichen Kaffee gekommen. Sotiropoulos gehört freilich nicht zu den Leuten, die einem ohne Gegenleistung Gefälligkeiten erweisen. Welche Gegenleistung kann er aber von mir, in meiner Situation, erwarten? Falls ich, entgegen aller Erwartungen, meinen Posten wiedererlangen sollte, werde ich meine Schulden in achtundvierzig zinslosen Monatsraten abbezahlen – wie einen Kühlschrank.
    »Das ist das zweite Mal, daß Sie mich nach Favieros fragen«, bemerkt Sotiropoulos. »Beim ersten Mal telefonisch, nun beim Tête-à-tête. Was läßt Ihnen an Favieros’ Selbstmord keine Ruhe?«
    »Es gibt keinen besonderen Grund. Nennen Sie es persönliche Neugier«, entgegne ich so unbestimmt wie möglich.
    »Lassen Sie doch die Spielchen, Kommissar!« ruft er ärgerlich. »Deshalb kommen wir beide nie auf einen grünen Zweig. Immer wenn ich so weit bin zu sagen, Charitos ist ein netter Mensch und ein guter Bulle, tischen Sie mir Halbwahrheiten auf, und unsere Beziehungen sind wieder auf dem Nullpunkt angelangt.«
    »Ich sage Ihnen nicht immer die ganze Wahrheit, weil ich weiß, daß Sie eine Stunde später damit auf Sendung gehen.«
    »Aha, so verschaukeln Sie mich eben, um auf Nummer Sicher zu gehen.« Er hat seinen Ärger vergessen und lacht. »Hören Sie mal. Wenn irgendeine Ihrer Informationen nicht nach außen dringen darf, dann benutze ich sie auch nicht. Denn wenn ich ständig alles ausplauderte, würden Sie ein für allemal die Schotten dichtmachen. Und ich bin doch nicht verrückt, meinen besten Trumpf aufs Spiel zu setzen. Also, woran hakt es bei Favieros’ Selbstmord?«
    Ich blicke ihn nach wie vor unentschlossen an. Da zieht er seinen Personalausweis aus der Brieftasche und legt ihn auf den Tisch.
    »Behalten Sie meinen Ausweis als Pfand«, sagt er. »Das hat man doch früher so gemacht, oder? Wenn der eine etwas hergegeben hat und sichergehen wollte, daß er es auch wieder bekommt, hat er den Ausweis des anderen einbehalten. So nehmen Sie also meinen, bis Sie sicher sind, daß ich das, was Sie mir erzählen, nicht hinausposaune.«
    Seine Geste überzeugt mich, und ich beschließe, meine Karten zum Teil aufzudecken. Ich gebe ihm seinen Ausweis zurück und erzähle ihm, daß ich bezüglich Favieros’ Selbstmord auf inoffizieller Ebene

Weitere Kostenlose Bücher