Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
manche Menschen dafür geboren sind, gewisse Aufträge zu erledigen, inzwischen weiß ich, dass es ein großer Unterschied ist, ob es sich um einen Film handelt oder um die Wirklichkeit.«
Mehr als ein Jahr lang wird Fashi durchleuchtet. Stimmt sein Lebenslauf? Oder wurde er womöglich vom iranischen Geheimdienst geschickt? Und er wird immer wieder an einen Lügendetektor angeschlossen. Erst als er alle Prüfungen bestanden hat, fliegt er im Januar 2009 nach Thailand, zu einem ersten persönlichen Treffen mit den Operateuren aus der Mossad-Zentrale. Als Deckmantel für seine Reise dient erneut ein Turnier für Kickboxer. Noch einmal bombardieren sie ihn mit Fragen, lassen ihn von ihren Spezialisten psychologisch examinieren. Bei einem weiteren Gespräch im Mai 2009, erneut in Thailand, kündigen seine Gesprächspartner dann die nächste Stufe seiner Ausbildung an: in Israel selbst. Am 23. Oktober fliegt Majid Fashi mit seinem iranischen Pass nach Baku in Aserbaidschan – in der Fernsehsendung von »Iran Today« werden die Einreisestempel in seinem Pass gezeigt.
Aserbaidschan und Israel pflegen seit der Unabhängigkeit der ehemaligen Sowjetrepublik im November 1991 eine besonders enge Beziehung: Die Regierung in Jerusalem war eine der ersten, die den neuen Staat diplomatisch anerkannte. Dafür gab es zwei gravierende Gründe: Zum einen lebt in Aserbaidschan eine relativ große Zahl sogenannter Berg-Juden, die aus dem Kaukasus stammen, darüber hinaus eine beachtliche Gemeinde der Ashkenazi-Juden; zum anderen besitzt das Nachbarland des Iran eine strategische Bedeutung; denn die Regierung beäugt die Hegemoniebestrebungen der Mullahs in Teheran extrem kritisch. Seit der Jahrtausendwende sind die Beziehungen zwischen Baku und Jerusalem noch enger geworden, weil beide Länder die nukleare Aufrüstung des Iran unbedingt verhindern wollen. Regierungschef Ilham Aliyev soll Israel inzwischen sogar die Nutzung der Luftbasen seines Landes für den Fall eines Angriffs auf Zielobjekte des iranischen Atomprogramms erlaubt haben. Das umfasst angeblich, für den Fall eines Krieges mit dem Iran, auch die Stationierung von israelischen Aufklärungsdrohnen, eines israelischen Tankflugzeuges und israelischer Rettungscrews für abgeschossene Piloten. Kaum verwunderlich also, dass auch der Mossad dortzulande über einen sehr aktiven Stützpunkt und ein weit geknüpftes Agentennetzwerk verfügt, das über die Grenze in den Iran einsickert.
Nach seiner Ankunft in Baku habe er von den Mossad-Leuten neue Papiere erhalten, behauptet Majid Fashi in seinemGeständnis. Der israelische Pass eines in Tel Aviv geborenen Ram Soleimani »enthielt mein Foto« und sonst »nur einen Einreisestempel für Baku/Aserbaidschan«. Er sei dann mit dem Ausweis nach Tel Aviv geflogen und vom Internationalen Flughafen direkt ins Hauptquartier nach Herzliya gebracht worden. Dort habe er ein vielfältiges Trainingsprogramm absolviert, Schießen und den Umgang mit magnetischen Haftbomben gelernt und die Veränderung des eigenen Aussehens – das kleine Einmaleins der Spione gewissermaßen. Schließlich sei er in einem Militärcamp in der Nähe der Autobahn von Tel Aviv nach Jerusalem anhand einer Kulisse in Originalgröße, die offenbar nach Fotos angefertigt worden war, mit dem Haus seines Opfers in Teheran vertraut gemacht worden. »Es war eine exakte Kopie des tatsächlichen Gebäudes, die Größe, das Material, die Farbe, die Bäume in der Umgebung, der Straßenasphalt, der Bordstein«, sagt Fashi in seinem TV-Geständnis. Und er habe lernen müssen, mit einem Motorrad umzugehen, einer Honda 125, die auch in Teheran auf ihn wartete – mit der präparierten Bombe.
Am Ende seines Aufenthalts in Israel steht sein eigentlicher Auftrag: Ein Mossad-Kommandeur »lobte mich und sagte, das wird eine sehr wichtige Operation, die uns viel gekostet hat. Es sind viele Menschen daran beteiligt, die alle ihr Leben verlieren, wenn ich nicht erfolgreich bin.« Zurück in Teheran kommuniziert Fashi nach eigener Darstellung über einen präparierten Laptop mit seinen israelischen Auftraggebern. »Der Computer hatte zwei Versionen von Windows installiert, die sie rot und weiß nannten«, erzählt der Iraner vor der Kamera, »um meine Meldungen abzusetzen, benutzte ich das rote Windows-Programm. Die Antworten kamen immer mit einer Verzögerung von 24 Stunden an. Wir konnten also nicht chatten, waren nie zeitgleich miteinander verbunden.«
Zwischen den einzelnen Mitgliedern
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