Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Live

Live

Titel: Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Thriller
Vom Netzwerk:
Hintergrund summten.
     
    Wieso konnte sie dann ihr Spiegelbild in seinen Augen sehen? Sie schloß die Augen. Betete, daß er weg sein würde, wenn…
     
    …falls…
     
    …sie die Augen wieder öffnete. Seine Augen waren tot. Sie waren völlig ohne Regung, wie zwei Klumpen Erde, die man Turow ins Gesicht gestopft hatte. Gwen öffnete die Augen nicht.
     
    „Sie mögen mich nicht“, sagte Turow. „Das kann ich verstehen. Ich…wollte…“
     
    Er brach ab.
     
    „…wollte…Ihnen nur sagen, daß…es nicht meine….Schuld ist…nichts davon ist meine Schuld… glaube ich zumindest…“
     
    Turow lachte.
     
    Geh weg , dachte Gwen. Sie zog die Beine an und verbarg ihren Kopf zwischen den Knien.
     
    Ben, hilf mir.
     
    „Wissen Sie, manchmal erinnere ich mich nicht mehr richtig. Ich…habe kleine Gedächtnislücken, verstehen Sie? Ich war beim Arzt, aber…ich habe Angst vor dem Kerl…eine Scheißangst…gehen Sie gerne zum Arzt? Nein? Habe ich mir gedacht. Gedächtnislücken, verdammte Scheiße, es sind die Pillen, ich bin mir sicher, es sind die Pillen, ich habe vorher nie etwas gehabt, ich war ein guter Mann, wissen Sie? Ein guter Mann. Ein guter Angestellter. Ich habe Leuten, wichtigen Leuten, eine Menge Geld gemacht, ja, das habe ich. Ein guter Mann. Ein guter Ehemann. Und ein guter Vater.“
     
    Ben, hilf mir.
     
    Gwen blieb stumm.
     
    „Haben Sie einen Freund, Gwen?“
     
    Gwen nickte.
     
    „Sein Name?“
     
    „Ben. Das ist kurz für Benjamin. Benjamin Rickman.“
     
    Turow nickte. „Der Name kommt mir bekannt vor. Rickman. Benny Rickman von der Dreamweavers Werbeagentur? Ist ein guter Mann. Habe allerdings nur ein oder zwei Mal mit ihm zu tun gehabt. Wußte gar nicht, daß er eine Freundin hat. Wußte nur, daß er seinen Job verloren hat, aber hey, wer hat das nich in den letzten drei Jahren, eh?“
     
    Gwens Herz setzte einen Augenblick lang aus.
     
    „Sie kennen Ben?“ flüsterte sie.
     
    „Ich kenne die Welt, Gwen. Ich kenne die Welt.“
     
    Turow seufzte. „Manchmal kein sehr schöner Ort“, sagte er dann. „Wirklich nicht. Ich habe siebzehn Jahre in New York gelebt. Lange Zeit. Man lernt eine Menge Leute kennen in siebzehn Jahren. Man lernt eine Menge. Sie haben keine Ahnung, wieviel man lernen kann.“
     
    „Warum lassen Sie uns nicht gehen?“
     
    Turow antwortete nicht.  Er starrte auf die Pistole, die in seiner rechten Handfläche lag, der Finger vom Abzug.
     
    „Ich habe mich häufig gefragt, was für ein Gefühl das ist….mir eine Kugel in den Schädel zu jagen, meine ich. Spürt man etwas? Fühlt man die Kugel, bevor man stirbt? Oder ist es so, als ob ein Lichtschalter umgelegt wird: ein Moment Licht…der nächste Moment Dunkelheit? Aber das kann ich nicht tun. Oh, glauben Sie nicht, Gwen, daß ich Angst hätte. Ich wünschte, ich hätte Angst, aber das ist es nicht.“
     
    Gwen schaute hoch. Die anderen standen in den hinteren Gängen verteilt. Der verwundete Polizist lag neben einer der Kühltruhen. Jemand hatte die Jacke ausgezogen und daraus ein provisorisches Kissen gemacht, auf dem die Krankenschwester den Kopf des jungen Mannes gebettet hatte. Sie hatte sie über ihn gebeugt und wischte ihm in regelmäßigen Abständen den Schweiß von der Stirn.
     
    Als sie Gwens Blick bemerkte, senkte sie die Augen und schüttelte den Kopf. Der Polizist stöhnte. Der Junge stand neben ihr, schaute ihr aufmerksam zu, während Julie Winters nicht mehr tun konnte, als die Windeln zu wechseln, wenn sie mit Blut getränkt waren und die Plastikbündchen nicht mehr genügend Klebekraft hatten, um als provisorischer Druckverband zu dienen.
     
    Die meisten anderen waren apathisch, hatten einen glanzlosen Blick, der zeigte, wie tief der Schock sitzen mußte, der sich in sie hineingefressen hatte.
     
    Gwen versuchte, die Namen ins Gedächtnis zurückzurufen, die sie bei der Karikatur einer Vorstellung auf einer Cocktailparty mitbekommen hatte, als Turow sie alle miteinander bekannt machen wollte. Big Mike war tot. Er lag jetzt neben dem älteren Polizisten auf Packungen von gefrorenen Pommes Frites und Pizzen.
     
    Da war die Frau, die sich zuerst geweigert hatte, Turows Aufforderung nachzukommen und in dem Gang mit den Teigwaren geblieben war. Ihr Name war Birgit Keller, seltsamer Name für eine Amerikanerin.
     
    Ihr Akzent klang auch fremdländisch, die Gwen an alte Kriegsfilme erinnerte, in denen die Nazis irgendwelche Befehle auf deutsch riefen, die dann als

Weitere Kostenlose Bücher