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Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
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Leute?“ fragte Susan.
     
    „Sie wissen, was ich meine.“
     
    „Es ist alles eine Frage der Statistik, nicht wahr?“
     
    Dr. Orson Collins verschränkte die Arme hinter seinem Kopf. Schien sich den Satz durch den Kopf gehen zu lassen, mit geschlossenen Augen.
     
    „Trauer ist eine seltsame Sache, Miss Miller.“
     
    „Ich dachte bisher, Trauer ist etwas natürliches.“
     
    „In den meisten Fällen, ja.“
     
    Drei Tage später schaute Vanessa Kesel die Reporterin  mit durchdringendem Blick an. Zwischen den beiden Frauen war ein Augenblick lang Schweigen, dann -
     
    „Haben Sie schon einmal jemanden verloren, Miss Miller?“
     
    „Nein“, antwortete Susan wahrheitsgemäß.
     
    „Es ist nicht so wie in Filmen. Oder im Fernsehen. Da gibt’s keine Zusammenschnitte, keine traurige Musik, keine weisen Worte von irgendeinem weit entfernten Verwandten. Da gibt es gar nichts. Nur einen Moment nach dem anderen. Und eine Stunde nach der anderen. Und einen Tag nach dem anderen. Und wenn Sie Glück habe, dann fangen Sie an zu vergessen. Kleine Dinge, zuerst. Wo Ihr Sohn seine Socken hingeworfen hat, wenn er vom Training nach Hause gekommen ist. Und dann vielleicht, was genau für eine Art von Lächeln er hatte.“
     
    Vanessa Kesel unterbrach sich. Etwas in ihren Augen brach. wurde glasig, bevor sie weitersprach.
     
    „Wenn Sie Glück haben“, sagte sie dann.
     
     
     
    Dreizehn Tage später
     
    Sie hatten kein Glück gehabt.
     
    Es war nicht die St. Patricks Kathedrale.
     
    Bürgermeister Breitbaum hatte versucht, die Ehrung von Officer Charles Foster zu einem größeren Medienereignis werden zu lassen, aber wärmende Worte von katholische Priestern hatten nicht mehr denselben Respekt verdient wie noch vor zehn Jahren…
     
    … verdammte Sex Skandale , dachte sich Breitbaum, der mit Katholiken ohnehin nie viel anzufangen wußte, aber jedes Jahr zu deren festlichen Anlässen ging, denn das war Teil des Schauspiels, wenn man die Stadt regieren wollte…
     
    … und so hatte man sich mit der New Yorker Polizei auf eine kleine protestantische Kirche in der Nähe des Village geeinigt, die gerade einmal ein Fünftel der Leute beherbergen konnte, die sich für den Gottesdienst angemeldet hatten.
     
    Die Polizisten hatten beinahe den ganzen Bezirk abgesperrt, hatten die Straßen auf Halbmast beflaggt, hatten sich zu einem Ehrenspalier für ihre in der Nacht des Harper’s gefallenen Kameraden aufgestellt, vor allem für Officer Charles Foster.
     
    Die Limousinen wurden ins Village gelotst, eine nach der anderen, bestückt mit den Leuten, die etwas zu sagen hatten, etwas zu sagen haben wollten.
     
    Musikstars, Prominente, Geistliche, Politiker, die alle zwei Wochen vorher noch nie den Namen Charles Foster gehört hatten, und in Kürze mit großen Worten über ihn sprechen würden.
     
    Der Präsident würde nicht kommen, obwohl Breitbaum darauf gehofft hatte. Die Botschaft aus dem Weißen Haus war kurz und knapp gewesen, war höflich genug, konnte aber in etwa mit Vielleicht habt Ihr Riesenidioten in New York das nicht mitbekommen, aber Amerika ist gerade dabei, kurz vor der Pleite zu stehen, schaut mal ins Fernsehen, und zwar dann, wenn die Wirtschaftsnachrichten laufen, okay?
     
    Der Herbst war noch den ganzen August lang entfernt, und es war kein Jahr, in dem etwas lange die Aufmerksamkeit der Medien behielt, besonders nicht ein Amoklauf in Manhattan. In der vergangenen Woche hatte es zwei weitere Amokläufer gegeben. Alle hatten ein geringeres Medieninteresse gehabt, weil sie schnell und blutig zu Ende gegangen waren, was nur Breitbaums Meinung bestätigte, was die Medien anging. Von beiden Amokläufen waren kaum Bilder vorhanden, was sie zu Kurzmeldungen zwischen toten Prominenten, der Lage im Nahen Osten und den politischen Machtspielchen zwischen dem Weißen Haus und dem Kongreß machte.
     
    Man hatte für die Überlebenden des Harper’s Limousinen bereit gestellt. Man hatte eine Pressezone eingerichtet, man hatte die Reporter sich so aufstellen lassen, als wären die Oscars mehrere Monate nach vorne und New York verlegt worden. Blitzlichtgewitter, hineingerufene Fragen, die Bitten, die Aufforderungen, sich doch hierher zu drehen, mal kurz ein Interview zu geben folgten den Gästen des Gottesdienstes.
     
    Julie Winters kämpfte sich ihren Weg durch die Meute, mit steinerne Miene und in schwarzer Kleidung, die sie schon bei Charlie Fosters Beerdigung getragen hatte.
     
    Sie verspürte

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