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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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nachforsche, weil mir an der Geschichte etwas gegen den Strich geht. Ich lasse Gikas außen vor, auch über Janoutsos verliere ich kein Wort.
    Wie vorherzusehen war, versucht er zunächst, sich die Gegenleistung zu sichern: »In Ordnung, ich erzähle Ihnen, was ich weiß und was ich in der Folge in Erfahrung bringen werde. Wenn Sie aber etwas aufspüren, erfahre ich es als erster.« Er merkt, daß ich ihn unschlüssig anblicke, und fügt hinzu: »Was sehen Sie mich so an? Da Sie ja inoffiziell vorgehen, müssen Sie den Dienstweg nicht einhalten und alle gleich behandeln.« Er lacht auf, als sei ihm plötzlich ein Gedanke gekommen. »Wenn man mich darauf anspricht, sage ich, ich hätte es von Janoutsos.«
    Das ist Wasser auf meine Mühlen, aber davon hat er keine Ahnung.
    »Haben Sie Favieros’ Biographie gelesen?« frage ich.
    Er zuckt mit den Schultern. »Nein, aber was sollte ich daraus Neues erfahren? Gibt es irgend etwas über Favieros, das ich noch nicht weiß?«
    »Dann erzählen Sie mir etwas über sein Offshore-Unternehmen, weil ich das Gefühl habe, daran ist was faul.«
    Er bricht in ein markiges Gelächter aus. »Sie haben nichts gegen Favieros in der Hand, Kommissar. Denn, wenn Sie etwas hätten, dann müßten Sie sich mit der anderen die Nase zuhalten. Favieros hatte überall seine Finger drin. Es gab keinen einzigen öffentlichen Auftrag, bei dem er beteiligt war, wo die Ausschreibung nicht genau auf ihn zugeschnitten war. Wenn ihm im nachhinein ein Auftrag interessant erschien, wurde die Ausschreibung einfach aufgrund von Formfehlern zurückgezogen und wiederholt, damit seine Firma sich bewerben konnte. Wenn er an internationalen Arbeitsgemeinschaften teilnehmen wollte, übte die Regierung Druck aus und ebnete ihm den Weg. Er hat mit sämtlichen Banken zusammengearbeitet, und die haben ihm nicht nur keine Steine in den Weg gelegt, sondern ihm die Darlehen nur so hinterhergeworfen. Ein Telefonanruf genügte, und er konnte über Garantiesummen in unbegrenzter Höhe verfügen.«
    »Ist es wahr, daß er zu den Ministerien einen guten Draht hatte?«
    »Einen guten Draht? Er hat jeden Tag, von Montag bis Samstag, mit Ministern diniert, und am Sonntag gleich mit dem ganzen Ministerrat.«
    »Er behauptete, sie wären seit der Juntazeit befreundet.«
    »Was ist der Unterschied zwischen der Zeit vor und der Zeit nach der Junta?«
    »Daß wir von der Monarchie zur Demokratie übergegangen sind.«
    »Falsch. Wenn man vor der Junta jemanden gefragt hat, woher er einen Regierungsfunktionär kennt, war die Antwort: Vom Militär, wir waren zusammen beim Heer. Nach der Junta war die Antwort: Aus der Bouboulinas-Straße, wir waren zusammen im Widerstand. Die Bekanntschaft aus der Militärzeit konnte einem höchstens eine Beamtenstelle sichern. Die Bekanntschaft aus der Bouboulinas-Straße konnte einen binnen fünf Jahren zum Millionär machen.«
    »Wenn es tatsächlich so ist, dann ist noch schwerer nachvollziehbar, warum er eine Immobilienfirma als Offshore-Unternehmen aufgezogen hat.«
    »Eine Immobilienfirma?« wiederholt er ungläubig.
    »Ja. Ein Netzwerk von Maklerbüros, das ganz Griechenland und den Balkan umspannt.«
    »Sind Sie sicher, daß es sich dabei nicht um eine Erfindung seines Biographen handelt?« fragt er.
    »Das Offshore-Unternehmen heißt BALKAN PROSPECT , hat seine Hauptniederlassung in Paradissos Amaroussiou und steht unter der Leitung einer gewissen Koralia Janneli.«
    »Davon hatte ich keine Ahnung. Das höre ich zum ersten Mal.«
    »Also habe ich doch etwas Neues über Favieros herausgefunden«, sage ich ironisch.
    Er blickt mich mit dem Gesichtsausdruck eines Menschen an, der gerade sein geistiges Adreßbuch durchblättert, um die geeignete Person zu finden. »Warten Sie, das kriegen wir heraus«, sagt er. Er zieht sein Handy hervor und tippt, mit der Fingerfertigkeit eines Pianisten, eine Nummer ein.
    »Stathis, hier ist Sotiropoulos. Hör mal, sagt dir der Name Koralia Janneli etwas?« Scheinbar ist die Antwort negativ, denn er fährt mit einer zweiten Frage fort. »Ein Maklerbüro namens BALKAN PROSPECT … Genau, das von Favieros … Schön … Also, ich schicke dir einen Kommissar vorbei, einen alten Freund, Kostas Charitos, der auf der Suche nach ein paar pikanten Details ist, o. k.?«
    Er unterbricht die Verbindung und wendet sich mir zu. »Das war Stathis Chorafas. Er ist der Makler, der meine Wohnung verkauft hat. Seitdem sind wir befreundet. Gehen Sie zu ihm, er wird Ihnen sagen,

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