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Live!

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Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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als täte er mir aufrichtig leid. »Kommen Sie schon. Das Maklerbüro Jorgos Iliakos und eine große Zahl anderer gehört BALKAN PROSPECT , einer von Jason Favieros’ Firmen. Die Tragödie, die seine Familie gerade erlebt hat, und die Verwirrung, die im Moment um die Zukunft seiner Unternehmen herrscht, zwingen uns, sehr umsichtig vorzugehen. Das kommt auch Ihnen zugute.«
    »Warum denn mir?«
    »Weil Sie die Verträge abgeschlossen haben.«
    Ich sage das so bestimmt, als hätte ich es x-fach gegengeprüft, und er wagt keinen Widerspruch.
    »Es gibt drei Möglichkeiten, Herr Kariofyllis. Erstens, der Pontusgrieche lügt. In diesem Fall ziehen wir ihm die Ohren lang und schicken ihn nach Hause. Zweitens, irgendein Angestellter eines Maklerbüros spielt mit gezinkten Karten und prellt die Käufer, die Verkäufer und seine Vorgesetzten. Drittens, es existiert ein wohlorganisiertes Netzwerk aus Führungskräften und Notaren, die sich auf diese Weise illegal bereichern.«
    »Die erste Möglichkeit ist die einzig wahrscheinliche, Herr Kommissar.« Gleich am Anfang habe ich ihm den Rettungsring zugeworfen, und prompt schnappt er danach.
    »Sie meinen also, der Pontusgrieche hätte fünfundvierzigtausend Euro bezahlt, der Verkäufer dieselbe Summe abzüglich der Maklergebühren erhalten, aber im Vertrag stünden aus steuerlichen Gründen fünfundzwanzigtausend. Und nun sei der Pontusgrieche dahintergekommen und versuche mittels Erpressung zwanzigtausend wieder zurückzubekommen.«
    »Genau, Herr Kommissar. Diese Leute sind rückständig und mißtrauisch wie alle bauernschlauen Schafsköpfe. Die bringen das Geld in bar, kippen es auf den Schreibtisch und interessieren sich einzig und allein dafür, den Wohnungsschlüssel zu kriegen«, fährt Kariofyllis  fort. »Sobald ihnen die Wohnung sicher ist, erwacht ihr Geschäftssinn und sie fangen an nachzudenken, wie sie einen Teil des gezahlten Geldes zurückbekommen können.«
    Nur mit Mühe kann ich mich zurückhalten, ihm zuzustimmen. Klar sind sie Schafsköpfe, wenn sie tatenlos zusehen, wie man ihnen so viel Geld aus der Tasche zieht!
    »Nicht ausgeschlossen, daß Sie recht haben. Was aber, wenn der Pontusgrieche nur der Auslöser ist und ab morgen eine Anschuldigung nach der anderen über Sie hereinbricht? Dann kommt das Netzwerk ans Tageslicht, und es geht der BALKAN PROSPECT an den Kragen, auch wenn sie gar nicht direkt darin verwickelt sein sollte, und Ihnen gleich dazu.«
    »Wieso denn mir?«
    »Weil alle Kaufverträge der BALKAN PROSPECT von Ihnen aufgesetzt wurden. Das ist eine interne Information.«
    Ich habe ihn von allen Seiten eingekreist, und es bleibt ihm nichts anderes übrig, als aufzuspringen und loszuschreien: »Das ist ein übles Ränkespiel! Sie setzen das Führungspersonal eines Unternehmens und eine Notariatskanzlei, deren Geschichte bis 1930, in die Zeit meines Vaters, zurückreicht, auf die Anklagebank, nur weil ein betrügerischer Herumtreiber aus dem Pontusgebiet zu Ihnen kommt und sein Geld durch Erpressung zurückverlangt!«
    »Noch ist keiner angeklagt«, entgegne ich ruhig. »Ich habe Ihnen gesagt, die Ermittlungen laufen inoffiziell, und es ist unser Wunsch, sie ohne Aufsehen zu Ende zu führen. Es gibt einen einfachen Weg, das zu erreichen. Geben Sie mir die Personalien des Verkäufers, und sobald er uns bestätigt, daß er tatsächlich fünfundvierzigtausend erhalten hat, ist der Fall sofort erledigt.«
    Seine Miene wird immer verkniffener und feindseliger. »Das kann ich leider nicht tun.«
    »Warum nicht?«
    »Weil dann eine Unregelmäßigkeit zutage kommt und ich den Verkäufer und das Maklerbüro bloßstelle.«
    »Ich haben Ihnen doch schon gesagt, ich bin kein Finanzbeamter.«
    »Schön und gut, das überzeugt mich vielleicht. Das heißt noch lange nicht, daß es die anderen beiden überzeugt.«
    »Ich kann die Daten auch aus dem Grundbuchamt erfragen.«
    Er zögert einen Augenblick, dann meint er entschieden: »Das ist eine andere Sache und betrifft mich nicht. Mir ist egal, wo Sie die Daten hernehmen, solange Sie sie nicht von mir haben.«
    Seine Ablehnung bestärkt meinen Verdacht, aber das behalte ich für mich.
    »Früher hat die Polizei dem lichtscheuen Gesindel in solchen Fällen eine Tracht Prügel verpaßt und Schlimmeres angedroht, sollte es keine Ruhe geben«, meint er beinahe beleidigt, als er mir die Hand reicht.
    Da er aus einer traditionsreichen Kanzlei stammt, muß er es ja wissen. Ich erspare mir jeden Kommentar und

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