Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
Jura-Professoren können schon von sich behaupten, dass sie Todesurteile unterschrieben haben?«
Nach Veröffentlichung seines »Interviews« mit Newsweek eröffnete das US-Justizministerium ein Ermittlungsverfahren wegen Geheimnisverrats gegen John Rizzo.
DER MOSSAD
Die verbotene Stadt
»Sie bringen dir bei, wie man, wenn man so will, ein Krimineller im Staatsdienst wird. Der Staat gibt dir die Erlaubnis, einzubrechen, zu stehlen und viele nicht sehr nette Sachen mit anderen Menschen zu machen.«
Gad Shimron, ehemaliger Mossad-Agent
Wer aus dem Norden Israels kommend auf der Autobahn Nr. 2 Richtung Tel Aviv fährt, passiert bei Herzliya auf der linken Seite ein großes Einkaufszentrum mit Multiplex-Kino: »Cinema City«. Unmittelbar danach, hinter einer mit Stacheldraht bewehrten hohen Mauer, folgt das Hauptquartier des israelischen Auslandsgeheimdienstes Mossad. Auf der den Spionen zugewandten Seite der Shopping Mall existieren keine Fenster, was vermutlich eine unabdingbare Voraussetzung für die Erteilung einer Baugenehmigung war. Und dennoch scheint diese Nähe ein Widerspruch in sich: Der so legendäre wie mysteriöse Nachrichtendienst – hautnah neben einem öffentlichen Kino mit Einkaufsläden und viel Publikumsverkehr?
Von oben, bei google earth, erkennt man (bei offenbar gebotener Unschärfe) ein von mehreren Schnellstraßen eingeschnürtes, schätzungsweise zehn Hektar großes Gelände (Koordinaten: 32‘08‘32.92 N und 34‘48‘14.32 O). Der ältere Teil des Areals mit dem Gebäude, in dem der Direktor des Geheimdienstes seine Büros hat, und einem kugelförmigen Wasserspeicher liegt auf einem Hügel, östlich davon befindet sich ein riesiger Parkplatz, nördlich schließt sich ein offensichtlich neuerer, wabenförmiger Komplex an. Tagaus, tagein fahren Zehntausende von Pendlern auf ihrem Wegvon und nach Tel Aviv an der Geheimdienstzentrale vorbei. Wenn sich der Verkehr auf dem flyover zur Autobahn Nr. 5 staut, können die wartenden Autofahrer das Treiben in der verbotenen Stadt aus der Ferne beobachten. Doch alle Israelis wissen, dass solche Blicke nicht erlaubt sind. Auf allen Landkarten ist die Geheimdienstzentrale ein weißer Fleck, sie darf nicht fotografiert oder auch nur beschrieben werden. Israelische Autoren, die über den Mossad berichten, winden sich oft in ihren Formulierungen, wenn sie über das Headquarter sprechen, bezeichnen es zum Beispiel als Areal an einem Autobahnkreuz im Norden von Tel Aviv. Bis vor einigen Jahren war selbst der Name des Mossad-Chefs ein öffentliches Tabu. Inzwischen wurde der Schleier ein wenig gelüftet. Der israelische Auslandsgeheimdienst verfügt heute sogar über einen Auftritt im Netz ( www.mossad.gov.il ).
Der volle Name des am 13. Dezember 1949 auf Veranlassung des ersten israelischen Ministerpräsidenten David Ben-Gurion gegründeten Nachrichtendienstes lautet auf Hebräisch HaMossad l’Modi’in u’l’Tafkidim Meyuchadim , was man mit Institut für Nachrichtengewinnung und spezielle Aufgaben übersetzen könnte. Das ist auch heute noch eine ziemlich präzise Umschreibung seiner Aufgaben: Spionage und verdeckte Operationen. Auch ein Motto hat sich das »Institut« irgendwann gegeben, man kann es auf der englischsprachigen Internetseite des Mossad nachlesen: »Where no counsel is, the people fall, but in the multitude of counselors there is safety«. Was damit gemeint ist, erschließt sich auch dem Sprachkundigen nicht auf Anhieb. Die Wortwahl treffe nicht die Vieldeutigkeit der hebräischen Begriffe, urteilen die beiden Mossad-Spezialisten Yossi Melman und Dan Raviv, sie schlagen eine Übersetzung vor, die dem Mossad wohl gefallen würde: Ohne hinterhältige Pläne wird Israel sterben; aber wenn es eine Vielfalt von Informationen gibt, wird Israel errettet.
Ein paar Tausend Mitarbeiter arbeiten für den Mossad, aber längst nicht alle gehen in der »verbotenen Stadt« ihrem Spionagehandwerk nach. Der Geheimdienst kann in aller Welt auf ein engmaschiges Netz sogenannter Sajanim zurückgreifen, das sind freiwillige Helfer, die sich entweder aus israelischen Staatsbürgern oder jüdischen Sympathisanten rekrutieren. Sie leisten bereitwillig logistische Unterstützung, ohne viel zu fragen, vor allem ohne in die Operationen eingeweiht zu werden.
Der Mossad gliedert sich in mehrere große Abteilungen, die größte wird Tsomet genannt, das hebräische Wort für »Kreuzung«; hier werden Informationen gesammelt und Spione in der ganzen Welt geführt,
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