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Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition)

Titel: Lizenz zum Töten: Die Mordkommandos der Geheimdienste (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egmont R. Koch
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einem ganz anderen Ergebnis – zumindest was die Gepflogenheiten des »roten Prinzen« angeht.
    Im April 1978 ist Chambers erstmals im Auftrag des vom Mossad ins Leben gerufenen Genfer Kinderhilfswerkes ASED nach Beirut gereist, hat erste Kontakte zu Organisationen aufgebaut, die sich in den palästinensischen Flüchtlingslagern um Waisenkinder kümmern. »Mit vorgetäuschter sozialer Anteilnahme«, schreibt Dietl, studiert sie das Los der Zehntausende von Flüchtlingen aus dem armen, durch israelische Angriffe verunsicherten Süden des Libanon. Immer häufiger taucht die Mossad-Agentin in einem Krankenhaus des Roten Halbmonds auf, das von Arafats Bruder Fathi geleitet wird, stellt sich als junge Frau aus Deutschland vor, die helfen will. Nach und nach wird sie zu einem kleinen Knoten im palästinensischen Sozialnetz, man kennt sie, schätzt ihre Solidarität und ihr Engagement.
    Im Mai ist sie wieder zurück in Deutschland, löst ihre Wohnung in Wiesbaden auf, zieht nach Köln um in die Graeffstraße 3, unweit des Fernsehturms, wo sie sich ein kleines Apartment in einem der anonymen Betonklötze einrichtet und weiter an ihrer Legende strickt. Caesarea-Chef Mike Harari legt Wert darauf, dass ihr kein Fehler bei der Operation unterläuft, jeder einzelne Schritt wird im Vorhinein festgelegt und dann akribisch umgesetzt. Regelmäßig fliegt sie nach Beirut, bleibt meist zwei, drei Wochen, trifftFathi Arafat vom Roten Halbmond, spendet hier und dort für soziale Einrichtungen, baut Verbindungen auf, ohne daraus Beziehungen werden zu lassen. Und eines Tages im Herbst 1978 passiert es: Erika Chambers begegnet ihrer Zielperson Abu Hassan. Ihm gefällt die kleine Engländerin, sie weckt den Jäger in ihm – und die Mossad-Agentin hat starke Nerven. »Salameh liebt seine Georgina abgöttisch«, schreibt Dietl, »das hindert ihn jedoch nicht daran, seine unwiderstehliche Männlichkeit an anderen Frauen zu testen«. Sie verabreden sich im Hotel Coral Beach , verbringen dort viele gemeinsame Stunden. Die Tatsache, dass der Palästinenser eine Affäre mit einer Jüdin hatte, die ihm am Ende das Leben kosten sollte, wird laut Dietl in der PLO bis heute »als großes Geheimnis behandelt«. Allerdings hat er diese Informationen exklusiv, keiner der anderen Autoren, die den Tod des »roten Prinzen« recherchiert haben, weiß von der angeblichen Affäre zwischen Opfer und Täterin. Weitgehend deckungsgleich sind dagegen die Darstellungen der weiteren Ereignisse, die ihrerseits mit der Aktenlage im britischen Nationalarchiv in Einklang stehen.
    Zum Jahreswechsel 1978/79 tritt die Mossad-Operation zur Liquidierung des »roten Prinzen« in ihre entscheidende Phase. Die Schlinge zieht sich zu. Am 10. Januar trifft Mike Hararis Einsatzbefehl bei Erika Chambers in Köln ein. Drei Tage später fliegt sie nach Beirut. Harari hat inzwischen den capture point festgelegt, den Punkt, wo sie ihn erwischen wollen. Durch Chambers und andere israelische Agenten, die in Beirut operieren, kennt der Mossad die Lebensgewohnheiten Salamehs sehr genau. Die Nächte verbringt er in der Regel bei seiner Georgina, seit sie schwanger ist, kehrt er auch häufig zum Mittagessen heim. Um zu seinem Apartment beziehungsweise von dort wieder ins PLO-Hauptquartier von Beirut zu kommen, müssen er und seine Leibwächter von der Force 17 die Verdun Street passieren. Dort hat Harari ein dickes Kreuz auf den Stadtplan von Beirut gemalt. Genau dort soll es passieren. Der Countdown läuft.
    Nach ihrer Ankunft in Beirut hält sich Chambers meist in ihrer Wohnung im luxuriösen Apartmenthaus im Stadtteil Sonober auf, die sie schon Wochen zuvor angemietet und für zwei Monate im Voraus bezahlt hat. Sie sitzt oft stundenlang auf ihrem Balkon, von wo aus sie einen perfekten Blick auf die Verdunstraße und den regelmäßig vorbeirauschenden Konvoi Salamehs hat, einen braunen Chevrolet Station Wagon und einen Range Rover mit seinen Bodyguards.
    Am 17. Januar treffen zwei weitere Caesarea-Agenten in Beirut ein, ein etwa vierzigjähriger Engländer Peter Hugh Scriver und ein Ronald M. Kolberg aus Vancouver. Bei Scriver handelt es sich mutmaßlich um jenen Mann, der als Jonathan Ingleby schon bei den Hinrichtungen in Rom und in Lillehammer dabei gewesen ist. Möglicherweise sind damals auch noch andere israelische Helfer in Beirut im Einsatz, die aber nie identifiziert werden.
    Es ist Sonntag, der 21. Januar 1979. Auf dem Marinestützpunkt Haifa verstauen Sprengstoffspezialisten

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