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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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Kanzlei. Viele seiner Fälle betreffen Rechtsverletzungen durch israelische Siedler in den besetzten palästinensischen Gebieten des Westjordanlandes.
    Ghanayem reichte Klage vor der Zivilkammer des Bezirksgerichts in Jerusalem ein, damit die Verantwortlichen ermittelt werden und die Familie al-Qawasmeh für den Verlust ihres Ernährers entschädigt wird. Nach Lektüre der Zeugenberichte habe er nicht den geringsten Zweifel, dass es einen »klaren Befehl gab, Wael al-Bitar hinzurichten, und dass der Antiterroreinheit dabei ein grauenhafter Fehler unterlief«, sagt Ghanayem, der Sachverhalt sei eigentlich »sonnenklar«. Das Gericht wurde gebeten, die internen Unterlagen des Verteidigungsministeriums für seine Beurteilung heranzuziehen.
    Ende 2011 stellte die Kammer Ghanayem eine sogenannte »Immunitätsbescheinigung« des Verteidigungsministeriums zu, unterschrieben von Ehud Barak persönlich. Der Minister teilt darin dem Bezirksgericht mit, »dass die Weitergabe von Beweismitteln in dem hier aufgeführten Fall die Sicherheit des Staates gefährden könnte«. Sämtliche Informationen über die »Arbeits- und Vorgehensweise … und die eingesetzten technischen Mittel« der Streitkräfte (IDF) und des Inlandsgeheimdienstes Shin Beth unterlägen strengster Geheimhaltung. Eventuell verletzte Rechte der Familie al-Qawasmeh hätten darüber zurückzustehen.
    Doch damit nicht genug: Obwohl das Gericht anordnete, den al-Qawasmehs eine Sondererlaubnis zu erteilen, aus Hebron nach Jerusalem zu kommen, um ihr Anliegen persönlich vorzubringen, ignorierte die Armee mit Verweis auf die Staatssicherheit auch die richterliche Verfügung. Ihr Antrag für einen Tagesbesuch in Israel wurde immer wieder abgeschmettert. »Ist das nicht absurd?«, klagt Subhiyeh al-Qawasmeh, »mein Mann hat mehr als dreißig Jahre als Maler in Israel gearbeitet, hatte einen Dauerpassierschein. Jetzt, wo er tot ist, verweigern sie uns die Einreise. Wir haben ihnen nie irgendeinen Schaden zugefügt! Seine Kunden in Israel schickten sogar Beileidskarten zu seinem Tod!«
    Aber es gab noch andere Schwierigkeiten für die al-Qawasmehs, zu ihrem Recht zu kommen: Die Staatsanwaltschaft verlangte, wie bei einem solchen Prozess möglich, eine hohe Vorschusszahlung des Klägers, als Erstattung der möglicherweise anfallenden Kosten, falls die Klage abgewiesen würde. Das sei natürlich »eine bewusst hohe Hürde« für einen Prozess, »denn die meisten palästinensischen Kläger sind arme Leute«, sagt der Anwalt. Er präsentierte dem Bezirksgericht deshalb einen israelischen Bürgen, der sich rechtsverbindlich bereit erklärte, alle Auslagen der Familie al-Qawasmeh zu decken. Die Kammer stimmte seinem Vorschlag zu, die Armee lehnte ihn ab, wurde dann aber vom Gericht gezwungen, das Angebot zu akzeptieren.
    Ist Israel noch ein Rechtsstaat? Ghanayem lächelt vielsagend. »In Israel werden Recht und Gesetz strikt befolgt«, sagt er nach einer Gedankenpause, »aber nicht in den besetzten Gebieten des Westjordanlandes«. Dort herrsche »Willkür«.
    Die »Rambos« der Duvdevan-Einheit waren übrigens schon einmal, siebzehn Jahre zuvor, in einen Skandal verwickelt. Am 13. November 1993 starb Iyad Mahmoud Awad Badran durch mehrere Salven aus den MPs von vier israelischen Soldaten, die die »Kirsche« am Ärmel trugen. Der achtzehnjährige Palästinenser musste mit seinem Wagen auf einer Straße anhalten, weil ihm ein Van mit zivilen Nummernschildern die Weiterfahrt versperrte. Die Gruppe der Eliteeinheit eröffnete sofort das Feuer, angeblich habe sich der junge Mann trotz ihrer Zurufe entfernen wollen. Es handelte sich um einen klaren Verstoß gegen die militärischen Vorschriften und wäre damit zumindest Totschlag gewesen. Der Militärstaatsanwalt dealte mit den Verteidigern ein Strafmaß aus: Dreißig Tage Haft mit einjähriger Bewährungszeit. Doch das Militärgericht in Jaffa kassierte die Vereinbarung wieder und verurteilte jeden der vier Todesschützen jeweils zu einer Stunde Gefängnis und einer symbolischen Geldstrafe von 0,0033 Dollar. Es gab einen Sturm der Entrüstung in der ganzen Welt, der den Militärstaatsanwalt schließlich veranlasste, in die Berufung zu gehen. Daraufhin wurde die Strafe wieder auf die ursprünglich ausgehandelten dreißig Tage heraufgesetzt.
    Im Fall al-Qawasmeh kam es bislang nicht einmal zu einem Prozess.

Plan B – der Fall Mussawi
    »Wenn sie wussten, dass sie auf Mussawi und sein Kind schossen, war es ungesetzlich und

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