Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
nicht getraut, Konsequenzen zu ziehen. Die Israelis kamen wieder einmal mit allem durch. »Es war einfacher, nichts zu tun, als in Jerusalem die Wände zum Wackeln zu bringen«, habe ihm eine seiner Quellen anvertraut. Erst nach dem Amtsantritt von Barack Obama seien dann viele amerikanisch-israelische Geheimdienst-Projekte im Iran drastisch zurückgefahren worden.
Der Feind meines Feindes: Der Mossad versuchte, den Chef der sunnitischen Terrororganisation Jundallah, Abdolmalek Rigi, zu rekrutieren, um Anschläge gegen iranische Ziele durchzuführen.
Naturgemäß gab es keine offizielle Stellungnahme des Mossad zu der Veröffentlichung in Foreign Policy , wohl aber ein inoffizielles Dementi. Die Behauptungen seien »purer Unsinn«, ließ ein ungenannter Operateur über die Tageszeitung Haaretz verbreiten. Was hätte er auch anderes sagen sollen?
Jundallah-Anführer Abdolmalek Rigi wurde im Februar 2010 auf der pakistanischen Seite von Baluchistan festgenommen und, nachdem die amerikanische Regierung informiert worden war, an den Iran ausgeliefert. Am 26. Februar 2010 hatte auch Rigi seinen Auftritt im iranischen Fernsehen, auch er, wie später Fashi, sicherlich nicht freiwillig. Schon beieinem ersten Treffen 2007 in Marokko, angeblich mit NATO-Verantwortlichen, habe er Zweifel bekommen, wer sich hinter der großherzigen Offerte tatsächlich verberge. »Sie boten an, uns zu helfen, unsere Gefangenen zu befreien und uns Waffen zu liefern, Bomben und Maschinengewehre«, erzählte er vor der Kamera. Sie seien hinterher zu dem Ergebnis gekommen, »dass es sich bei seinen Gesprächspartnern entweder um Amerikaner unter NATO-Deckmantel gehandelt haben müsse – oder um Israelis«.
Rigi wird zum Tode verurteilt und am 20. Juni 2010 hingerichtet. Ziemlich genau ein Jahr später, im August 2011, steht auch der Kickboxer Majid Jamali Fashi vor seinen Richtern. Noch einmal bekennt er sich schuldig, bittet die im Gerichtssaal anwesenden Angehörigen seines Opfers Dr. Masoud Alimohammadi um Verzeihung. Doch das Revolutionsgericht kennt keine Gnade. Vor Dutzenden internationaler Kamerateams verurteilt es Fashi zum Tode. Er habe »Krieg gegen Gott geführt« und sei »korrupt auf Erden« gewesen, heißt es im Urteil. Beides gilt in der streng islamischen Scharia als Kapitalverbrechen.
Im Morgengrauen des 15. Mai 2012 wird Majid Jamali Fashi im Hof des Evin Gefängnisses am Stadtrand von Teheran gehenkt.
ISRAELISCHE INLANDSGEHEIMDIENSTE
Tödlicher Irrtum – der Fall Qawasmeh
»In einem Krieg gegen den Terror vergiss die Moral!«
Avraham Schalom, Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, 1981 bis 1986, im israelischen Dokumentarfilm »The Gatekeepers« von Dror Moreh
»Wir sind auf dem besten Wege zu einem Punkt, an dem der Staat Israel keine Demokratie … mehr ist.«
Ami Ayalon, Chef des Inlandsgeheimdienstes Shin Bet, 1996 bis 2000, ebd.
Es ist die Stunde der israelischen Antiterroreinsätze. Kurz nach 3.30 Uhr in der Nacht des 7. Januar 2011 schleicht in Haret al-Sheikh, dem palästinensischen Teil von Hebron auf der Westbank, ein Kommando die Außentreppe eines Hauses hinauf, das sich über mehrere Etagen erstreckt. Die Soldaten tragen das Abzeichen von Duvdevan (»Kirsche«) am Ärmel, einer Elite-Einheit der Armee, sie haben ihre Gesichter mit schwarzer Farbe bemalt, damit diese den Schein der Straßenlaternen nicht reflektieren. Außerdem verleiht es ihnen ein martialisches Aussehen, das Angst und Schrecken einflößt. Die Anweisungen des Anführers erfolgen wortlos, per Handzeichen, alle wissen, was zu tun ist. Sie haben solche Einsätze immer wieder geübt. Ihre automatischen Waffen sind entsichert. Zwei Soldaten haben eine Art Rammbock dabei, mit dem sie Sekunden später die Eingangstür des Hauses mit lautem Knall aufstoßen. Dann stürmen zwei Soldaten zielstrebig etwa zehn Meter geradeaus durch den Hausflur auf die Tür des Schlafzimmers zu.
»Ich kniete neben dem Bett und betete«, erzählt Subhiyeh al-Qawasmeh, »mein Mann schlief fest. Und da kamen zweiSoldaten hereingestürmt und fingen sofort an zu schießen. Beide … Tuff, tuff, tuff«, ahmt sie die kurze Salve nach. Zwei junge Elite-Soldaten beenden das Leben von Omar al-Qawasmeh, der gerade unter seiner Bettdecke aufgeschreckt ist, einer zielt auf den Körper, der andere auf den Kopf. »Es ging alles so schnell«, erzählt die Witwe ein Jahr danach, »ich schrie: ›Ihr habt meinen Mann getötet!‹ Aber sie hörten mich nicht.«
Der 66-jährige
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