Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
erholte sich vollständig und stieg, mit dem Nimbus des Unbesiegbaren, zu einer der wichtigsten Figuren der Hamas auf. Im April 2013 wurde er als Chef des Hamas-Politbüros bestätigt. Ironie der Geschichte: Er ist heute der politische Gegenspieler des erneut ins Amt gewählten Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Israels Politik der gezielten Tötungen könne zwei Effekte haben, sagte Meshal in einem Interview nach seiner Genesung, »einige lassen sich einschüchtern, andere reagieren trotzig. Ich gehöre zu den letzteren.«
Der Kickboxer – der Fall Fashi
»Bei einer verlustreichen Exekution sollte der Attentäter irgendein Fanatiker sein. Politische und religiöse Gründe sowie Rache sind dabei die einzigen möglichen Motive. Da ein Fanatiker psychologisch instabil ist, muss er mit großer Sorgfalt behandelt werden. Er darf auf keinen Fall die Identitäten anderer Mitglieder der Organisation kennen. Obwohl vorgesehen ist, dass er bei der Tat stirbt, könnte etwas schief gehen.«
CIA-Ratgeber für gezielte Tötungen, 1953
Man hielt die Geschichte, die der 26-jährige Majid Jamali Fashi erst dem Geheimdienst, dann den Strafverfolgern seines Landes, schließlich der Weltöffentlichkeit und am Ende seinen Richtern präsentierte, zunächst für reine Propaganda.Und vieles schien in der Tat zweifelhaft. Aber als später verschiedene Journalisten in den Vereinigten Staaten und in Europa ihre Kontakte in den Nachrichtendiensten befragten, ob das Geständnis mit ihren eigenen Erkenntnissen übereinstimme, räumten diese ein, dass an den Ausführungen des jungen Mannes durchaus etwas dran sei.
Am 11. Januar 2011 erklärte Heydar Moslehi, iranischer Minister für Nachrichtenwesen und Sicherheit (VEVAK), auf einer Pressekonferenz, es sei dem Iran gelungen, eine Gruppe von Iranern zu identifizieren, die den Auftrag hatte, »die aufrührerischen Ziele des zionistischen Regimes zu erfüllen«. Dann schilderte der hohe Kleriker und oberste Geheimdienstmann der Islamischen Republik, wie es seinem Dienst gelungen sei, den Landsmann Fashi als einen Agenten des Mossad zu entlarven. Der habe inzwischen gestanden, für den Tod des fünfzigjährigen Wissenschaftlers Dr. Massoud Alimohammadi von der Teheran University verantwortlich zu sein. Der Forscher war ein Jahr zuvor, am 12. Januar 2010, einem Bombenanschlag zum Opfer gefallen. Nur Tage nachdem Moslehi seinen Ermittlungserfolg präsentiert hatte, trat der Beschuldigte, man darf annehmen unter erheblichem Druck, in der Sendung »Iran Today« des englischsprachigen iranischen Senders Press TV auf, um sein Geständnis in allen Einzelheiten zu wiederholen.
Majid Jamali Fashi, Jahrgang 1984, kommt als Jugendlicher mit dem Kickboxen in Berührung. Statt auf einer Highschool sein Abitur zu machen, konzentriert er sich auf seinen Kampfsport, hat nur mäßig Erfolg, sucht sein Glück seit 2006 auf internationalen Wettbewerben. Doch das ohnehin dürftige Preisgeld nährt keinen Mann. Und so beschließt Fashi, sich auf irgendeinem Wege in die Europäische Union durchzuschlagen und dort als Flüchtling um politisches Asyl zu ersuchen. Im Oktober 2007 reist er nach Istanbul, lernt dort einige Exil-Iraner kennen, darunter einen altenMann, der ihm eine interessante Perspektive aufzeigt: »Er schlug mir vor, mit ihm zum israelischen Konsulat zu gehen, dort gebe es gut bezahlte Jobs.«
»Ich sprach dort zu Männern, die hinter getönten Scheiben saßen, sodass ich sie nicht sehen konnte«, erzählt er vor der Kamera. Die müssen gleich das Potential des Iraners erkannt haben. Sie bitten ihn, am nächsten Tag wiederzukommen, sicherheitshalber behalten sie unter einem Vorwand seinen Pass auf dem Konsulat, damit er ihnen nicht wieder von der Angel gehen kann. Doch das Angebot klingt für Fashi viel zu spannend, als dass er den nächsten Termin versäumen würde. Dabei erteilen ihm die Israelis einen ersten Auftrag. Fashi soll in Teheran Informationen über verschiedene Stadtteile beschaffen. Tatsächlich liefert er bei seinem zweiten Besuch in der Türkei dreißig handgeschriebene Seiten ab. Seine Auftraggeber im Konsulat seien »entzückt gewesen«, erzählt er voller Stolz. Fashis Geständnis – vorausgesetzt es wurde nicht fabriziert – illustriert den riesigen Aufwand, den der Mossad treibt, um Spione zu rekrutieren. Natürlich seien die »finanziellen Anreize« stark gewesen, sagt er bei seinem Geständnis, kritisiert aber auch seine eigene Überheblichkeit: »Ich glaubte, dass
Weitere Kostenlose Bücher