Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Live

Live

Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
Vom Netzwerk:
Interview von Vanessa Kesel weiterlaufen.
     
    „Ich hatte ein ähnliches Verhalten schon mal gesehen“, sagte Vanessa in ihrem Sessel vom Monitor aus. „Donald und ich, wir beide.“
     
    „Bei ihrem Sohn Sean?“
     
    „Bei Sean, ja.“
     
    „Der bei Dr. Collins in Behandlung war.“
     
    „Ja“, nickte Vanessa.
     
    „Seit wann?“
     
    „Ich glaube, seit Sean sechs, nein… sieben war.“
     
    Auf dem anderen Monitor antwortete Dr. Collins nach einem weiteren Fingerschnippen von Claire.
     
    „Der Junge hatte alle Symptome von ADHS.“
     
    „Das ist die Aufmerksamkeitsstörung?“ fragte Susan Miller ihn in seinem Büro. Die Susan Miller vor dem Monitor schaute sich selbst dabei zu, wie sie den Mann befragte und wünschte sich, sie könnte eine Zigarette rauchen. Claire hatte sich beide Bänder schon angesehen, mehrfach, warum also nochmal?
     
    „Ja“, meinte Collins auf dem Monitor.
     
    „Wie so viele Kinder heute, nicht wahr?“
     
    „Die Welt hat sich verändert, Miss Miller.“
     
    „Komisch nur, daß sich die Welt genau dann verändert hat, als die Pharmaindustrie mit Wundermittel wie Prozac, Xoloft und Ritalin auf den Markt kam.“
     
    Orson Collins verstummte. Wurde gestoppt. War eingefroren, war nicht mehr als ein Standbild auf dem kleinen Monitor.
     
    „Weißt du, wieviel unserer Werbung von Pharmakonzernen kommt, Susan?“ fragte Claire die Reporterin neben ihr.
     
    „Das meinst du jetzt nicht ernst.“
     
    „Wieviel, Susan?“
     
    „Ich schau mir keine Werbung an, Claire.“
     
    „Solltest du aber.“
     
    „Ernsthaft?“
     
    „Beinahe die Hälfte“, sagte Claire.
     
    „Soll ich das so verstehen, daß MSNBC es egal ist, warum jemand durchdreht und einen Supermarkt zusammenschießt?“
     
    „Das solltest du so verstehen, daß wir mit Anschuldigungen sehr vorsichtig sein sollten, Susan.“
     
    „Hat das jemand Marilyn Manson gesagt?“
     
    „Was?“
     
    „Marilyn Manson“, sagte Susan. Scheiße, sie wollte eine Zigarette haben, sie wollte diese Diskussion nicht führen, sie wollte nicht, daß Isaac Recht hatte. Ich hab‘ dich gewarnt, Kleines, würde der Kameramann jetzt sagen, ich hab‘ dir gesagt, daß du deine Hand in was reinsteckst, was dir die Finger abbeißen kann.
     
    „Als ich noch in der Schule war“, sagte Susan, „da gab’s kein großes Problem mit Manson. Wenn ich mich richtig erinnere, da war jeder schnell dabei, als man die Verantwortung für das Littleton Massaker auf den komischen Kauz im Makeup geschoben hatte.“
     
    „Das war was anderes, Susan.“
     
    „Na klar war das was anderes. Der machte nicht die Hälfte der Werbung aus, richtig?“
     
    „Hast du Beweise, Susan?“
     
    „Ich habe die Aussagen der Frau, Claire.“
     
    „Der Ex-Frau, Susan.“
     
    „Der Witwe, Claire.“
     
    Claire ließ das Band weiterlaufen. Auf dem Monitor führte Dr. Orson Collins ihre Argumentation weiter. Er hatte Susan mit einem schmalen Lächeln angeschaut, das bedeuten sollte, mein Kindchen, Sie haben nicht die geringste Ahnung, wovon Sie hier überhaupt reden…
     
    „Wir haben die Symptome genau festgelegt, nach denen sich Krankheiten wie ADHS, Depression und auch Bipolarität diagnostizieren lassen, Miss Miller“, sagte Collins.
     
    „Aber Sie haben keinen Test“, sagte die Susan Miller auf dem Monitor. „Keinen echten, keinen medizinischen Test.“
     
    „Solche Krankheiten sind sehr schwer…“
     
    „… aber Sie waren sich sicher, daß Sean Turow die Krankheit hatte? Genauso wie später sein Vater?“
     
    Susan startete das andere Band wieder. Auf dem anderen Monitor ruckelte Vanessa Kesel zu erneutem, digitalen Leben. Sie war gut. Sie wußte, was sie zu sagen hatte, war nicht zu kühl, war aber auch keine trauernde Witwe.
     
    „Dr. Collins meinte, daß Depressionen genetisch sein können“, sagte Vanessa Kesel vom Monitor. „Und als Sean starb und Donald die gleichen Symptome zeigte…“
     
    „Haben Sie danach Ihren Mann für den Tod Ihres Sohne verantwortlich gemacht?“ fragte die Susan Miller vom Monitor.
     
    „Donald? Oh Gott, nein“, sagte Vanessa Kesel. Die Frau unterbrach sich, schluckte hart. Schaute an der Kamera vorbei. Isaac hatte den Zoom aufgedreht, blieb nahe an Vanessas Gesicht, um jede Emotion festzuhalten. Und dann -
     
    „Jedenfalls nicht direkt“, sagte Vanessa Kesel. „Es war ein Autounfall, richtig? Nichts weiter. Ein Autounfall. Die Polizei hatte keine Spuren gefunden, die auf etwas

Weitere Kostenlose Bücher