Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
jungen Damen – und die jungen Damen liebten ihn. 1963 bat ihn seine Mutter, eine junge Ägypterin zu heiraten, er folgte ihrem Wunsch. Ein Jahr später wurde Hassan, der erste Sohn des Paares geboren, man nannte Ali jetzt Abu Hassan (»Vater von Hassan«). Der aber blieb seinen Gelüsten treu, verbrachte als anerkanntes Mitglied der Partyszene von Kairo mehr Nächte in den Nachtclubs der ägyptischen Metropole als daheim bei Frau und Kind. Nach dem Sechstagekrieg 1967 und der israelischen Besetzung trat Abu Hassan der PLO bei, erregte sehr bald die Aufmerksamkeit von Yassir Arafat, dessen Protektion ihn bis an die Spitze der Organisation und seines Sicherheitsapparates führte – und damit ins Fadenkreuz der Israelis brachte.
Zwar fürchtete sich Abu Hassan durchaus vor einem israelischen Anschlag auf sein Leben, insbesondere nach derOperation »Spring of Youth«: In der Nacht vom 9. auf den 10. April 1973 setzte der spätere Premierminister Ehud Barak, Kommandeur der Eliteeinheit Sayeret Matkal, verkleidet als eine Frau, zusammen mit 15 Soldaten in Zodiac- Schnellbooten von Haifa nach Beirut über. Sie landeten im Schutze der Nacht am Strand, drangen in zwei Häuser im Stadtteil Verdun ein und erschossen drei PLO-Leute, die nach israelischen Erkenntnissen mit dem München-Attentat in Verbindung standen, darunter den Operationschef des »Schwarzen September«, Mohammed Youssef al-Najjar (»Abu Youssef«). »Meine Wohnung liegt nur fünfzig Meter neben der von Abu Youssef«, ließ sich Salameh Tage später in einer libanesischen Zeitung zitieren, »aber die Mörder haben sich aus einem einfachen Grund nicht getraut, sie zu stürmen: sie wurde von vierzehn Leuten bewacht«. Er ließ danach geladene AK-47-Maschinengewehre in jedem Zimmer seines Apartments deponieren, für den Eventualfall. »Aber er war schon viel zu sehr an Luxus und Extravaganz gewöhnt, als sich mit Sicherheitsvorschriften anzufreunden, die unberechenbares Verhalten zum obersten Gebot machten«, schreibt Aaron J. Klein in seinem Buch »Striking Back«.
Außerdem hoffte sich Abu Hassan durch eine spezielle Verbindung weitgehend »immunisieren« zu können. Vermutlich schon im Jahre 1969, jedenfalls lange vor München 1972, hatte Robert C. Ames, CIA-Stationschef in Beirut, erste Kontakte zu Salameh geknüpft und sich angeblich mit dem Angebot eingeführt, der palästinensischen Stimme in Washington Gehör zu verschaffen. Tatsächlich war Salameh wohl auch ein sechsstelliges Monatsgehalt als amerikanischer Agent angeboten worden. Doch »der rote Prinz« hatte entrüstet abgelehnt, ein Deal Informationen gegen Barzahlung, das verletzte seinen Stolz. Erst Mitte 1973, wenige Monate nach »Spring of Youth« und nur Tage nach dem Mossad-Anschlag in Lillehammer, bei dem an seiner Statt ein marokkanischerKellner getötet worden war, wurden die Kontakte reaktiviert, und nach Arafats Rede vor den Vereinten Nationen im November 1974 dann weiter vertieft. Von da an trafen sich Bob Ames und sein hochrangiger PLO-Informant regelmäßig konspirativ in Beirut zum Gedankenaustausch. Der CIA-Agent erhielt die Zusage, dass sich der palästinensische Terror nicht mehr gegen Amerikaner und amerikanische Einrichtungen richten werde. Geld spielte noch immer keine Rolle, Abu Hassan war mehr an der »Lebensversicherung« interessiert, die er mit einer solchen Verbindung verknüpft sah.
Als im Juni 1976, mitten im libanesischen Bürgerkrieg, 263 Europäer und Amerikaner evakuiert werden mussten, darunter alle Mitarbeiter der US-Botschaft in Beirut, war Arafats Sicherheitschef Abu Hassan zur Stelle und sorgte für ein sicheres Geleit des Konvois nach Syrien. US-Präsident Gerald Ford sprach ihm dafür öffentlich Dank aus. Wenige Monate zuvor hatte Salameh zusammen mit seiner Force 17 einen großen Coup gelandet: Ein zwanzigköpfiges Kommando drang durch die Räume einer katholischen Kirche in Beirut in die benachbarte British Bank of the Middle East ein, verschaffte sich dort mit Hilfe korsischer Safeknacker Zugang zum zentralen Tresor und erbeutete Bargeld, Gold und Schmuck im Wert von etwa sechshundert Millionen Dollar. Auf Weisung von Arafat wurde das Diebesgut später mit einem Flugzeug nach Genf geflogen und dort in Schweizer Banken deponiert. So sah das Leben des »roten Prinzen« aus, zwischen Bankraub und diskreter Amerikahilfe, zwischen Schäferstündchen und blutigen Terroranschlägen.
Am 8. Oktober 1976 bekam das Leben des Tausendsassas allerdings einen ersten
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