Liz Balfour
geht?«
»Guter Plan. Soll ich mitkommen?«
»Ich wäre beleidigt, wenn nicht.«
27.
»Tee?«, fragte Gerry, als wir uns in der Pine Lodge einen Tisch suchten.
»Kaffee«, stöhnte Kate. »Viel. Stark. Schwarz.«
»Für mich auch«, sagte ich.
Wir hatten kaum geschlafen, weil wir bis zum Morgengrauen geredet hatten. Dann hatte ich Kate beim Packen geholfen, und nach etwas, das sich wie Sekundenschlaf angefühlt hatte, waren wir zum Flughafen aufgebrochen. Gleich nach unserer Ankunft hatten wir im Krankenhaus nach Deirdre geschaut. Ihr Zustand war unverändert, sagte man mir, aber ich fand, dass sie besser aussah als noch vor zwei Tagen. Wie konnte das sein? Bildete ich es mir nur ein?
In Emerald Cottage packten wir unsere Sachen ins Wohnzimmer und schleppten eine Matratze in mein altes Zimmer, auf der Kate schlafen sollte.
»Wie zu Schulzeiten«, lachte sie. »Wenn man bei einer Freundin übernachtet hat.«
Mir fiel ein, dass sie nicht wie ich auf einem Internat gewesen war. »Ich hatte das jahrelang jeden Tag«, sagte ich.
Deirdres Zimmer war immer noch tabu. Sicherlich hätte sie nichts dagegen einzuwenden gehabt, hätte eine von
uns dort geschlafen, aber wir hatten nach wie vor Hemmungen, in ihre Intimsphäre einzudringen. Und das, obwohl wir ihre geheimsten Briefe gelesen hatten. Gegen Mittag waren wir einigermaßen mit unserem Bettenlager zufrieden und beschlossen, uns etwas zu essen zu besorgen. Die Pine Lodge war dafür der beste Ort.
Gerry brachte uns den Kaffee, und Kate überlegte, ob sie wirklich schon etwas essen konnte.
»Ich habe einen Kater«, seufzte sie.
»Frag mich mal«, gab ich zurück.
»Welch Glanz in dieser Hütte«, rief eine Männerstimme hinter mir, die ich nicht sofort zuordnen konnte, mir aber bekannt vorkam. Bevor ich mich umdrehte, sah ich, wie Kates Augen aufleuchteten. Hinter mir stand Eoins Freund Patrick.
»Patrick«, sagte ich erfreut. »Willst du dich zu uns setzen? Das ist meine Freundin …«
»Kate«, sagte Kate. Sie sprach eine gute Oktave tiefer als sonst und streckte ihm mit einer eleganten Bewegung ihre Hand hin, die er ohne zu zögern ergriff.
»Freut mich sehr. Sehr sogar!«, sagte Patrick und sprach ebenfalls ein paar Töne tiefer als sonst. Ohne den Blick von Kate zu nehmen, setzte er sich zu uns.
»Bleibst du länger hier?«
Kate lächelte. »Wer weiß?«
»Magst du Tiere? Ich bin nämlich Tierarzt und würde gerne wahnsinnig viele beeindruckende Dinge von mir erzählen, nachdem du mir alles von dir erzählt hast.«
»Wer sagt, dass ich das tun werde?«, zog Kate ihn auf.
»Ich werde einfach so lange fragen, bis du’s tust.« Selbstvergessen lächelten die beiden sich an.
Es war kaum zu übersehen, was gerade geschah. Patrick war genau Kates Typ, und ganz offensichtlich hatte Kate in Patrick ein wahres Feuerwerk entfacht.
Gerry fragte, was wir essen wollten, und als ich meine Bestellung aufgab, zwinkerte er mir verschwörerisch zu.
»Da ist es wohl egal, ob ich Steak oder Spaghetti bringe, was? Die beiden Turteltauben merken sowieso nichts mehr«, raunte er. Ich lachte und wollte gerade etwas erwidern, als die Pubtür aufging: Der alte Flötist, der mir nun schon zweimal begegnet war und dessen CD Deirdre besaß, kam mit seinem Freund, dem Fiddler, herein. Gerry begrüßte die beiden. Kate und Patrick fiel gerade wieder ein, dass ich mit ihnen am Tisch saß.
»Patrick hat mir erzählt, dass du mitgeholfen hast, ein Pferd zu retten«, sagte Kate beeindruckt.
»Oh nein. Sie haben das Pferd gerettet, obwohl ich dabei war«, sagte ich. »Ein wunderschöner Schimmel, leider vollkommen abgemagert. Wie geht es ihm? Ist er noch in der Tierklinik?«
Patrick nickte. »Sie werden ihn wohl noch ein paar Tage dabehalten, bis er kräftig genug ist. Dann holt ihn Eoin ab, päppelt ihn weiter auf und sieht zu, dass er jemanden für ihn findet.«
»Ich find’s toll, was ihr macht«, sagte Kate mit Nachdruck. Ich wusste, sie sagte es nicht, weil sie mit ihm flirtete, sondern weil sie es so meinte.
»Ich fänd’s toll, wenn es nicht nötig wäre, was wir machen«, sagte Patrick ernst.
Der Flötist und sein Freund stimmten ein Lied an. Zu unserem Erstaunen stand Patrick auf und gesellte sich zu ihnen, um den Text zu singen. Er hatte eine kräftige,
etwas raue Singstimme, und als er zum Refrain kam, stimmten einige der anderen Männer im Pub mit ein. Kate sah mich mit großen Augen an und formte ein »Wow« mit ihren Lippen. Wir ließen uns von der
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