Live!
und streckt mir den Zettel entgegen.
»Bei diesen beiden bin ich mir hundertprozentig sicher, daß sie Favieros’ Firma unterstehen. Das eine liegt in Sepolia, das andere in Liossia.«
Ich danke ihm und erhebe mich. Selbst wenn ich noch mehr Fragen an ihn hätte, würde er mir nicht antworten. Er ist bis an die Grenze dessen gegangen, was er mir verraten kann.
»Herr Kommissar«, meint er, bevor ich zur Tür seines Büros gelange, und ich wende mich um. »Wenn Sie einen Rat wollen: Sagen Sie dem Makler nicht, daß Sie sich für den Kauf oder die Miete einer Wohnung interessieren.«
»Warum?«
»Weil er Ihnen nicht glauben wird. In diesen Wohngegenden gibt es keine Griechen, die Wohnungen kaufen oder mieten. Die einzige Möglichkeit, das Interesse des Maklers zu wecken, ist, wenn Sie ihm sagen, Sie wollen verkaufen.«
Ich danke ihm für den Tip und trete hinaus. Ich gehe die Irodotou-Straße mit gemischten Gefühlen hoch. Einerseits bin ich zufrieden, daß mein Riecher mich auf die richtige Spur geführt hat. Wenn man ein Offshore-Unternehmen gründet, um Maklerbüros in verwahrlosten Wohngegenden aufzukaufen, ohne deren ursprünglichen Firmennamen zu ändern, dann steckt mit Sicherheit irgendeine betrügerische Absicht dahinter. Favieros war doch nicht verrückt, sein Geld in Gegenden, wo Griechisch eine Fremdsprache ist, in abgewirtschaftete Maklerbüros zu stecken. Andererseits jedoch gerät meine Theorie, Favieros habe selbst seine Biographie verfaßt, ins Wanken. Wenn tatsächlich eine Betrügerei dahintersteckt, wie ich vermute, dann stellt sich die Frage: Warum sollte Favieros von sich aus allen die Augen öffnen und seinen eigenen Nachruhm gefährden? Außer, er hielt es für völlig unwahrscheinlich, daß jemand sich die Mühe machen würde, seinem Offshore-Unternehmen nachzuspüren.
Der Parkplatz des Mirafiori liegt mittlerweile in der prallen Sonne. Der Sitz ist so heiß wie der erhitzte Tontopf, auf den mich meine Mutter immer setzte, um mich vom Durchfall zu kurieren. Als ich das Lenkrad packen will, zucke ich erschrocken zurück. Der Mirafiori, außer Kontrolle geraten, kracht in die Stoßstange des vor ihm parkenden Toyota. Scheißsommer.
17
D as Maklerbüro Jorgos Iliakos, das Chorafas notiert hat, liegt auf dem Pandasopoulou-Platz, hinter dem Peloponnissou-Bahnhof. Ich fahre, mit Koula auf dem Beifahrersitz, die Joulianou-Straße hinunter. Ich habe sie mitgenommen, weil wir nach dem Gespräch mit dem Immobilienmakler möglicherweise die Umgebung erkunden müssen. Die Hitzewelle scheint es darauf anzulegen, selbst Eisen zum Schmelzen zu bringen, und der Smog, uns zu vergiften.
Als wir in die Delijanni-Straße einbiegen, wendet sich die bislang schweigsame Koula plötzlich mit einer Frage an mich: »Wie werden wir uns denn dem Makler vorstellen, Herr Charitos?«
»Na, als Polizisten. Wie denn sonst? Als Verlobte?«
»Nein, als Vater und Tochter.«
Sie erwischt mich auf dem falschen Fuß und ich drossele abrupt den Motor. Der Fahrer hinter uns hupt wie verrückt, tritt dann aufs Gas und zeigt uns während seines Überholmanövers ausgiebig den Vogel hinter der geschlossenen Scheibe seines makellosen, klimatisierten Toyota.
»Wieso denn das plötzlich? Ihretwegen sind wir jetzt fast mit dem anderen zusammengekracht!« rufe ich.
»Wollen wir nicht irgendwo anhalten, damit ich es Ihnen erklären kann?«
Ich schere nach rechts aus und parke zwischen einem Fernbus nach Novi Sad und einem nach Pristina.
»Also, ich höre …«
»Wir gehen doch zu diesem Immobilienmakler, weil Sie glauben, daß hier irgend etwas faul ist, nicht wahr?«
»Richtig.«
»Und warum sollte der Makler mit zwei Bullen offen reden, die ihn noch dazu im Zuge inoffizieller Ermittlungen besuchen?«
Sie verstummt und wartet auf meine Antwort. Als keine kommt, fährt sie fort: »Stellen Sie sich jetzt den Fall vor, wir träten als Vater und Tochter auf. Sie, der Vater, haben hier in der Gegend eine Dreizimmerwohnung, die Sie verkaufen möchten. Denn Sie wollen noch etwas drauflegen und mir, der Tochter, in einer besseren Gegend eine andere Wohnung kaufen. Der Typ sieht den Vater, sieht die Tochter, riecht den fetten Braten und rückt sofort mit der Sprache heraus.«
Ihr Gedankengang ist einfach, einleuchtend und höchstwahrscheinlich zielführend. »An Ideen mangelt es Ihnen nicht«, meine ich lachend. »Aber woher nehmen wir denn so schnell eine Wohnung?«
»Meine Tante, die Schwester meines Vaters, hatte eine
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