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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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Stimmung mitreißen und klatschten den Takt mit. Das Lied hieß »As I Roved Out«, und wie so oft ging es um einen jungen Mann und ein junges Mädchen. Diesmal war nicht von tiefer, unerfüllter Liebe die Rede, sondern von einem Soldaten, der auf der Durchreise war, mit dem Mädchen schlief, und als sie ihn am nächsten Morgen fragte, wann sie ihn wiedersehen würde, um zu heiraten, gab er ihr einen Korb: »When broken shells make Christmas bells«, sagte er ihr, was so viel bedeutete wie: niemals. An dieser Stelle lachte Kate, aber ich musste an Deirdre und Naoise denken. Aber Naoise hätte sie geheiratet, dachte ich. Er hatte nur Zeit gebraucht, bis er so weit war …
    Patrick kam zurück zu uns an den Tisch. Er war etwas rot im Gesicht und strahlte vor Freude.
    »Du bist gut!«, sagte Kate.
    »Mein liebstes Hobby, wenn ich nicht gerade Pferde rette oder Kühen beim Kalben helfe.«
    »Hattest du Gesangsunterricht?«, bohrte Kate nach.
    Er lachte. »Wir Iren können alle singen! Ich kann leider kein einziges Instrument spielen, dazu hat es nie gereicht. Also muss ich singen.«
    Kate sah noch verzückter aus als zuvor, und ich war froh, dass Gerry gerade das Essen brachte. Wir aßen schweigend, weil wir der Musik zuhörten. Sie versetzte mich in diesen zeitlosen Zustand, in dem alles möglich schien. Ich dachte: Vielleicht ist diese Gegend doch verzaubert.
Ständig bleibt die Zeit für eine Weile stehen. Das ist mir in London nie passiert.
    Mein Verstand sagte mir, dass ich gerade meinen Mann verlassen hatte, dass ich mich deshalb unsicher und verwirrt fühlen müsste, aber die Musik entspannte mich und trug mich weg, sodass alles, was mich bis gerade eben noch belastet hatte, wie ein böser Traum schien.
    »Wie geht es deiner Mutter?«, sagte Patrick, als wir fertig gegessen hatten.
    Ich war schlagartig wieder zurück im Hier und Jetzt. »Ich glaube, es geht ihr langsam besser. Sie ist noch nicht aufgewacht, aber …«
    »Du hast ein gutes Gefühl?«
    Ich nickte. »Wahrscheinlich nur Wunschdenken.«
    Patrick schüttelte den Kopf. »Wahrscheinlich weißt du einfach nur mehr als diese ganzen Ärzte.« Er lächelte mir aufmunternd zu.
    »Ich fahre jetzt zu ihr. Willst du mitkommen?«, fragte ich Kate, obwohl ich die Antwort schon kannte.
    Prompt schüttelte Kate den Kopf. »Ich würde gerne noch ein bisschen … echte irische Musik hören«, sagte sie und warf mir einen vielsagenden Blick zu. Die Musiker machten ausgerechnet in diesem Moment eine Pause, und wir mussten beide lachen.
    Patrick versicherte mir, er würde sich vorbildlich um meine Freundin kümmern, er habe heute Nachmittag sowieso frei. Ich verabschiedete mich von den beiden, die sich sofort wieder tief in die Augen sahen. Ich wagte keine Prognose, was Patrick anging. Kate verliebte sich oft und schnell, nur um genauso oft und schnell tief enttäuscht zu werden. Zumindest aber würde Kate ein nettes
irisches Abenteuer haben, das war so sicher wie die irische Unpünktlichkeit.
    Ich lehnte gerade meine Krücken gegen das Auto, um die Wagentür zu öffnen, als jemand meinen Namen rief.
    »Alannah?«
    Es war der alte Flötist.
    »Sie sind im Vorteil. Sie wissen, wie ich heiße. Das ganze Dorf weiß es natürlich. Aber ich kenne Ihren Namen nicht«, sagte ich und lächelte.
    »Cathal«, sagte er. »Einfach nur Cathal, der gute alte Cathal. Ich wusste doch, ich kenne dich.«
    »Ja, wir haben uns schon mal hier im Pub gesehen, und dann im Flugzeug…« Ich verstummte, weil er energisch den Kopf schüttelte.
    »Mädchen, davon rede ich nicht. Ich bin ja nicht senil. Ich kenne dich, weil du Colins Tochter bist.«
    Mir blieb der Mund offen stehen. Für alle war ich Deirdres Tochter, niemand hatte je meinen Vater erwähnt.
    »Ja, es ist lange her«, sagte Cathal und kratzte sich gedankenverloren den Handrücken. Sein Blick schweifte ab. Ich folgte ihm: Dort, wo er hinsah, waren nur grüne Hügel und der weite Horizont, an dem sich kleine weiße Wolken gebildet hatten. Aber Cathal schien mehr zu sehen. »Ich kannte ihn gut, deinen Vater. Er war ja jeden Abend hier, bis zu seinem Tod. Ich habe ihn sehr gemocht. Tragisch, so früh zu sterben.« Jetzt sah er mich an, so als warte er auf etwas. Eine Reaktion. Ich wusste nicht, was er von mir wollte, aber sein Blick ließ mich frösteln.
    »Ich vermisse ihn immer noch sehr«, sagte ich. Es war eine Phrase, und ich dachte: Stimmt das wirklich? Vermisse ich meinen Vater?

    »Wie geht es Deirdre?«, wechselte Cathal das

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