Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)
des Mossad fünfzig Kilogramm TNT (nach anderer Darstellung Hexogen) in mehreren Paketen auf einem Raketenschnellboot, das daraufhin im Schutz der Nacht in See sticht. Mit an Bord: Mike Harari. Er möchte möglichst hautnah erleben, dass sein Job nach all den Jahren und der Pleite von Lillehammer endlich erfolgreich beendet wird. Nach einigen Stunden langsamer Fahrt nähert sich das Militärschiff der libanesischen Küste. Der Caesarea-Boss steht auf der Brücke und beobachtet das Lichtermeer an der Promenade von Beirut. Um drei Uhr morgens lassen Marinefroschmänner zwei Zodiac-Schlauchboote mit der explosiven Fracht zu Wasser und steuern sie an eine verlassene Stelle am Strand, wo Scriver und Kolberg bereits in einem angemieteten Golf warten. Sie nehmen den Sprengstoff in Empfang und verstauen ihnauf der Rückbank des Wagens. Das alles geht schnell und nahezu geräuschlos über die Bühne.
Der Rest ist tausendfach geübt. Der Sprengstoff wird offenbar in der Tiefgarage eines Hotels mit einem Zünder scharf gemacht und noch in der Nacht in der Itanistraße geparkt, in Sichtweite des Apartments von Erika Chambers. Die Fernsteuerung liegt auf ihrer Fensterbank bereit. Früh am nächsten Morgen checkt Peter Scriver aus seinem Hotel aus und fährt mit seinem Leihwagen zum Flughafen. Er hat einen Flug nach Larnaca auf Zypern gebucht. Kolberg bleibt dagegen noch in Beirut, um Erika Chambers zu helfen, falls doch noch etwas schiefgehen sollte.
Abu Hassan wird an diesem Abend des 22. Januar in Damaskus auf einer Sitzung des palästinensischen Nationalrats erwartet, der alle sechs Monate tagt. Er beschließt deshalb, entgegen sonstiger Gewohnheiten, nicht ins Büro zu fahren, sondern den Tag mit Georgina zu verbringen. Wie Wilhelm Dietl später herausgefunden haben will, lassen ihm seine amerikanischen Freunde über ihre libanesischen Kanäle noch eine dringende Warnung vor einem Attentat zukommen, auf einem kleinen handgeschriebenen Zettel. »Er liest die Notiz und steckt sie in die Tasche seiner Jacke«, schreibt Dietl, »dort wird sie gefunden, als er bereits tot ist.«
Am Fenster ihrer Wohnung wird Erika Chambers zunehmend nervöser. Weshalb sind die beiden Fahrzeuge noch nicht aufgetaucht? Eine Abweichung von der täglichen Routine? Sie konnte die auffälligen Wagen unmöglich übersehen haben. Es ist 15.45 Uhr, als sich Salameh von seiner jungen Frau verabschiedet und auf dem Beifahrersitz des Chevrolets Platz nimmt, drei seiner Leibwächter zwängen sich auf die Rückbank, fünf weitere folgen im Range Rover der Force 17 . Er will auf dem Weg zum Flughafen noch kurz bei seiner Mutter halt machen, um seiner Nichte zum Geburtstag zu gratulieren. Der Konvoi nimmt die immer gleiche Fahrstrecke, die Mossad-Agentin sieht ihn kommen. Doch an der Kreuzung zur Itanistraße schiebt sich plötzlich ein fremdes Fahrzeug dazwischen und fährt dicht auf den Straßenkreuzer mit dem »roten Prinzen« auf. Gleich wird er den dort geparkten Golf passieren. Was soll sie tun? Das Leben Unschuldiger aufs Spiel setzen? Doch Chambers schiebt kurzzeitig aufkeimende Skrupel sofort beiseite. Schließlich hat sie noch vor kurzem mit dem Mann das Bett geteilt, den sie jetzt zur Hölle schicken will. Es ist ihr Auftrag, und den würde sie jetzt zu Ende bringen. Als der braune Chevrolet den mit Sprengstoff gefüllten Golf erreicht hat, drückt sie den Knopf ihres Senders. Augenblicklich erschüttert eine gewaltige Detonation das gesamte Viertel, überall zerbersten Fensterscheiben, Autoteile regnen herab, in der Straße klafft ein riesiger Krater, darum herum steht der Asphalt in Flammen.
Vor der Küste steht Mike Harari an Deck des Raketenschnellboots und beobachtet angestrengt durch ein Hochleistungsfernrohr die Silhouette Beiruts. Seit Stunden schon. Als ein weißer Rauchpilz aus dem Stadtteil Sonober aufsteigt, weiß er, dass seine Mission endlich vollbracht ist. Aber ist Salameh wirklich tot?
Im Viertel zwischen Verdun- und Itanistraße herrscht das Chaos. Schaulustige versperren den Weg, während sich die heulenden Krankenwagen ihren Weg zum Schauplatz des Anschlags bahnen. »Die fünf Leibwächter aus dem Range Rover sind unverletzt und drehen schier durch«, schreibt Dietl. Überall liegen Leichenteile herum. Abu Hassan stirbt auf dem Weg ins Krankenhaus, ein Metallteil ist wie ein Schrapnell in sein Gehirn eingedrungen. Sein Fahrer und die drei Leibwächter aus seinem Wagen sind tot, ebenso die Insassen des nachfolgenden Wagens und
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