Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Eli Cohen am 18. Mai 1965 auf dem Märtyrer-Platz in Damaskus. Aber anders als damals hätten die Iraner 2009 nur den Namen Adam Korman im Internet googeln müssen, um auf einen gleichnamigen und gleichaltrigen Geigenbauer und Musiker australischer Herkunft in Tel Aviv zu stoßen. Und auch von der echten Nicole McCabe hätten sich Spuren im Netz finden lassen. Wenn eine simple Recherche in der virtuellen Welt das fast sichere Todesurteil für das Agentenpärchen bedeutet hätte – ist das dann nicht purer Leichtsinn?
»Ein bestimmtes Risiko muss in Kauf genommen werden«, sagt Moti Kfir, »es gibt keine hundertprozentigen Operationen!« Kfir war viele Jahre lang Ausbilder der »Frischlinge« an der Mossad-Akademie. Es sei das große Problem des Geheimdienstes, dass seine »Kämpfer« in der arabischen Welt oder im Iran logischerweise nicht mit israelischen Pässen operieren könnten, räumt er ein. Deshalb gerieten junge Einwanderer, vornehmlich wenn sie aus Australien, Kanada oder England nach Israel kämen, fast automatisch ins Visier des Nachrichtendienstes. »Das war zu meiner Zeit so – und das ist heute nicht anders«, fügt Kfir an, will dann aber über Details lieber nicht mehr preisgeben.
Soviel ist bekannt: Bei der Übergabe ihres neuen israelischen Passes werden die Neubürger diskret gefragt, ob sie »der Regierung« ihre australischen, kanadischen oder englischen Identitätsdokumente für eine gewisse Zeit zur Verfügung stellen könnten, sie hätten für ihre Auslandsreisen ja nunmehr israelische Papiere. Viele lassen sich aus Loyalität gegenüber ihrem neuen Heimatland auf dieses Spiel ein, ohne zu hinterfragen, was denn diese Regierung mit den Dokumenten zwischenzeitlich anzustellen gedenke. Da Pässe heute in der Regel als fälschungssicher gelten und durch die internationale Datenvernetzung jederzeit und überall überprüfbar sind, können auch die Fälscher der Geheimdienste, die mit ausgeklügelten Methoden und speziellen Drucktechniken arbeiten, keine komplett neuen Pässe produzieren. Gebraucht werden deshalb echte Dokumente.
So könnte zum Beispiel der Mossad seinen Agenten mit den Papieren, sagen wir, nach Toronto schicken, um dort persönlich mit seinen eigenen Fotos einen neuen kanadischen Pass zu beantragen. Begründung: der alte laufe demnächst ab. Da das Passfoto vielleicht schon zehn Jahre alt ist, fällt dem Beamten womöglich nicht auf, dass eine andere, gleichaltrige, ähnliche Person den Antrag stellt. Auch dieUnterschrift verändert sich mit der Zeit und lässt sich leicht einüben. Solange untrügliche Identitätsmerkmale wie der Fingerabdruck nicht in den Reisepapieren festgehalten werden, bleiben solche Manipulationen möglich und gehören bei allen Nachrichtendiensten zum alltäglichen Geschäft (siehe S. 124).
Beim Pass des Agenten Korman dürfte es sich allerdings um den Originalpass des Geigenbauers Korman handeln, denn er wurde im November 2003 an der australischen Botschaft in London ausgestellt. Damals arbeitete der Australier für einen Violin-Reparaturbetrieb in der britischen Metropole, er wanderte erst 2005 nach Israel aus. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Mossad ihm bei der Einbürgerung den australischen Pass abschwatzte und dann das Foto nachträglich manipulierte.
Nicole McCabe, deren Pass 2003 in Melbourne gedruckt wurde, und Adam Korman reisten wahrscheinlich seit 2006/2007 als Agentenpärchen des Mossad durch die Welt und zahlten sogar mit derselben Kreditkarte. Ihre Aufgabe: mit den geborgten Identitäten als »Kriminelle im Staatsdienst«, wie Ex-Mossad-Agent Gad Shimron es formuliert, »zu spionieren, einzubrechen, zu stehlen und andere, nicht sehr nette Dinge mit anderen Menschen zu machen«.
Am 18. Januar 2010 um 23 Uhr taucht Adam Korman erneut in Dubai auf, er kommt mit Flug EK 098 aus Rom, diesmal ohne Nicole McCabe, aber in Begleitung von fünf Kollegen. Sie gehören zu einem Mordkommando des Mossad, das den Hamas-Waffenhändler Mahmoud al-Mabhouh liquidieren soll. Der wird zu Verhandlungen mit iranischen Lieferanten im Emirat erwartet.
Ein lauter hit – der Fall Mabhouh
»Wenn die Entscheidung für eine Exekution gefallen ist, muss die Taktik der Operation geplant werden, und zwar basierend auf einer Abschätzung der Situation, ganz wie bei militärischen Operationen. Die erste Abschätzung wird Informationslücken und möglicherweise die Notwendigkeit aufzeigen, spezielle Gerätschaft zu produzieren oder zu
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