Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
sich der Iran von hier aus viel besser infiltrieren lässt als über die großen Flughäfen des Landes. Die israelischen Agenten, die sich mit unverdächtigen internationalen Pässen in den Emiraten bewegen, fühlen sich hier fast wie zu Hause. Sie können iranische Besucher und Geschäftsleute aushorchen oder gar anwerben, und sie können undercover in Deira als Bootsleute für eine Passage in den Iran anheuern oder als Rucksack-Touristen von Sharjah aus mit dem Schnellboot übersetzen.
Am frühen Abend des 25. August 2009 geht im Port Rashid ein junges Paar an Bord des Katamarans nach Bandar Abbas. Man kann vermuten, dass die beiden mit schweren Rucksäcken, Sonnenbrillen und Reiseführern unterwegs sind: Adam Marcus Korman, der gerade 34 Jahre alt geworden ist, und seine 26-jährige Freundin Nicole Sandra Mc-Cabe kommen aus Australien; wie spätere Ermittlungen der Polizei ergeben werden, sind sie am 20. August mit Emirates -Flug EK 381 aus Hongkong in Dubai eingetroffen. Sie haben dann offenbar ein paar Tage mit Sonnenbaden und Sightseeing verbracht und wollen jetzt zur nächsten Station ihrer backpacker -Tour aufbrechen, die sie am nächsten Morgen erreichen werden. Ihr Ticket Nr. 858823-735 hat schon vor Wochen ein Freund vor Ort gekauft, jetzt legen die beiden ihre australischen Pässe mit den Nummern L 4819236 (Korman) und L 4041765 (McCabe) vor und nehmen ihre reservierten Plätze ein. Alles scheint seine Richtigkeit zu haben.
Manipulierter Pass des Mossad-Agenten Adam Korman, der mit diesen Papieren in den Iran reiste.
Zur selben Zeit gehen in Israel Adam Marcus Korman (34) und Nicole Sandra McCabe (26) ihrem gewohnten Leben nach. Korman ist australischer Herkunft aus Melbourne, arbeitet als Geigenbauer in einem Apartment am Rothschild Boulevard in Tel Aviv, seine Frau hat gerade das erste Kind zur Welt gebracht; McCabe stammt ebenfalls aus Melbourne, hat vor kurzem in Israel geheiratet. Tatsächlich sind sich Korman und McCabe nie begegnet, weder in Australien noch in Israel, schon gar nicht reisen sie gerade gemeinsam über Sharjah in den Iran. Die beiden sind Opfer des Mossad geworden. Er hat ihre Identitäten »entliehen«, um mit deren Hilfe streng geheime Operationen im Ausland durchzuführen, zu der Zeit gerade im Land des Erzfeindes Iran.
Welche Aufgabe die beiden israelischen Agenten nach ihrer Ankunft in Bandar Abbas haben, ob sie Kontakte zu iranischen Oppositionsgruppen auffrischen, die Lebensumstände iranischer Kernphysiker auskundschaften oder Bodenproben aus der Nähe iranischer Atomanlagen nehmen sollen, um in ihnen den Anteil hochangereicherten Urans ermitteln zu können – niemand weiß es. Die Spionage-Aufgaben für Caesarea-Kombattanten dürften in einem Land, das nach einer Atombombe strebt und Israel von der Landkarte ausradieren möchte, ungeheuer vielfältig sein. Urlaub machen und Kulturschätze besichtigen steht sicherlich nicht auf dem Programm des Agentenpärchens, und wenn, dann nur aus Gründen der Tarnung.
Am 12. Januar 2010, nur wenige Monate nach der heimlichen Einreise der beiden Agenten, fällt der fünfzigjährige iranische Nuklearexperte Massoud Alimohammed in Teheran einem Bomben-Anschlag zum Opfer. Er ist bereits der dritte iranische Atomwissenschaftler, der heimtückisch ermordet wird. Haben Korman und McCabe im Hintergrund an der Vorbereitung des Anschlags mitgewirkt? Oder steht die nächtliche Überfahrt von Sharjah nach Bandar Abbas vielleicht in Zusammenhang mit dem Versuch der Israelis, Kontakte mit der sunnitischen Terrorgruppe Mujahedine-Khalq (Jundallah) zu vertiefen, die Wochen zuvor, im Mai 2009, während eines schiitischen Festes in einer Moschee in Zahedan, durch einen Selbstmordanschlag 25 Menschen getötet und mehr als einhundert Gläubige verletzt hatte? Der Mossad unterstützte damals die von Pakistan aus operierende Terrorgruppe, um das schiitische Regime in Teheran zu destabilisieren und Anschläge auf Atomphysiker vorzubereiten. Die Agenten operierten dabei »unter falscher Flagge«, sie gaben vor, Mitarbeiter der CIA zu sein und warfen mit Bündeln von Dollars um sich, um mit den Anführern von Jundallah ins Geschäft zu kommen (siehe S. 271).
Ahnungslos oder naiv: Der Geigenbauer Adam Korman, dessen Pass vom Mossad für gefährliche Operationen missbraucht wurde, lebt in Tel Aviv.
Es war eine geheimdienstliche Himmelfahrtsmission. Hätten die Iraner sie erwischt, wären sie vermutlich öffentlich gehenkt worden – so wie der Mossad-Agent
Weitere Kostenlose Bücher