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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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Marschflugkörpern. Für die israelischen Streitkräfte boten die Observationsdrohnen schon seit zehn Jahren eine Option, weil sie die Lufthoheit über den besetzten palästinensischen Gebieten besaßen: Hatten sie einen Terroristen erfasst, konnte die Exekution durch einen Raketenangriff von einem Helikopter aus erfolgen, dem die Zielkoordinaten übermittelt worden waren. So geschehen erstmals 1992 bei der Ermordung des Hisbollah-Führers Mussawi im Süd-Libanon (siehe S. 284). Aber für die CIA war es eine neue Erfahrung: Die mit Hellfire-Raketen bewaffneten Drohnen, die inzwischen ihre Bahnen am Himmel über Afghanistan zogen, konnten den Feind nicht nur aufspüren, sondern auch töten.
    Die erste Bewährungsprobe kam Mitte November 2001, kurz nach dem Einmarsch amerikanischer Truppen. Hoch über einem Haus in der Nähe von Kabul feuerte ein Predator eine Rakete ab, die das Gebäude in Schutt und Asche legte. In den Trümmern starb Mohammed Atef, 57 Jahre alt. Er stand in den Vereinigten Staaten wegen seiner Mitwirkung an den Anschlägen von Tansania und Kenia unter Anklage, und galt zudem als einer der Planer der Anschläge vom 11. September. Vier Wochen zuvor war Präsident Bush im FBI-Hauptquartier das erste Exemplar eines Fahndungsplakats mit 22 gesuchten Terroristen überreicht worden. An der Spitze standen: Osama bin Laden, darunter zwei seiner lieutenants , der Ägypter Dr. Ayman al-Zawahiri und Mohammed Atef. Nach seiner Rückkehr ins Oval Office hatte Bush das Plakat mit Fotos und geheimen biografischen Daten der most wanted in einen Ordner seines Schreibtischs gelegt, seine persönliche Liste zum Abstreichen gewissermaßen. Als Atefs Tod drei Tage nach der Drohnenattacke von den Taliban bestätigt wurde, holte der Präsident seine scorecard heraus und malte ein großes X über das Foto des Terroristen.
    Es folgte eine Reihe von schweren Rückschlägen. Erst blieben im Dezember 2001 bei der Schlacht um Tora Bora, einem Höhlenkomplex in den White Mountains an der afghanischpakistanischen Grenze, in dem sich bin Laden und seine Gefolgschaft sowie führende Taliban auf der Flucht vor den alliierten Truppen verschanzt hatten, Erfolge aus; bin Laden konnte sich zu Fuß oder auf dem Rücken eines Maultieres über schmale Pfade nach Pakistan absetzen. Danach musste die CIA die Meldung revidieren, Ayman al-Zawahiri, bin Ladens Stellvertreter, sei getötet worden. Wieder hatte George W. Bush seine persönliche »Hitliste« der Al-Qaida-Terroristen aus der Schublade geholt und das Foto des Ägypters mit einem X versehen. Zu voreilig. Das musste er jetzt mühsam, aber pflichtbewusst wieder ausradieren.

Phoenix revival
    »Die Predator-Drohne ist die Waffe der Wahl, aber es könnte auch jemand sein, der ihnen eine Kugel in den Kopf jagt.«
    John Rizzo, ehemaliger CIA-Jurist, der die jeweiligen Angriffsziele für Drohnen-Exekutionen bestätigen musste
    »Warum haben sie das gemacht? Warum haben die Amerikaner Daraz getötet? Wir haben nichts, nichts! Und jetzt habt ihr uns auch noch Daraz genommen!«
    Die sechzehnjährige Nichte des in Zhawar Kili getöteten Daraz Khan, 2002
    Am 4. Februar 2002 starren mehrere Analysten der CIA gebannt auf ihre hochauflösenden Monitore und beobachten die eingehenden Bilder einer Drohne hoch über der abgelegenen Region Zhawar Kili in der afghanischen Provinz Paktia. Bei der Ansiedlung handelte es sich um die Reste einer ehemaligen Taliban-Basis aus den achtziger Jahren, als die islamistischen Kämpfer noch Mudschaheddin genannt wurden, mit den Amerikanern verbündet waren und als Vorhut gegen den sowjetischen Imperialismus dienten. Zwei große Schlachten mit der Roten Armee fanden hier statt. 1998 schickte US-Präsident Bill Clinton mehrere Tomahawk-Marschflugkörper in die Region, als Rache für die Anschläge auf amerikanische Botschaften in Afrika, weil Zhawar Kili inzwischen als Al-Qaida-Camp galt (siehe S. 82). Und Ende 2001, nach dem Einmarsch der US-Truppen, bombardierte die Air Force das Areal erneut. In Zhawar Kili steckt viel Metall im Boden.
    Dem Drohnenpersonal der CIA fällt plötzlich ein hoch aufgeschossener Mann auf, der sich enthusiastisch mit zwei anderen Afghanen zu unterhalten scheint. Er trägt einen langen Kaftan. Die Leute im Kontrollraum zoomen heran. Noch näher. Ist er bewaffnet? Einer meint, der sehe ja aus wie bin Laden. Stille. Dann bekommt er Zustimmung von den Kollegen. Haben sie tatsächlich den leibhaftigen Al-Qaida-Chef vor sich? Hat er sich hierhin

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