Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
kommt zu einem Handgemenge, Sekunden später zu einer wilden Schlägerei. Der Hamas-Mann blutet aus einer Kopfwunde. »Zwei Fremde, die auf einen Einheimischen einprügelten, das führte sofort zu einem Tumult auf der Straße«, schreibt Ronen Bergman, der die Ereignisse in Amman recherchiert hat. Kendall und Beads sind plötzlich von einem wütenden Mob umzingelt, an eine Flucht ist nicht mehr zu denken. Wenige Minuten später kassiert ein Polizeibeamter die beiden Israelis ein. Jetzt können sie nur noch hoffen, dass ihre Legende als kanadische Touristen hält und sie schnell wieder auf freien Fuß kommen. Doch der Polizei ist die Geschichte suspekt. Sie lässt einen Vertreter des kanadischen Konsulats kommen, damit er dessen angebliche Landsleute nach ihrer Herkunft ausfragen kann. Er braucht nur wenige Minuten: Wo immer die beiden Männer mit den kanadischen Pässen herkommen, aus Kanada stammen sie sicherlich nicht! Es war ein schwerer Fehler, mit einer offenbar schlampig einstudierten Drittlegende nach Amman zu kommen.
Die Darstellungen in dem halben Dutzend Veröffentlichungen über den Mordanschlag an Khaled Meshal widersprechen sich in vielen Details: McGeough spricht von drei Söhnen im Fonds des Wagen, in seiner Version spielen die Kinder aber bei dem Anschlag vor dem Hamas-Büro keine Rolle; bei Bergman und Raviv/Melman ist der mutige Mohammed Abu Sayaf ein zufällig erscheinender Hamas-Kurier, bei McGeough und in der New York Times einer der Bodyguards von Meshal. Übereinstimmend berichten jedoch alle, dass das Drama zu diesem Zeitpunkt gerade erst begonnen hat.
»Ich saß gerade am Pool des Intercontinental , als dort die Frau aus unserem Team auftauchte«, erinnert sich Mishka Ben-David, »sie hätte dort nichts zu suchen gehabt, wennalles nach Plan gelaufen wäre«. Die Agentin ist leichenblass, kann nur stockend berichten, was passiert ist. Er habe dann sofort Kontakt mit dem Hauptquartier aufgenommen und von dort die Anweisung erhalten, »sofort alle Leute von ihren verschiedenen Positionen einzusammeln und zur israelischen Botschaft in Amman zu bringen«, sagt Ben-David. Den Mossad-Leuten bleibt nur noch die Flucht in die eigene diplomatische Vertretung. Vier Agenten treffen dort kurze Zeit später ein, das Botschaftsgebäude wird aus Angst vor einer Erstürmung durch das jordanische Militär umgehend verriegelt.
Unterdessen wurde Khaled Meshal in das King Hussein Medical Center eingeliefert; er liegt im Koma, muss künstlich beatmet werden. Sein Zustand ist kritisch. Die Ärzte sind ratlos. Etwa zur gleichen Zeit greift Premierminister Netanjahu in Jerusalem zum Telefonhörer, um König Hussein anzurufen und um eine sofortige Audienz seines Geheimdienstchefs Yatom zu ersuchen. Weder die Meldung von der Festnahme der beiden »Kanadier«, noch jene aus der Klinik haben bislang ihren Weg in den Hashemiten-Palast gefunden, Hussein ist also ahnungslos. Er stimmt einem Treffen zu, glaubt, es gehe um eine neue Initiative gegenüber der Hamas, die er den Israelis unlängst vorgeschlagen hatte. Eine Stunde später trifft der Mossad-Memune mit dem Hubschrauber in Amman ein. Der König begrüßt ihn freundlich, solche mitunter auch kurzfristigen Begegnungen sind inzwischen fast zur Routine geworden. Als Yatom ihm den Anschlag gesteht und sogleich um Unterstützung ersucht, seine sechs Ceasarea-Agenten ausreisen zu lassen und die Affäre auf diplomatischem Wege zu lösen, sagt der König kein Wort. Nur seine Augen scannen den Mossad-Chef und den ihn begleitenden Offizier. Dann steht er auf, verlässt stumm den Raum. Hussein sei rasend gewesen, als habe man ihm ein Messer in den Rücken gestoßen, bekunden später Augenzeugen, die dem Treffen beiwohnten. Yatom muss ohne eine Reaktion oder gar eine Zusage nach Jerusalem zurückkehren.
Zwischenzeitlich hat die israelische Regierung die Vereinigten Staaten auf verschiedenen Kanälen informiert und um Vermittlung gebeten. Doch CIA-Direktor George Tenet, bei dem eine der Alarmmeldungen aufläuft, kennt die wesentlichen Fakten schon von seiner jordanischen Station. Er lehnt eine Intervention ab. Sollen die Israelis doch sehen, wie sie den Kopf aus der Schlinge ziehen. Er informiert seinen Präsidenten, doch auch Bill Clinton weigert sich, den König zu besänftigen. Dabei ist allen klar, wenn Meshal stirbt, wird Hussein gezwungen sein, Kendall und Beads vor Gericht zu besänftigen, schon um die Palästinenser in seinem Land zu besänftigen. Dann droht den
Weitere Kostenlose Bücher